Reiserücktritt: Wann wird der Reisepreis erstattet?
Von: Referat 32 - Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
In diesem Beitrag finden Sie
- Erstattung des Reisepreises bei Pauschalreisen
- Wann liegt ein Pauschalreisevertrag vor?
- Wann und wie können Reisende vor Reisebeginn zurücktreten?
- Was sind "unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände"?
- Weitere Gründe für eine kostenfreie Reisestornierung: Erhebliche Beeinträchtigung
- Wann kann der Reiseveranstalter vom Reisevertrag zurücktreten?
- Erstattung des Reisepreises bei Individualreisen zum Zielort
- Spezialgesetzliche Regelungen
- Recht des Reisenden zur Kündigung, § 648 Satz 1 BGB
- Wegfall der Geschäftsgrundlage und Rücktritt, § 313 BGB
- Unmöglichkeit der Beförderung zum Zielort
Erstattung des Reisepreises bei Pauschalreisen
Verbraucherinnen und Verbraucher, die einen Pauschalreisevertrag bei einem Reiseveranstalter abgeschlossen haben, sind durch eine Vielzahl von Rechten abgesichert. Grund hierfür ist unter anderem die neugefasste Pauschalreise-Richtlinie vom 25.11.2015 (RL (EU) 2015/2302). Diese sieht einen umfassenden Schutz der Pauschalreisenden vor und wurde mit den §§ 651 a – 651 y des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie den Artikeln 250 – 253 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) in nationales Recht umgesetzt.
Wann liegt ein Pauschalreisevertrag vor?
Voraussetzung dafür, dass Bestimmungen des Pauschalreiserechts anwendbar sind, ist zunächst das Vorliegen eines Pauschalreisevertrages (§ 651 a BGB). Ein Pauschalreisevertrag liegt dann vor, wenn eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise gegeben ist (§ 651 a Abs. 2 Satz 1 BGB). Reiseleistungen sind demnach:
- die Beförderung von Personen
- die Beherbergung, außer wenn sie Wohnzwecken dient
- die Vermietung von vierrädrigen Kraftfahrzeugen oder von Krafträdern der Fahrerlaubnisklasse „A“
- jede sonstige touristische Reiseleistung
Beispiel 1:
Eine Reisegruppe aus München möchte ihren nächsten Urlaub in Griechenland verbringen. Hierfür bucht sie ein vorgefertigtes Urlaubspaket, das Hin- und Rückflug sowie Übernachtungen in einem Hotel beinhaltet. Flüge und Hotel stellen verschiedene Reiseleistungen dar. Es liegt ein Pauschalreisevertrag vor.
Beispiel 2:
Ein Ehepaar aus Berlin möchte seinen nächsten Urlaub in Paris verbringen. Hierfür bucht es zunächst einen Hin- und Rückflug bei einer Fluggesellschaft. Sodann wendet es sich unmittelbar an ein Hotel in Paris, bei dem es fünf Übernachtungen bucht. Hier liegen mit den Flügen und den Übernachtungen zwei verschiedene Reiseleistungen vor. Da die Eheleute die Leistungen jedoch bei verschiedenen Anbietern gebucht haben, liegt keine Pauschalreise, sondern lediglich eine Individualreise vor.
Beispiel 3:
Ein Reisender aus Dresden möchte ein Fußballspiel in Leipzig besuchen. Hierfür bucht er bei einem Reiseveranstalter ein Paket, das die Eintrittskarte für das Spiel und eine Übernachtung beinhaltet. Der Besuch der Fußballpartie und die Hotelübernachtung stellen verschiedene Reiseleistungen dar. Es liegt ein Pauschalreisevertrag vor.
