PFAS in den Polargebieten

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PFAS gelangen in die Polargebiete und reichern sich in Organismen entlang der Nahrungskette an
Quelle: Susanne Kambor / Umweltbundesamt

PFAS verbleiben lange in der Umwelt und werden über weite Strecken transportiert. Sogar in entlegenen Regionen - wie den Polargebieten - wurden sie nachgewiesen. Dort können sie sich entlang der Nahrungsketten anreichern und toxische Wirkungen in den Umweltorganismen hervorrufen. Dadurch stellen sie ein Risiko für die sensiblen Ökosysteme der Polargebiete dar.

Die Polargebiete sind durch ihre regionale Abgeschiedenheit sowohl zu anderen Ökosystemen als auch zu industriellen Einflüssen ideale Forschungsgebiete für das Umweltverhalten und den Nachweis von Chemikalien. Im Vergleich zur Arktis wird das Antarktische ⁠Ökosystem⁠ jedoch weniger durch anthropogene, also menschengemachte, Aktivitäten beeinflusst. Aufgrund dieser Abgeschiedenheit aber auch durch ihre klimatischen Besonderheiten wurden die Polargebiete in der Vergangenheit oft als Senke für transportierte Chemikalien bezeichnet. Inwieweit die niedrigen aber gleichzeitig auch steigenden Temperaturen der Polargebiete eine Freisetzung und Anreicherung in den Organismen der arktischen und antarktischen Nahrungsketten zum Beispiel durch den Eintrag von Schnee und das Schmelzen von Meereis und Gletschern beeinflussen, wird aktuell noch diskutiert. 

PFAS⁠ gelangen über große Entfernungen – sowohl über die Ozeane als auch durch atmosphärische Strömungen – in die Polargebiete. Aufgrund ihrer großen industriellen Bedeutung, Langlebigkeit, Bioakkumulation und toxischen Effekte sind die intensiv untersuchten PFAS Perfluoroktansulfonsäure (⁠PFOS⁠) und Perfluoroktansäure (⁠PFOA⁠) von großem Interesse. Das Vorkommen von langkettigen PFAS (C ≥ 8) – wie ⁠PFOS⁠ und ⁠PFOA⁠ – in den Ökosystemen der Polargebiete wird daher bereits seit einigen Jahrzehnten untersucht. Im Jahr 2008 wurden PFAS in menschlichen Blutproben aus arktischen Gebieten nachgewiesen, was für zusätzliche Diskussion sorgte. Eine Vielzahl von langkettigen PFAS-Verbindungen und deren Abbauprodukte konnte mittlerweile in den Gewässern, dem Sediment und den Umweltorganismen – sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis – nachgewiesen werden. Studien berichten auch über deren Anreicherung entlang der polaren Nahrungsketten bis hin zum Eisbären oder den Pinguinen (Dietz et al. 20081, Ke Gao et al. 20202).

Die in den letzten Jahren entwickelten kurzkettigen PFAS, wie Perfluorbutansäure (PFBA) und Perfluorbutansulfonsäure (PFBS), konnten gegenwärtig ebenfalls in den Polargebieten nachgewiesen werden. In der Antarktis zeigt sich bei den Messungen dieser Substanzen bereits eine ähnlich flächendeckende Verbreitung wie in der Arktis. PFBA, PFBS und weitere kurzkettige PFAS konnten in Gewässern, in Schneeproben aber auch in Umweltorganismen – wie Algen und Seevögeln – nachgewiesen werden. Während jedoch in der Arktis das Vorkommen von kurzkettigen PFAS durch viele Studien belegt ist (AMAP 2017), existieren für die Antarktis bisher nur wenige Studien. Vor allem zu deren Anreicherung in der Nahrungskette gibt es bisher nur vereinzelte Untersuchungen. Diese bestätigen jedoch die bisherige Annahme, dass Organismen am Ende der Nahrungskette, wie zum Beispiel der Riesensturmvogel, höhere PFAS-Konzentrationen im Blut aufweisen als Pinguinarten im unteren Bereich der Nahrungskette (Roscales et al. 20193). Da die nachgewiesenen Konzentrationen der neueren kurzkettigen PFAS bereits jetzt in vergleichbaren Konzentrationsbereichen der langkettigen, teils regulierten PFAS liegen, erfordern diese eine genaue Beobachtung in den Ökosystemen der Polargebiete (Casal et al. 20174).  

Effektive und proaktive Maßnahmen sind für die Polargebiete gefordert, um das Risiko persistenter Chemikalien wie PFFAS auf die fragilen Ökosysteme der Arktis und Antarktis zu senken. Die Herausforderung wird darin bestehen, das Risiko der PFAS in Zusammenhang mit weiteren Stressoren – wie den steigenden Temperaturen an den Polen durch den ⁠Klimawandel⁠ –zu minimieren. Wegen der weltweiten Verbreitung sollten weitere umweltrelevante PFAS über die Stockholm-Konvention und den strategischen Ansatz eines internationalen Chemikalienmanagements (SAICM) – global reguliert werden. Zur Beurteilung des Ausmaßes der Belastung sollten zusätzliche PFAS-in Monitoringprogramme, vor allem in der Antarktis, aufgenommen werden. Auch die Entwicklung umweltfreundlicher Ersatzstoffe ist ein notwendiger Schritt. Neben den Maßnahmen auf globaler Ebene sind die nationalen und regionalen Regelwerke um die Parameter `Ferntransport über Meeres- und atmosphärische Strömungen` erweitert werden. Um die Polargebiete vor Schadstoffen zu schützen, hat beispielsweise Kanada die Aufnahme von atmosphärischem Ferntransport bereits in das nationale ⁠Persistenz⁠- und Bioakkumulationsregelwerk von Chemikalien integriert. 

Das Umweltbundesamt hat in einem aktuellen Übersichtsartikel alle Nachweise von PFAS, sowohl in der Arktis als auch in der Antarktis, zusammengestellt und mögliche Handlungsoptionen und Perspektiven diskutiert (Xie et al. 20225).

Literaturquellen:

1 Dietz R, Bossi R, Rigét F.F., Sonne C., Born E.W. (2008).  Increasing perfluoroalkyl contaminants in East Greenland polar bears (Ursus maritimus): A new toxic threat to the arctic bears. Environmental Science and Technology, Volume 42, Issue 7 (1) 2701-2707. 

2 Gao K., Miao X., Fu J., Chen Y., Li H., Pan W., Fu J., Zhang Q., Zhang A., Jiang G. (2020). Occurrence and trophic transfer of per- and polyfluoroalkyl substances in an Antarctic ecosystem. Environmental Pollution, Volume 257, 1-9. 

3 Roscales J.L., Vicente A., Ryan P.G., Gonzales-Solis J., Jiménez B. (2019). Spatial and interspecies heterogeneity in concentrations of perfluoroalkyl substances (PAASs) in Seabirds of the Southern Ocean. Environmental Science and Technology, Volume 53, 9855-9865. 

4 Casal P. Zhang Y. Martin J.W., Pizarro M., Jiménez B., Dachs J. (2017). Role of snow deposition of perfluoroalkylated substances at Coastal Livingston Island (Maritime Antarctica). Environmental Science and Technology, Volume 51, 8460-8470. 

5 Zhiyong Xie, Peng Zhang, Zilan Wu, Shuang Zhang, Lijia Wei, Lijie Mi, Anette Kuester, Juergen Gandrass, Ralf Ebinghaus, Ruiqiang Yang, Zhen Wang, Wenying Mi (2022). Legacy and emerging organic contaminants in the polar regions. Science of The Total Environment, Volume 835.

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 Arktis  PFAS