Die kostenlose Weitergabe nicht verkaufter, weiterhin verzehrfähiger Lebensmittel ist ein wichtiger Baustein zur Reduzierung der Lebensmittelverschwendung. Steuerrechtliche Regelungen tragen bereits jetzt zur Erleichterung der Weitergabe bei.
Mit den folgenden Antworten zu „Häufig gestellten Fragen“ wollen wir einen Überblick über bestehende steuerrechtliche Erleichterungen anbieten (Stand: Juli 2022). Bitte beachten Sie, dass nachfolgende Hinweise nicht rechtsverbindlich sind. Die Entscheidung im steuerlichen Einzelfall trifft das örtlich zuständige Finanzamt.
Unterliegen kostenlos weitergegebene Lebensmittel der Umsatzbesteuerung?
Ja, als unentgeltliche Wertabgabe unterliegen Lebensmittel, die aus dem Handel kostenlos z.B. an karitative Einrichtungen abgegeben werden, der Umsatzsteuer. Dies dient der Kompensation des vorgenommenen Vorsteuerabzugs bei Erwerb der Lebensmittel.
Kommt es dabei immer zu einer Umsatzsteuerbelastung?
Nein, die Umsatzsteuerbelastung hängt von der Höhe der Bemessungsgrundlage ab.
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich bei kostenlos weitergegebenen Lebensmitteln nach dem (insoweit fiktiven) Einkaufspreis im Zeitpunkt des Umsatzes, also der Weitergabe der Lebensmittel. Dazu hat das Bundesministerium der Finanzen im Jahr 2021 eine Klarstellung in den Umsatzsteuer-Anwendungserlass aufgenommen und so eine solide bundeseinheitliche Rechtslage geschaffen. Geregelt ist unter anderem, wann eine geminderte oder sogar eine Bemessungsgrundlage von Null angesetzt werden kann. In diesen Fällen entsteht nur eine geringe oder keine Umsatzsteuer. Damit schafft der Umsatzsteuer-Anwendungserlass Rechtssicherheit und steuerliche Anreize. Dadurch wird es für Unternehmen attraktiver, nicht verkaufte Lebensmittel weiterzugeben.
Das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen, das den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert hat, kann hier abgerufen werden.
Unter welchen Umständen kann die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer bei der kostenlosen Weitergabe von Lebensmitteln auf Null reduziert werden?
Die Bemessungsgrundlage für kostenlos weitergegebene Lebensmittel kann auf Null reduziert werden, wenn der fiktive Einkaufspreis im Zeitpunkt der Weitergabe Null beträgt. Von einem fiktiven Einkaufspreis von Null kann immer dann ausgegangen werden, wenn die weitergegebenen Lebensmittel gemäß des o. g. Umsatzsteueranwendungserlasses im steuerlichen Sinn nicht mehr verkehrsfähig sind. Hierunter fallen beispielsweise Lebensmittel kurz vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums oder Frischwaren wie Backwaren, Obst und Gemüse, bei denen die Verkaufsfähigkeit nicht mehr gegeben ist.
Unter welchen Umständen kann die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer bei kostenlos weitergegebenen Lebensmitteln teilweise gemindert werden?
Wenn im steuerlichen Sinn eine eingeschränkte Verkehrsfähigkeit der gespendeten Waren angenommen werden kann, können Unternehmen eine zum Teil geminderte Bemessungsgrundlage ansetzen. Dies führt zu einer entsprechend niedrigen Umsatzsteuer. Von eingeschränkter Verkehrsfähigkeit kann gemäß Umsatzsteueranwendungserlass beispielsweise in Fällen fehlender Marktgängigkeit (beispielsweise Saisonware wie Oster- und Weihnachtsartikel) oder erheblicher Material- oder Verpackungsfehler (unter anderem Befüllungsfehler, Falschetikettierung oder beschädigte Retouren) ausgegangen werden.
Kann die Bemessungsgrundlage auch gemindert werden, wenn die kostenlos weitergegebenen Lebensmittel neuwertig und verkehrsfähig sind?
Eine Minderung der Bemessungsgrundlage ist nicht möglich, wenn Lebensmittel als Neuware etwa aus wirtschaftlichen oder logistischen Gründen ausgesondert und weitergegeben werden. Dies kann z. B. bei einer Änderung des Sortiments der Fall sein. Diese Lebensmittel müssen dann auf Grundlage des fiktiven Einkaufpreises, welcher in der Regel dem Wiederbeschaffungspreis entspricht, versteuert werden.
Wie ist der fiktive Einkaufspreis zu ermitteln und müssen Aufzeichnungen über die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage bei Lebensmittelspenden geführt werden?