Beispiel 4:
Eine Reisende aus Köln möchte verschiedene Städte in Schweden bereisen. Hierfür bucht sie bei einem Veranstalter ein Paket, das den Flug nach Stockholm und einen Mietwagen beinhaltet. Ihre Übernachtungen möchte die Reisende jeweils spontan vor Ort buchen. Mit dem Flug nach Stockholm und dem Mietwagen liegen zwei verschiedene Reiseleistungen, also ein Pauschalreisevertrag vor. Dagegen sind die Übernachtungen lediglich als davon losgelöste, individuelle Reisebestandteile zu behandeln. Für sie gelten die Bestimmungen zum Pauschalreiserecht nicht.
Liegt ein Pauschalreisevertrag vor, stehen Reisenden die Rechte aus §§ 651 a – 651 y BGB zu. Insbesondere können sie:
- unter bestimmten Voraussetzungen vor Reisebeginn vom Pauschalreisevertrag zurücktreten (§ 651 h Abs. 1 Satz 1 BGB)
- vor oder während der Reise den Pauschalreisevertrag kündigen (§ 651 l Abs. 1 Satz 1 BGB)
- Auch der Reiseveranstalter kann vom Pauschalreisevertrag zurücktreten (§ 651 h Abs. 4 Satz 1 BGB).
Wann und wie können Reisende vor Reisebeginn zurücktreten?
Der Reisende kann jederzeit ohne Angabe von Gründen zurücktreten. Der Rücktritt ist gegenüber dem Vertragspartner beziehungsweise seinem Empfangsbevollmächtigten zu erklären (§ 349 BGB). Die Erklärung bedarf keiner bestimmten Form, kann also schriftlich, in Textform oder mündlich erfolgen.
Tritt der Reisende vom Pauschalreisevertrag zurück, entfällt auch der Anspruch des Reiseveranstalters auf den vereinbarten Reisepreis (§ 651 h Abs. 1 Satz 2 BGB). Allerdings kann der Reiseveranstalter im Falle eines Rücktritts eine angemessene Entschädigung verlangen (§ 651 h Abs. 1 Satz 3 BGB). Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach § 651 h Abs. 2 BGB.
Eine Ausnahme von der Entschädigungspflicht besteht jedoch dann, wenn am Bestimmungsort der Reise oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen ( § 651 h Abs. 3 Satz 1 BGB, früher sogenannte „höhere Gewalt“).
Kostenfreier Rücktritt: Was sind "unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände"?
Unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände liegen vor, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich darauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären (§ 651 h Abs. 3 Satz 2 BGB). Beispiele, wann unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, sind erhebliche Risiken für die menschliche Gesundheit wie der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel oder Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Erdbeben sowie Witterungsverhältnisse, die eine sichere Reise an das vereinbarte Reiseziel unmöglich machen.
Nicht ausreichend für die Annahme unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände ist es , dass der Reisende die Situation am Bestimmungsort als gefährlich oder unsicher empfindet. Entscheidend ist allein die objektive Einschätzung der Lage vor Ort.
Die Rechtsprechung orientiert sich hierbei an den Beurteilungen der zuständigen Behörden. Liegen Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes, Einreiseverbote oder sonstige behördliche Beschränkungen vor, die die Reise erheblich beeinträchtigen (z.B. Ein- und Ausreiseverbote, Untersagung von wesentlichen touristischen Leistungen, Ausgangssperre), kann sich der Reisende gegenüber dem Reiseveranstalter grundsätzlich auf unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände berufen. In diesem Falle muss er weder den Reisepreis noch eine Entschädigung an den Reiseveranstalter zahlen.
Weitere Gründe für eine kostenfreie Reisestornierung: Erhebliche Beeinträchtigung
Ein kostenfreier Rücktritt kommt auch in Fällen in Betracht, bei denen die geplante Durchführung der Reise aufgrund von sonstigen objektiven Umständen erheblich beeinträchtigt ist. Der Bundesgerichtshof sah auch individuelle gesundheitliche Risiken oder Vorerkrankungen als geeignet an, zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise zu führen. So entschied das Gericht zugunsten des Verbrauchers in einem Fall, in dem dem Reisenden bei einer Infektion mit COVID-19 am Bestimmungsort ein schwerer Krankheitsverlauf gedroht hätte (Urteil vom 30.08.2022 - X ZR 66/21).
