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Einen ersten Vorschlag zu den Kriterien: Persistenz in der Umwelt ("P"), Mobilität in der aquatischen Umwelt ("M") und Toxizität für den Menschen ("T") hat das UBA sowohl beim Risk Management Expert Meeting (RiME) als auch bei der 15. Sitzung der PBT-Expertengruppe der ECHA Anfang 2017 vorgelegt. Aufgrund von Kommentaren und Vorschlägen wurde der Vorschlag überarbeitet und erneut der 16. Sitzung der PBT-Expertengruppe der ECHA und dem RiME Ende 2017 vorgelegt. Es gingen wissenschaftliche und technische Kommentare von 119 Personen, 13 Mitgliedsstaaten, verschiedenen europäischen Regulierungsbehörden sowie der chemischen Industrie ein.
Das UBA begann bereits 2017 seine Diskussion, Beratungen und Konsultation mit der chemischen Industrie durch den Workshop: "REACH in der Praxis: PMT-Stoffe erkennen und ihre Emissionen vermeiden". Im Anschluss konnten alle europäischen Stakeholder sich an der wissenschaftlichen Diskussion beteiligen, im Rahmen von zwei weiteren Workshops: "Persistent and mobile organic chemicals in the water cycle: Linking science, technology and regulation to protect drinking water quality" im Jahr 2017 und "PMT/vPvM substances under REACH. Voluntary measures and regulatory options to protect the sources of drinking water" im Jahr 2018. Beide Workshops waren mit einer Vielzahl von Interessenvertreter*innen sehr gut besucht. Das UBA erhielt wichtige Rückmeldung u.a. zur Integration von Monitoringdaten und zur Diskussion von falsch positiven und falsch negativen Ergebnissen verursacht durch die Kriterien.
Die öffentliche Konsultation wurde formell durch das UBA-Projekt "FKZ 3716 67 416 0 REACH: Improvement of a guidance for the identification and evaluation of PM/PMT substances" unterstützt. Die wissenschaftlichen und regulatorischen Überlegungen bei der Entwicklung der PMT/vPvM-Kriterien umfassten (1) Monitoringdaten, (2) Simulations- und Modellstudien und (3) Abschätzung des Impacts.
Es wurden wesentliche Änderungen an den im Jahr 2015 ursprünglich vorgeschlagenen Kriterien vorgenommen. Vor allem wurde ein Screening-Kriterium für Mobilität auf der Grundlage des log D-Wertes hinzugefügt. Darüber hinaus wird das abschließende Bewertungskriterium für Mobilität jetzt nur noch durch den Verteilungskoeffizienten zwischen organischem Kohlenstoff und Wasser (KOC) definiert. Die öffentliche Konsultation hat eindeutig gezeigt, dass dieser Parameter die robusteste intrinsische Stoffeigenschaft für alle Arten von Chemikalien (einschließlich Ionen) und für alle Boden-/Sedimenttypen ist.
Der Schwellenwert für das vM-Kriterium mit log KOC ≤ 3 wurde mit Blick auf den Grundwasserschutz festgelegt. Der Wert basiert auf dem „groundwater ubiquity score“ von Gustafssen (1989) sowie mehreren empirischen Nachweisen und Modellsimulationen. Der Schwellenwert für das M-Kriterium mit log KOC ≤ 4 wurde mit Blick auf den Schutz vor einem Durchbruch von Chemikalien in der Uferfiltration festgelegt. Auch dies unterstützten empirische Nachweise von Kontaminanten in Trinkwässern.
Die endgültigen PMT/vPvM-Kriterien, so wie sie sich aus der wissenschaftlichen und technischen Entwicklung im Rahmen der EU-Chemikaliengesetzgebung REACH ergeben, wurden während des 30. CARACAL vorgestellt und diskutiert (Dok. CACS/MS/19/2019; CARACAL-30; 01 - 02 Juli 2019) und als UBA TEXTE 127/2019 veröffentlicht. Sie können als ein gebrauchsfertiges Werkzeug für die Industrie zur Identifizierung von PMT/vPvM-Stoffen betrachtet werden.
Zusätzlich zu den öffentlichen Konsultationen gab es drei Forschungsprojekte, die im Auftrag oder unter Mitwirkung des UBA durchgeführt wurden und die für die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen der PMT/vPvM-Kriterien maßgeblich waren.