Ja, die Bemessungsgrundlage ist entsprechend zu dokumentieren (vgl. § 22 Absatz 2 Nr. 3 Umsatzsteuergesetz) und kann u. U. Gegenstand der Betriebsprüfung durch die Finanzverwaltung werden. Aufzuzeichnen ist die Nettobemessungsgrundlage. § 22 Abs. 2 Nr. 3 Satz 2 Umsatzsteuergesetz bestimmt zudem ausdrücklich, dass auch bei den unentgeltlichen Wertabgaben die Bemessungsgrundlagen gesondert nach steuerfreien und steuerpflichtigen Einnahmen, nach Steuersätzen getrennt, aufzuzeichnen sind. Das Unternehmen muss einen sachgerechten Wert als Bemessungsgrundlage festsetzen. Es kann hierbei auf Erfahrungswerte zurückgreifen oder muss den Wert schätzen. Die vorangehenden Ausführungen zur Bemessungsgrundlage gelten entsprechend.
Spielt der Empfänger für die umsatzsteuerliche Beurteilung kostenlos weitergegebener Lebensmittel eine Rolle?
Bei der Festlegung der Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer ist nicht relevant, wer Empfänger der weitergegebenen Lebensmittel ist. Eine Reduzierung der Bemessungsgrundlage ist also nicht nur bei Spenden an z.B. Tafeln oder sonstige Einrichtungen für Bedürftige möglich, sondern auch bei unentgeltlichen Wertabgaben an nichtkaritative Empfänger.
Müssen Unternehmen bei der kostenlosen Weitergabe nicht verkaufter Lebensmittel, wie beispielsweise Kaffee, weiterhin besondere Verbrauchsteuern entrichten?
Einige Lebensmittel unterliegen neben der Umsatzsteuer ergänzenden besonderen Verbrauchsteuern. Dies gilt insbesondere für Genussmittel wie Bier und andere alkoholische Getränke sowie Kaffee. Ziel dieser verwendungsorientierten Steuern ist die Besteuerung des bestimmungsgemäßen Verbrauchs der Ware. Im Falle der unentgeltlichen Weitergabe z. B. von Kaffee wird die Ware – anders als bei der Vernichtung – weiterhin konsumiert und ist somit auch steuerpflichtig.
Können Unternehmen kostenlos weitergegebene Lebensmittel auch bei der Bemessung der Ertragsteuern geltend machen?
Erfolgt die unentgeltliche Weitergabe der Lebensmittel im Rahmen einer Sponsoring-Maßnahme, erhalten die Unternehmen also wirtschaftliche Vorteile z. B. in Form einer öffentlichkeitswirksamen Gegenleistung, mindern betriebliche Aufwendungen für die Lebensmittel als Betriebsausgaben den zu versteuernden Gewinn.
Werden die Lebensmittel außerhalb des Sponsorings weitergegeben, ist ihr Wert (Teilwert) dem Gewinn hinzuzurechnen. Dieser kann bei nicht mehr verkehrsfähigen Lebensmitteln auch Null betragen, so dass es im Ergebnis zu keiner (Ertrags-)Besteuerung kommt.
Zuwendungen zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke, wie Spenden an bestimmte Empfänger (z. B. juristische Personen des öffentlichen Rechts oder gemeinnützige Vereine / Stiftungen), können in Höhe des vorgenannten Teilwertes abziehbare Aufwendungen im Sinne des Körperschaftsteuergesetzes bzw. Sonderausgaben im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellen. Als solche können sie die entsprechende Steuer mindern.
Erläuterungen zur steuerrechtlichen Beurteilung von Sponsoring-Maßnahmen können dem BMF-Schreiben v. 18. 2. 1998 (IV B 2 ‐ S 2144 ‐ 40–98) entnommen werden.
Gelten besondere Regelungen, wenn die weitergegebenen Lebensmittel zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine geschädigten Menschen bestimmt sind?
Das Bundesministerium der Finanzen hat bis zum 31. Dezember 2022 befristete Verwaltungsanweisungen erlassen, die der Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Engagements zur Unterstützung von aus der Ukraine in der EU ankommenden Menschen dienen.
Die Verwaltungsanweisungen sind hier verfügbar und die wichtigsten Fragen werden hier beantwortet.
Wer kann einzelfallbezogene Fragen zu diesen Themen beantworten?
Zur Beantwortung einzelfallbezogener Fragen sind die Angehörigen der steuerberatenden Berufe in der Lage. Auch das jeweils zuständigen Finanzamt kann Ihnen Hilfestellungen geben; eine umfassende Beratung ist den Finanzbehörden jedoch nicht gestattet.
Ist beabsichtigt, weitere steuerrechtliche Erleichterungen für die kostenlose Weitergabe von Lebensmitteln einzuführen?
Der Spielraum zur Ermöglichung weiterer steuerrechtlicher Erleichterungen für Lebensmittelspenden wird zurzeit ausgelotet. Im Übrigen gilt, dass die Ausgestaltung des nationalen Umsatzsteuerrechts ausschließlich in den Grenzen des Unionsrechts möglich ist.