Der Rechtsprechung zufolge liegt eine erhebliche Beeinträchtigung nicht nur dann vor, wenn feststeht, dass die Durchführung der Reise nicht möglich ist oder zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Gesundheit oder sonstiger rechtlich anerkannter Interessen des Reisenden (auch tatsächlich) führen wird. Für eine solche Beeinträchtigung genüge es, wenn die Durchführung der Reise mit erheblichen und nicht zumutbaren Risiken verbunden wäre. Um zu bewerten, ob diese Gefahr besteht, müssen alle relevaten Umstände berücksichtigt werden, die für den Einzelfall relevant sind: Diese können zum Beispiel die räumlichen Verhältnisse vor Ort, bestehende Impfgelegenheiten und nicht vorhandene Therapien sein sowie angepasste Hygienekonzepte und potentielle Reisewarnungen. Dabei dürfen die Gefahren im Buchungszeitpunkt noch nicht bestanden haben.
Beispiel "Erhebliche Beeinträchtigung der Durchführung einer Reise":
Eine Reisende hat eine Pauschalreise nach Kroatien gebucht. Kurz bevor sie ihre Reise antritt, spricht das Auswärtige Amt eine Reisewarnung aus, in der vor Reisen in das betreffende Gebiet wegen Hochwassers und zu erwartender weiterer Unwetter gewarnt und von diesen bis auf Weiteres abgeraten wird. Kann die Reisende von der Reise zurücktreten, ohne den Reisepreis oder eine Entschädigung zahlen zu müssen? Wie verhält es sich, wenn von der Reise Abstand genommen wird, ohne dass zuvor ausdrücklich der Rücktritt erklärt wurde?
Antwort:
Die Reisewarnung des Auswärtigen Amtes aufgrund der Epidemie ist ein starkes Indiz dafür, dass unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände gegeben sind, welche die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigen. Die Reisende kann gegenüber dem Reiseveranstalter den Rücktritt erklären, ohne den Reisepreis oder eine Entschädigung zahlen zu müssen. Tritt die Reisende aus dem Beispielsfall die Reise ohne Angabe von Gründen nicht an, kann darin gleichwohl eine Rücktrittserklärung durch schlüssiges Verhalten liegen. Maßgebend ist, ob im Einzelfall darauf geschlossen werden kann, dass die Reisende die Reise nicht mehr durchführen will. In diesem Falle verliert der Reiseveranstalter ebenfalls seine Ansprüche auf den Reisepreis und eine etwaige Entschädigung, sofern für das Reisegebiet eine Reisewarnung besteht. Schwierig kann es für Reisende sein, wenn noch nicht feststeht, ob im Reisezeitpunkt die Gefahren und Beeinträchtigungen tatsächlich (noch) bestehen. Die Rechtsprechung hat zwar festgestellt, dass keine vollständige Gewissheit bestehen muss, jedoch ist unklar, welche Anforderungen für die Prognose im Einzelfall gelten.
Wann kann der Reiseveranstalter vom Reisevertrag zurücktreten?
Unabhängig von den Rechten des Reisenden kann auch der Reiseveranstalter vor Reisebeginn vom Vertrag zurücktreten. Dies kann er allerdings – anders als beim Reisenden – nur in bestimmten Fällen tun. Einen Rücktrittsgrund für den Reiseveranstalter sieht insbesondere § 651 h Abs. 4 Satz 1 Nummer 2 BGB vor. Danach kann der Reiseveranstalter vom Pauschalreisevertrag zurücktreten, wenn er aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrages gehindert ist. Tritt der Reiseveranstalter vom Vertrag zurück, so verliert er auch den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis (§ 651 h Abs. 4 Satz 2 BGB). Ein bereits gezahlter Reisepreis ist dann unverzüglich, spätestens aber innerhalb von 14 Tagen nach dem Rücktritt wieder an den Reisenden auszuzahlen.
