develoPPP-Sonderwettbewerb Ukraine: Starkes Signal an die Wirtschaft
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert privatwirtschaftliche Projekte, die einen Beitrag zum Wiederaufbau in der Ukraine leisten. Unternehmen können sich in einem laufenden Verfahren über das BMZ-Förderprogramm develoPPP im Rahmen des Sonderwettbewerbs Ukraine um Fördermittel bewerben. Welche Sektoren besonders im Fokus stehen, in welchem Umfang Förderung möglich ist und welche Rolle die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH und die DEG Impulse gGmbH einnehmen – darüber haben wir mit den develoPPP-Programmleitungen der DEG Impulse, Daniel Thomann, und der GIZ, Kathinka Kurz, gesprochen.
AWE: Warum bewerben sich Unternehmen für eine Förderung in der Ukraine – gerade in der weiterhin angespannten Lage vor Ort?
Daniel Thomann (DEG Impulse): Wir beobachten, dass sich sehr viele Unternehmen aus einer hohen intrinsischen Motivation heraus bewerben. Sie verspüren eine ehrliche unternehmerische Verantwortung zur Unterstützung der Ukraine, der sie auf diese Weise gerecht werden möchten. Das beobachten wir zwar auch in anderen Kontexten, aber in diesem Ausmaß und in dieser Dichte ist das schon außergewöhnlich. Die Firmen möchten einen Beitrag zum Wiederaufbau leisten, der deutlich über die Unternehmensziele hinausgeht.
AWE: Im Fokus des Sonderwettbewerbs stehen die Sektoren Landwirtschaft, Gesundheit, Bauen, sowie erneuerbare Energie. Warum wurden diese ausgewählt? Und: Ist der Wettbewerb auf diese Branchen beschränkt oder sind auch Projekteinreichungen aus anderen Wirtschaftszweigen möglich?
Kathinka Kurz (GIZ): Die genannten Sektoren sind besonders wichtig für den Wiederaufbau in der Ukraine. Das Thema Landwirtschaft liegt nahe: Die Ukraine ist eine der weltgrößten Produzentinnen für Getreide, von ihren Exporten hängen viele benachteiligte Regionen der Welt ab. Die Bauwirtschaft, das Gesundheitswesen und die Energieversorgung sind Schlüsselbranchen, die die Menschen vor Ort direkt betreffen und die auch entscheidend dafür sind, dass geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer wieder zurückkehren können.
Thomann (DEG Impulse): Es können über diese Sektoren hinaus auch Projekte aus angrenzenden Themenfeldern unterstützt werden, etwa im Bereich Trinkwasserversorgung oder Fachkräftesicherung. Grundvoraussetzung ist aber, dass diese für den Wiederaufbau des Landes und die ukrainische Bevölkerung relevant sind und somit einen klar erkennbaren, entwicklungspolitischen Nutzen haben.
AWE: Richtet sich der Wettbewerb eher an etablierte Firmen mit Erfahrung vor Ort oder können sich auch Start-ups bewerben?
Kurz (GIZ): Der Wettbewerb richtet sich an etablierte Unternehmen – gerne mit Erfahrungen in der Ukraine. Gleichzeitig sind aber auch Firmen angesprochen, die in der Ukraine expandieren wollen. Auch solche, die aufgrund der Sanktionen aus dem Russland-Geschäft aussteigen, und ihre Produktionsstätten dorthin verlagern wollen.
Thomann (DEG Impulse): Die Ukraine befindet sich immer noch im Krieg. Damit sind große Risiken für wirtschaftliche Aktivitäten verbunden. Aus diesem Grund haben wir uns dazu entschieden, die Mindestanforderungen an teilnehmende Unternehmen abzusenken und dadurch flexibler zu gestalten. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass antragstellende Unternehmen nur einen Mindestumsatz von 400.000 Euro pro Jahr nachweisen müssen. Das ist zwar weniger als in den regulären Ideenwettbewerben, aber für ein Start-up normalerweise nicht zu stemmen. Dementsprechend ist der Sonderwettbewerb nicht das richtige Instrument für junge Unternehmen.
AWE: Können sich Firmen mit mehreren Projektideen bewerben oder ist die Teilnahme am Sonderwettbewerb auf eine Projekteinreichung begrenzt?
Kurz (GIZ): Eine Beschränkung gibt es nicht. Aber es kann sinnvoll sein, Projektideen und Themen zu bündeln oder sich in Konsortien mit anderen Unternehmen zusammenzufinden, um gemeinsam größere Projekte umzusetzen und so die Aufwände im Bewerbungs- und Umsetzungsprozess im Rahmen zu halten.
