Haushalte mit niedrigerem Einkommen sind häufiger von den Umweltbelastungen des Verkehrs, wie Lärm und Luftschadstoffe, betroffen als Haushalte mit höherem Einkommen, obwohl sie nicht Hauptverursachende sind. Unser Verkehrssystem ist daher dringend reformbedürftig, wenn unsere Mobilität gerechter und ökologischer werden soll. Die Verkehrswende kann einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten.
Der Pkw-Verkehr hat seit 1995 bis heute deutlich zugenommen. Trotz Effizienzverbesserungen und alternativer Antriebe sind die Treibhausgas-Emissionen durch die Pkw-Nutzung in Summe sogar angestiegen. Auch im Straßengüterverkehr wurden technische Verbesserungen an den Fahrzeugen und der Kraftstoffqualitäten durch die gestiegene Verkehrsleistung kompensiert, hier sind die Emissionen sogar deutlich angestiegen. Die Umwelt- und Klimaentlastung kann also nicht allein durch technische Verbesserungen am Fahrzeug erreicht werden, sondern nur in Kombination mit Maßnahmen, wie einer Erhöhung der Verkehrseffizienz, einer deutlich sinkenden Verkehrsnachfrage und einer veränderten Verkehrsmittelwahl.
Das Bedürfnis mobil zu sein, hat unterschiedliche Konsequenzen. Einerseits ermöglicht Mobilität Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, andererseits erzeugt Mobilität Verkehr. Je nach Wahl des Verkehrsmittels kommt es zu unterschiedlich starken Umwelt- und Klimabelastungen, Lärm und Flächeninanspruchnahmen. Dies hat, je nachdem, wo Verkehr stattfindet, auch wiederum unterschiedliche Auswirkungen auf die Lebensqualität und die Gesundheit der Bevölkerung.
Warum unser jetziges Verkehrssystem weder nachhaltig noch gerecht ist
Um in der Bevölkerung Akzeptanz für die Verkehrswende und beispielsweise den Abbau umweltschädlicher Subventionen zu schaffen muss die Diskussion vom Kopf auf die Füße gestellt werden: Die aktuelle Diskussion um die Gerechtigkeit setzt meist stillschweigend voraus, dass die heutigen Rahmenbedingen (im Verkehr) zu sozial gerechten Ergebnissen führen. Diese Annahme ist jedoch falsch. Denn: Die Gerechtigkeitslücke im Verkehr ist aktuell sehr groß.
Die Nutzung des Autos – sei es als Privat- oder Dienstwagen – steigt in der Regel mit dem Einkommen, siehe hierzu die untenstehende Abbildung. Gleiches gilt auch für die daraus resultierenden Umweltwirkungen von Luftschadstoff- und Klimagasemissionen sowie Lärm. Hier zeigen sich folgende Unterschiede: Haushalte mit einem niedrigeren Einkommen sind häufiger von diesen Umweltbelastungen betroffen als bessergestellte Haushalte (z. B. durch Wohnlagen an lauten Straßen). Sie selbst verursachen dagegen im Durchschnitt weniger Emissionen, da Ihnen seltener ein Pkw zur Verfügung steht bzw. sie auch weniger Pkw fahren. Darüber hinaus profitieren Haushalte mit geringerem Einkommen in deutlich geringerem Maße von umweltschädlichen Subventionen, wie dem Dienstwagenprivileg, der Entfernungspauschale oder Energiesteuervergünstigungen für Dieselkraftstoff.
Auch gibt es Unterschiede im Mobilitätsverhalten von Frauen und Männern: Männer nutzen öfter den Pkw als Frauen, Frauen sind dagegen öfter zu Fuß unterwegs als Männer. Fußwege und Wege zu Haltestellen von Bus und Bahn sollten umwegefrei, attraktiv, sicher und barrierefrei sein, um eine gleichberechtigte Teilhabe aller Verkehrsteilnehmenden sicherzustellen. Davon würden nämlich auch mobilitätseingeschränkte Personen und Kinder profitieren.
Deutlich werden die Unterschiede bei Betrachtung der Pro-Kopf-CO2-Emissionen: Gut situierte Haushalte verursachen allgemein mehr Treibhausgase pro Kopf als der Durchschnitt. Berechnungen zeigen, dass mit zunehmendem Einkommen der Haushalte auch die verkehrsbedingten CO2-Emissionen pro Kopf ansteigen – siehe nachfolgende Abbildung. Vor allem nehmen auch die Anteile der Emissionen aus dem Flugverkehr mit dem Einkommen zu und liegen teilweise um ein Vielfaches höher als bei Haushalten mit geringerem Einkommen.
Von der Verkehrswende profitieren alle – vor allem aber Einkommensärmere, mobilitätseingeschränkte Personen und Kinder
Eine nachhaltige und sozial gerechte Verkehrswende kann schrittweise mit Hilfe aller Akteure gelingen. Hierzu bedarf es:
einem schrittweisen Abbau umweltschädlicher Subventionen (Dienstwagenprivileg, Dieselprivileg) und Rückverteilung der eingesparten Gelder an die Bevölkerung (Klimaprämie, Senkung Stromkosten, Ausbau Umweltverbund)
der Erhöhung der CO2-Preise in Kombination mit einer Rückverteilung an die Bürger*innen (z. B. Klimaprämie)
der Verlagerung von Pkw-Fahrten auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel und damit
der Stärkung des Öffentlichen Personenverkehrs als attraktive Alternative zum Pkw (bezahlbare Tickets, gut ausgebaute, sichere und barrierefreie Infrastruktur)
und nicht zuletzt auch der Stärkung des Fuß- und Radverkehrs bzw. der Stadt und Region der kurzen Wege, denn kurze Distanzen können leicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt werden.
Weniger und weniger umweltschädlicher Verkehr und damit weniger schädliche Emissionen (Luftschadstoffe, Treibhausgase und Lärm) führen insgesamt zu einer Verbesserung der Umweltsituation, wovon am Ende alle Bevölkerungsgruppen profitieren. Bepreist der Staat umweltschädliches Verhalten in Zukunft stärker und werden diese Mehreinnahmen gleichmäßig an alle Menschen rückverteilt, dann haben die Armen im Durchschnitt mehr als vorher. Einen systematischen Überblick zu den Gerechtigkeitslücken und wie sie sich schließen lassen, zeigt das UBA-Positionspapier "Verkehrswende für ALLE".
Die Studie "Verteilungswirkungen einer Verkehrswende" im Auftrag des Umweltbundesamtes analysiert die sozialen Folgen der Verkehrswende. Das Vorhaben macht Empfehlungen für eine umweltorientierte und sozialverträgliche Verkehrspolitik.
„Für Mensch und Umwelt“ ist der Leitspruch des UBA und bringt auf den Punkt, wofür wir da sind. In diesem Video geben wir Einblick in unsere Arbeit.
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