Erstattung des Reisepreises bei Individualreisen
Anders ist sich die Rechtslage bei Individualreisen. Eine Individualreise liegt vor, wenn der Reisende die Reise entweder selbst organisiert oder lediglich einzelne Reiseleistungen bei einem Reiseveranstalter oder Reisevermittler gebucht werden.
Hervorzuheben ist, dass die §§ 651 a ff. BGB auf Individualreisen, die sich etwa in einer Bahnreise, einem Flug oder der Miete einer Unterkunft erschöpfen, nicht anzuwenden sind. In solchen Fällen ist lediglich von einem Beförderungs- bzw. Mietvertrag auszugehen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen sich auf individuell gebuchte Beförderungen zum Zielort konzentrieren.
Spezialgesetzliche Regelungen
Beförderungsverträge begründen für den Beförderungsunternehmer die Verpflichtung, die zu befördernde Person oder Sache unversehrt zum vereinbarten Zeitpunkt an den Bestimmungsort zu verbringen. Obwohl Beförderungsverträge ihrem Wesen nach Werkverträge i. S. d. §§ 631 ff. BGB sind, werden die Regelungen des BGB oftmals von spezialgesetzlichen Regelungen verdrängt. Die jeweils anzuwendenden Regelungen werden durch die Eigenheiten des konkreten Vertragsverhältnisses bestimmt. Derartige Regelungen sind unter anderem:
- für den Flugreiseverkehr die Fluggastrechte-Verordnung (Fluggastrechte-VO; VO (EG) 261/2004)
- für den Eisenbahnverkehr die Fahrgastrechte-Verordnung (Fahrgastrechte-VO; VO (EG) Nr. 1371/2007) und das Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr („COTIF“)
Wann können Reisende individuelle Reiseleistungen kündigen?
Liegt kein spezialgesetzlicher Fall vor, ist der Reisende auf das Leistungsstörungsrecht der §§ 631 ff. BGB verwiesen. Zwar kann der Reisende grundsätzlich auch hier vor Antritt der Reise kündigen (§ 648 Satz 1 BGB). Allerdings kann der Beförderungsunternehmer die vereinbarte Vergütung verlangen (§ 648 Satz 2 Halbsatz 1 BGB).
Dabei muss er sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder böswillig zu erwerben unterlässt (§ 648 Satz 2 Halbsatz 2 BGB). Zu beachten ist, dass das Recht zur Kündigung gemäß § 648 BGB durch Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgeschlossen sein kann.
Die Kündigung eines Hotelzimmers oder eines Ferienhauses / einer Ferienwohnung richtet sich bei Anwendbarkeit deutschen Rechts nach den Vorschriften des Wohnraummietrechts (§§ 535 ff., 549 ff. BGB). Gemäß § 543 Abs. 1 BGB kann der Reisende bei Vorliegen eines wichtigen Grundes kündigen, mit der Folge, dass bereits geleistete Anzahlungen nach § 812 BGB zurück zu zahlen sind. Allerdings bestehen für den „wichtigen Grund“ sehr hohe Hürden. Es darf dem Reisenden nicht zuzumuten sein, an dem Vertrag festzuhalten. Zudem können die Allgemeinen Geschäftsbedingungen abweichende Regelungen zu Stornogebühren enthalten. Ausgewogenere Lösungen im Einzelfall, d. h. zum Beispiel Kostenteilung, können über die nachfolgend dargestellten Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrundlage erzielt werden.
