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Handelsmarken: Einzelhandel dreht an Preisschraube

Immer wieder gehen bei uns Beschwerden zu versteckten Preiserhöhungen ein. Doch es sind nicht nur in erster Linie bekannte Markenartikel betroffen, sondern auch günstigere No-Name-Produkte des Handels. So wird es in Zeiten der Inflation für Verbraucherinnen und Verbraucher zunehmend schwerer an günstige Lebensmittel zu kommen.

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Das Wichtigste in Kürze

  1. Verbraucherinnen und Verbraucher melden der Verbraucherzentrale Hamburg vermehrt sogenannte Mogelpackungen.
  2. Von den versteckten Preiserhöhungen sind inzwischen auch Handelsmarkenprodukte betroffen.
  3. Der Lieferstopp von Markenprodukten führt aktuell zu einem Preiskampf zwischen Handel und Marken, wobei nun die Eigenmarken deutlich teurer angeboten werden.
Stand: 27.03.2023

Versteckte Preiserhöhungen nach dem Prinzip „Weniger drin, Preis gleich“ waren bisher vor allem ein Phänomen bekannter Markenartikel. Doch angesichts des Lieferstopps zahlreicher Markenartikel wird die sogenannte Shrinkflation auch immer öfter von Supermärkten und Discountern genutzt, um versteckt die Preise für Produkte der eigenen Marken zu erhöhen. Bei uns gehen nun auch deutlich häufiger Beschwerden zu Handelsmarken ein. Einige von zahlreichen Beispielen der Mogelpackungsliste, die uns gemeldet wurden:

  • Lammsteaks der Marke Jack’s Farm von Aldi Nord und Aldi Süd enthalten statt 400 nur noch 300 Gramm. Der Preis bleibt mit 6,99 Euro unverändert. Die versteckte Preiserhöhung beträgt 33 Prozent. 
  • Westminster Grüner Tee wird von Aldi Nord vorübergehend in etlichen Regionen scheinbar günstiger mit 150 Gramm Inhalt zum Preis von 1,89 Euro verkauft statt wie bisher als 250-Gramm-Packung für 2,59 Euro. Der Preis ist auf diese Weise aber um 22 Prozent gestiegen.
  • Das Getränk Bitter Lemon von Penny steht jetzt in einer 1-Liter-Flasche für 49 Cent im Regal. Zuvor kostete die Flasche mit 1,5 Litern nach Angaben eines Verbrauchers noch 59 Cent. Der Preisanstieg würde dann insgesamt 25 Prozent betragen.
  • Die Naturgut Bio Holzofen-Pizza mit Mozzarella, Spinat & Feta von Penny kostet 2,99 Euro statt 2,49 Euro. Gleichzeitig sank das Gewicht der Pizza von 460 auf 410 Gramm, weil ein neuer Lieferant laut Penny nur diese kleinere Größe produzieren kann. Verbraucherinnen und Verbraucher zahlen demnach 35 Prozent mehr für das Produkt. 
  • Der Olivano’s Linsen-Bulgursalat Pikant vom Netto Marken-Discount wird seit Februar letzten Jahres in einer 200-Gramm- statt 250-Gramm-Dose verkauft. Der Preis stieg kurze Zeit später von 89 auf 99 Cent. Die versteckte Preiserhöhung beträgt insgesamt 39 Prozent.

Ein etwas anderer Fall liegt bei einem Toilettenpapier von Lidl vor:

  • In der im Rahmen einer Aktion verkauften XXL-Packung Floralys Toilettenpapier von Lidl blieb die Anzahl der Blätter pro Klopapierrolle mit 200 Stück zwar unverändert, doch tatsächlich schrumpfte das einzelne Blatt im Vergleich zur Normalpackung von Floralys. So bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher rund drei Meter weniger Papier pro Rolle. Lidl sieht das etwas anders und teilte uns am 21. Juni 2022 folgende Meinung mit:
    „(...) Bei der „Floralys Soft XXL“-Packung handelt es sich um eine einmalige spezielle Großpackung. Eine versteckte Preiserhöhung geht damit im Vergleich zu einer Standard-Packung nicht einher. (...)“

Weitere aktuelle Beispiele zu versteckten Preiserhöhungen sowie die Stellungnahmen der Hersteller und Händler finden Sie in der Mogelpackungsliste.