AWE: Wie wird die Nachhaltigkeit der Projekte sichergestellt, insbesondere im Hinblick auf langfristige Wirkungen und die Förderung der lokalen Wirtschaft?
Thomann (DEG Impulse): Wir sind uns durchaus bewusst, dass die Nachhaltigkeit in der Ukraine nur sehr eingeschränkt sichergestellt werden kann. Wir nehmen dieses Risiko aber bewusst in Kauf. Wir sind auch bereit, Projekte zu fördern, die nur eine kurzfristige oder mittelfristige Wirkung erzielen und eher dem reinen Wiederaufbau dienen, um gewissen Sektoren wieder auf die Beine zu helfen.
AWE: Warum wird der Sonderwettbewerb über das develoPPP-Programm durchgeführt? Welche Gründe sprachen dafür?
Kurz (GIZ): Der Vorteil der Abwicklung über develoPPP ist insbesondere, dass das Programm über einen etablierten Mechanismus mit Prozessen verfügt, die sowohl intern eingespielt als auch in der Privatwirtschaft bekannt sind. Mit DEG Impulse und GIZ sind zwei sehr erfahrene und bekannte Durchführungspartner der deutschen Entwicklungszusammenarbeit mit der Umsetzung betraut. Dadurch konnten wir sehr schnell und flexibel etwas anbieten. Ein neues Programm aufzusetzen hätte deutlich länger gedauert. Gleichzeitig verfügen neben uns Durchführungspartnern auch ukrainische, deutsche und europäische Unternehmen, die in der Ukraine aktiv sind, über Wissen und Netzwerke vor Ort, die sie nutzen und auch einbringen können. Da bietet es sich an, im Rahmen eines gut eingespielten Kooperationsprogramms mit der Privatwirtschaft zu arbeiten.
AWE: Wie unterstützen DEG Impulse und GIZ Firmen bei der Umsetzung ihrer Projekte in der Ukraine?
Kurz (GIZ): Die GIZ ist mit mehr als 400 Mitarbeiter:innen in verschiedenen Projekten in der Ukraine im Rahmen der bilateralen und regionalen Zusammenarbeit tätig, auch mit Blick auf die Kofinanzierung von der EU und anderen Geberländern und Geberinstitutionen. Wir sind im Alltagsgeschäft bereits eng verzahnt in Ministerien, in Behörden, Schulen, Bildungszentren, Kammern, Verbänden. Dadurch können wir passende Projektansätze nachhaltig gestalten und mit einer länger angelegten Perspektive in ein gemeinsames Projekt einsteigen. Gemeinsame Projekte mit der GIZ sind über zwei Vertragsformate möglich – finanzielle Beteiligung an der Durchführung bis 200.000 Euro, oder gemeinsame Kooperationen bis 2 Mio. Euro öffentlichem Beitrag.
Thomann (DEG Impulse): Das develoPPP-Programm wird parallel und partnerschaftlich von der GIZ und der DEG Impulse durchgeführt – wir stehen im engen Austausch. Die DEG und die DEG Impulse verfügen über viel Erfahrung in der Finanzierung und der finanziellen Förderung von Projekten in einem herausfordernden Umfeld. Wir unterstützen Unternehmen mit unserem Know-how in der Entwicklung und Strukturierung von Projekten. Unsere schlanken Strukturen und eingespielten Prozesse bewirken, dass die Projekte schnell in die Umsetzung kommen. Für die Umsetzung selbst sind die Unternehmen verantwortlich; aber natürlich stehen wir beratend bei Seite und achten bei der Auswahl der Unternehmen darauf, dass die Kapazitäten zur Durchführung von Projekten in der Ukraine vorhanden sind.
AWE: Wie wird über die Vergabe der Fördermittel entschieden?
Thomann (DEG Impulse): Alle Projektvorschläge werden nach einheitlichen Kriterien geprüft und bewertet. Für uns ist der Sonderwettbewerb auch ein Signal an die Privatwirtschaft, sich in der Ukraine zu engagieren, und wir gehen davon aus, dass wir mehr Anträge und Projektideen erhalten werden, als wir fördern können. Es wird bei der Auswahl am Ende daher vor allem um Relevanz für den Wiederaufbau und die konkreten Erfolgsaussichten gehen.
AWE: Bis wann können Ideen noch eingereicht werden?
Kurz (GIZ): Der Sonderwettbewerb läuft noch bis zum 31.12.2023. Unternehmen, die relevante Aktivitäten in der Ukraine planen und an einer Förderung interessiert sind, müssen ihre Bewerbungsunterlagen bis zu diesem Zeitpunkt eingereicht haben, damit sie im Auswahlprozess berücksichtigt werden können. Deshalb können wir nur ermutigen: Bewerben Sie sich jetzt!
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