Wegfall der Geschäftsgrundlage und Rücktritt
Bei Individualreisen kommt grundsätzlich auch in Betracht, auf die Vorschrift des § 313 BGB zurückzugreifen. Er ermöglicht es unter bestimmten, im Zweifel eng auszulegenden Voraussetzungen bei "Störung der Geschäftsgrundlage" den Vertragsinhalt anzupassen. Störung der Geschäftsgrundlage meint, dass sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben. Und zwar so, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie die Veränderung vorausgesehen hätten. Der Vertragspartei darf ein Festhalten am unveränderten Vertrag angesichts der Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar sein. Ist eine Anpassung des Vertrages nicht möglich oder einem Vertragspartner nicht zumutbar, so kann die benachteiligte Person vom Vertrag zurücktreten (§ 313 Abs. 3 Satz 1 BGB).
Insofern stellt das Kriterium der Unzumutbarkeit eine unabdingbare Voraussetzung für das Lösen vom beziehungsweise die Änderung des Vertrages dar. Unzumutbarkeit liegt (im Sinne des § 313 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 BGB) dann vor, wenn der Partei, die von der Störung betroffen ist, es nicht mehr zugemutet werden kann, den Vertrag unverändert zu erfüllen und ein Festhalten am Vertrag also zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden, Ergebnissen führen würde. Dies erfordert eine umfassende Interessenabwägung unter Würdigung sämtlicher Umstände, welche insbesondere die konkreten Vor- und Nachteile für die Beteiligten in den Blick nimmt. Damit wird deutlich, dass die Anforderungen eine solche Unzumutbarkeit zu begründen, hoch sind. Das sogenannte Verwendungsrisiko für die gebuchte Leistung liegt grundsätzlich beim Reisenden.
Liegen am Reiseziel außergewöhnliche Umstände vor, die zum Buchungszeitpunkt nicht bestanden haben, so kann sich der Individualreisende hinsichtlich der gebuchten Flüge ggf. auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage berufen. Auch wenn der Aufenthalt am Zielort grundsätzlich nicht Teil des Beförderungsvertrages ist, könnten außergewöhnliche Umstände zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führen (für Österreich LG Korneuburg, Urteil vom 10.06.2021 – 22 R 144/21p).
Beispiele "Störung der Geschäftsgrundlage"
Herr E. plante den Besuch einer Messe in Köln. Dazu buchte er auch ein Hotelzimmer. Die Messe wurde schließlich aufgrund der Covid-19-Pandemie abgesagt. Herr E. hat nun keine Verwendung mehr für das gebuchte Hotelzimmer und storniert die Buchung. Im Regelfall trifft zwar den Gast das Verwendungsrisiko für gebuchte Unterkünfte. Die weltweite Pandemie stellt jedoch einen außergewöhnlichen Umstand dar, der nicht allein dem Risikobereich des Gastes zugeordnet werden kann, sodass eine hälftige Teilung der Stornierungskosten zwischen Hotel und Gast ausnahmsweise angemessen ist (so OLG Köln, Urteil vom 14.05.2021 – 1 U 9/21). Bei der Risikoverteilung wurde auch berücksichtigt, dass das Hotel die Durchführung der Messe seinerseits in seine Preisgestaltung aufgenommen hat. Die Zimmer waren durch die höhere Nachfrage entsprechend teurer als sonst.
Frau A. hat eine Ferienwohnung gebucht, kann aber wegen schlechter Witterung (z. B. Schneechaos) am Urlaubsort nicht dorthin gelangen. Hier kann die Geschäftsgrundlage erschüttert sein mit der Folge eines außerordentlichen Kündigungsrechts und ggf. einer (teilweisen) Rückerstattung der geleisteten Anzahlung (vgl. AG Viechtach, Urteil vom 30. 11. 2006 - 2 C 463/06).
Damit hängt ein Wegfall der Geschäftsgrundlage in besonderem Maße von den Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles ab. In den übrigen Fällen ist der Reisende grundsätzlich auf die Kulanz seines Vertragspartners verwiesen, sofern er aufgrund der Bestimmungen seines Vertrages nicht flexibel stornieren kann.
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