Die erste Studie lieferte im Auftrag des UBA eine Zusammenstellung von Monitoringdaten mit Chemikalien, die vor kurzem in Trinkwasser und Grundwasser nachgewiesen wurden. Eine Literaturrecherche ergab 25 Monitoringstudien, die zwischen 2000 und 2018 veröffentlicht wurden. Insgesamt wurden 333 Chemikalien identifiziert, von denen 246 im Trinkwasser und 187 im Grundwasser nachgewiesen wurden, davon 100 in beiden. Von diesen 333 Chemikalien entsprachen 142 (43%) Stoffen, die unter REACH registriert wurden (Stand: Mai 2017), von denen 32 auch als Arzneimittel und 5 auch als Pflanzenschutzmittel verwendet werden. Die unter REACH registrierten Stoffe umfassten 113 (46%) der insgesamt 246 Trinkwasserkontaminanten und 75 (40%) der insgesamt 187 Grundwasserkontaminanten. Es kann daher als Tatsache betrachtet werden, dass ein signifikanter Anteil der Kontaminanten im Trinkwasser und im Grundwasser unter REACH registrierte Stoffe sind. Diese Literaturrecherche war ein wichtiger Bestandteil der Analyse von falsch negativen Bewertungen durch die PMT/vPvM-Kriterien (Hyperlink siehe UBA Texte 126/2019) - https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/reach-improvement-of-guidan...)
Eine weitere Studie im Auftrag des UBA war eine manuelle Bewertung der Persistenz, Mobilität und Toxizität von 167 unter REACH registrierten Stoffen. Diese Arbeit kam zu dem Schluss, dass 8 Stoffe PMT-Stoffe, 21 PM-Stoffe mit T-Verdacht und 105 vermutete PMT-Stoffe waren. Folglich wurden insgesamt 134 Stoffe auf der Grundlage ihrer PMT-Eigenschaften und der erwarteten Umweltemissionen zur weiteren Untersuchung und wissenschaftlichen und regulatorischen Prüfung empfohlen.
Eine dritte Studie, die unter Mitwirkung des UBA durchgeführt wurde, war das von JPI Water finanzierte Projekt "Protecting Water Resources from Mobile Trace Chemicals" - PROMOTE. In diesem Projekt wurden hochpolare und persistente organische Kontaminanten (persistente und mobile organische Chemikalien - PMOC) in drei Phasen bewertet und untersucht. Zuerst wurde eine Rangfolge der unter REACH registrierten Stoffe von den persistentesten und mobilsten bis zu den am wenigsten persistenten und mobilen Stoffen aufgestellt (HYPERLINK Arp et al. 2017 https://pubs.rsc.org/--/content/articlehtml/2017/em/c7em00158d). Der zweite Schritt bestand darin, eine Methode zu entwickeln, um REACH-Registrierungsdaten zur Schätzung der Emissionen der Stoffe - unabhängig von ihren P- und M-Stoffeigenschaften - zu verwenden (HYPERLINK Schulze et al 2018 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0048969717337385?casa...). Die dritte Phase bestand im Monitoring und der Analytik ausgewählter Stoffe mit der höchsten Rangordnung von P und M sowie Emissions-Schätzung. Diese Stoffe konnten im Rahmen des PROMOTE-Projekts aufgrund von neuartig entwickelten Analyseverfahren nachgewiesen und quantifiziert werden. In diesem letzten Schritt wurden 57 Substanzen ausgewählt und in Oberflächen- und Grundwasserproben in ganz Europa analysiert. Von diesen 57 Substanzen wurden 43 PM-Stoffe in Umweltgewässern nachgewiesen, von denen 23 noch nie zuvor analysiert worden waren. Am häufigsten wurden Methylsulfat, 2-Acrylamino-2-methylpropansulfonat, Benzyltrimethylammonium, Benzyldimethylamin, Trifluormethansulfonsäure, Melamin und 1,3-Di-o-tolylguanidin nachgewiesen (Hyperlink Schulze et al 2019 https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0043135419300363?casa...). Die Daten von Schulze et al. waren sehr wichtig für die Untersuchung der falsch positiven Bewertungen durch die PMT/vPvM-Kriterien, da es der direkte wissenschaftliche Beweis dafür ist, dass die PMT/vPvM-Kriterien zusammen mit Informationen zu Emissionen verwendet werden können, um das Vorkommen von PMT/vPvM-Stoffen in der Umwelt vorherzusagen. (Hyperlink Texte 126 - https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/reach-improvement-of-guidan...).
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Lesen Sie die vollständige Geschichte der Entwicklung der PMT/vPvM-Kriterien im Rahmen der EU-Chemikaliengesetzgebung REACH zur Identifizierung von PMT/vPvM-Stoffen: (01) –> Einführung zu PMT/vPvM-Stoffen, (02) –> Emergenz (2009 - 2015) der PMT/vPvM-Kriterien, (03) –> Erster PMT-Workshop 2011, (04) –> Öffentliche Konsultation (2016 - 2019) zu den PMT/vPvM-Kriterien, (05) –> Zweiter PMT-Workshop 2018, (06) –> Anwendung (2019 - laufend) der PMT/vPvM-Kriterien, (07) –> Dritter PMT-Workshop 2021, (08) –> Medienberichterstattung, (09) –> Häufig gestellte Fragen (FAQ), (10) –> Die abgestimmten PMT/vPvM-Kriterien