 

Mehr Produkte von Handelsmarken auf Mogelpackungsliste

Bis 2022 fanden sich nur vergleichsweise wenige Handelsmarken in unserer Mogelpackungsliste wieder. In den ersten sechs Monaten des letzten Jahres waren es bereits 25 Prozent, in den Wochen darauf hatten wir überwiegend Produkte von Eigenmarken aufgenommen. 

Die für die Produktion der Handelsmarken gestiegenen Rohstoff- und Energiekosten sollen an die Kundschaft weitergegeben werden, ohne diese gänzlich zu verprellen. Schließlich werben viele Supermärkte und Discounter mit den niedrigen Preisen ihrer eigenen Marken. Das Schrumpfen des Inhalts ist daher das Mittel der Wahl. Viele Verbraucher und Verbraucherinnen, die wegen der gestiegenen Preise häufiger zu No-Name-Produkten greifen, bemerken die Tricksereien nicht. 

Einzelhandel dreht an der Preisschraube

Dass der Einzelhandel stärker an den Preisen dreht, zeigt auch die deutlich gestiegene Anzahl an doppelten Preiserhöhungen auf unserer Mogelpackungsliste. Gemeint sind damit Produkte, bei denen nicht nur die Füllmenge reduziert, sondern zusätzlich der Preis vom Handel erhöht wurde. Betraf das in den Jahren 2020 und 2021 durchschnittlich 18 Prozent der Artikel, so sind es im ersten Halbjahr 2022 bereits rund 35 Prozent. 

Lange zeigten die Händler bei versteckten Preiserhöhungen mit dem Finger auf die Hersteller. Doch was Verbraucherinnen und Verbraucher für ein Produkt bezahlen, dürfen laut Kartellrecht nur Supermärkte und Discounter festlegen. Die Hersteller können lediglich den Inhalt einer Packung verringern und eine unverbindliche Preisempfehlung geben. Am Ende ist es eine Win-Win-Situation für beide, die Unternehmen der Lebensmittelindustrie und des Einzelhandels. Nun mischen die Händler nicht nur bei den Markenware mit, sondern betreiben auch aktiv Shrinkflation für ihre eigenen Produkte, indem sie deren Inhalt schrumpfen und wenn nötig zusätzlich an der Preisschraube drehen. Hierbei scheint der Handel auch vom aktuellen Lieferstopp von Markenprodukten zu profitieren, der zu einem Kampf zwischen Handel und Marken-Herstellern führt: Zeitgleich mit lauten Kampagnen von Supermärkten und Discountern für den Kauf ihrer Eigenmarken steigen deren Preise aktuell höher als die der Markenprodukte.

Gut zu wissen

In einer von der Lebensmittelzeitung am 27. Mai 2022 veröffentlichten stichprobenartigen Untersuchung zu Preiserhöhungen im Handel zeigte sich, dass die Preise von Markenprodukten nicht so stark stiegen wie die von Eigenmarken des Handels. Demnach kletterten bei 15 überprüften Lebensmitteln die Preise für Markenprodukte zwischen Mitte März und Ende April letzten Jahres um durchschnittlich gut zwei Prozent. Bei den Produkten der Handelsmarken waren es hingegen 17 Prozent. Im dritten Quartal des letzten Jahres stiegen die Preise um 19 ProzentEin Garant für niedrige Preise sind die Händler nun nicht mehr. Und ein gegenläufiger Trend ist aktuell nicht abzusehen.

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