Kohlenstoffsenken können dazu beitragen, fossile Restemissionen auszugleichen. Neben natürlichen Optionen sind auch technische Maßnahmen denkbar. Die Technologie Carbon Capture and Storage (CCS) steht im Zentrum der Debatten, birgt aber Risiken und Herausforderungen. Das UBA empfiehlt CCS nur am Ende langer Wertschöpfungsketten an thermischen Abfallbehandlungsanlagen für Restabfälle.
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Was sind Kohlenstoffsenken und wie erfolgt deren Einteilung?
Eine Kohlenstoffsenke ist ein Kohlenstoffreservoir, welches Kohlenstoff aufnimmt und damit die CO₂-Konzentration in der Atmosphäre reduziert. Das wird auch als Negativemission bezeichnet.
Die Einteilung der Kohlenstoffsenken kann erfolgen nach der Art der Speicherung des Kohlenstoffs durch
natürliche Senken, mit ausschließlich natürlichen Vorgängen bei der Speicherung (z.B. bei Wäldern und Mooren),
natürliche technische Senken, mit einer Kombination natürlicher und technischer Prozesse (z.B. bei der beschleunigten Verwitterung von Gestein) oder
technische Senken, mit ausschließlich technischen Prozessen (z.B. bei der CO₂ Einspeicherung in geologischen Formationen unter hohem Druck).
Beim Abscheiden und Speichern von CO₂ (kurz CCS, für Englisch „Carbon Capture and Storage“) werden CO₂-Emissionen aus dem Abgasstrom von Punktquellen abgeschieden und „eingefangen“ (Carbon Capture), anschließend zum Speicherort transportiert und dort unter hohem Druck in geologischen Formationen gespeichert (Storage).
CCS kann negative Emissionen bewirken, wenn Kohlendioxid…
bei energetischer Nutzung nachhaltig erzeugter Biomasse entsteht und mittels CCS „eingefangen“ wird (Bioenenergy CCS - BECCS)
CO₂ direkt aus der Atmosphäre entnommen wird (Direct Air Capture - DACCS)
an thermischen Abfallbehandlungsanlagen für Restabfälle abgeschieden wird (Waste Carbon Capture and Storage, kurz WACCS).
Diese Anwendungen von CCS fallen dann in die Kategorie technische Senken. Erfolgt es an Anlagen der Energiewirtschaft oder Industrie, wird nur anteilig der Ausstoß entstandener fossiler Emissionen in die Atmosphäre verhindert.
Werden Senken für erfolgreichen Klimaschutz benötigt?
Mit dem Übereinkommen von Paris hat sich die Weltgemeinschaft das Ziel gesetzt, die globale Erwärmung deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen und Anstrengungen zu unternehmen, den Temperaturanstieg möglichst bei 1,5 Grad zu stoppen. Die Europäische Union will bis 2050 erster treibhausgasneutraler Kontinent werden, und Deutschland strebt an, bereits bis 2045 netto-treibhausgasneutral zu werden und nach 2050 sektorübergreifend negative Treibhausgasemissionen zu erreichen. Dafür sind massive Anstrengungen zur Minderung des Treibhausgasausstoßes unabdingbar. Im Jahr 2022 betrug der Treibhausgasausstoß in Deutschland rund 750 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO₂). Dieser muss bis zum Jahr 2045 auf 40 bis 70 Millionen Tonnen CO2, das heißt um mehr als den Faktor zehn, sinken. Jedoch selbst bei ambitionierten Klimaschutzmaßnahmen bleiben in einzelnen Sektoren unvermeidbare Restemissionen bestehen. Das ist insbesondere in der Landwirtschaft (z.B. durch Tierhaltung und Düngung), aber auch in einzelnen Teilen der Industrie (z.B. der Kalk- und Zementindustrie) der Fall. Weitere Informationen stellt die RESCUE Studie des Umweltbundesamtes und die untenstehende Grafik zu Treibhausgasemissionen 2021 und 2045 bereit. Damit ist klar, dass der Ausstoß unvermeidbarer Restemissionen ausgeglichen werden muss.
Gleichzeitig zeichnet sich auf globaler Ebene ab, dass mit dem Überschreiten des 1,5 Grad-Ziels in den 2030er Jahren zu rechnen ist, wenn die globalen CO₂-Emissionen nicht schnell und drastisch reduziert werden. Damit erhöht sich das Risiko, dass verschiedene Kipppunkte des Erd-Klimasystems erreicht werden. Zu diesen zählen zum Beispiel das irreversible Abschmelzen der Eisschilde Grönlands und der Antarktis sowie das Auftauen borealer Permafrostböden.
Kohlenstoffsenken sind daher für eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik unabdingbar.
Werden technische Kohlenstoffsenken benötigt?
Für eine nachhaltige Entwicklung sind natürliche CO₂-Speicher wie Wälder und Moore wichtig, aber auch eine verstärkte nachhaltige Holznutzung als Baumaterial oder in Form anderer langlebiger Holzprodukte sind Optionen. Sie haben dabei gleichzeitig positive Auswirkungen auf die Biodiversität und auf unsere Ökosysteme. Für eine nachhaltige Entwicklung sind die Potenziale der natürlichen Senken primär zu nutzen.
Ab dem Jahr 2045 soll nach Zielvorgaben des Bundesklimaschutzgesetzes (KSG) eine jährliche Minderungsleistung von mindestens minus 40 Millionen Tonnen CO₂ erreicht werden. Bei sehr optimistischen Annahmen würde dies in Deutschland bereits ausreichen, um die unvermeidbaren Emissionen auszugleichen. Der Bedarf an technischen Senken könnte daher sehr klein oder sogar Null sein.
Die Bandbreite des Bedarfs an technischen Maßnahmen mit CCS sind in den wissenschaftlichen Studien, die auch in der Abbildung zu den Treibhausgasemissionen dargestellt sind, allerdings sehr hoch. Vor dem Hintergrund der stetig verschleppten Klimaschutzpolitik, auf nationaler und globaler Ebene, sollte eine robuste Senkenstrategie verfolgt werden. Dazu braucht es neben der Vermeidung von Treibhausgasemissionen und Stärkung natürlichen Senken auch die weitere Erprobung von CCS.
Wann hält das Umweltbundesamt den Einsatz von CCS für sinnvoll?
Um die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zu vermindern oder Treibhausgase zurückzuhalten, sollten vorrangig und ambitioniert natürliche Senken genutzt, geschützt und ausgebaut werden, da sie statt mit Risiken sogar mit einem Mehrwert für Mensch und Umwelt verbunden sind.
Die Prozesskette von CCS, der sichere Umgang und Monitoring des eingespeicherten CO₂ sollte nicht in Verbindung mit der Natur neu entnommen fossilen Energieträger erfolgen. Ein möglicher Einsatz von CCS sollte dort erfolgen, wo die geringsten negativen Nebeneffekte hervorgerufen werden. Das ist der Fall, wenn keine Konkurrenz zu echten Treibhausgasminderungsmaßnahmen, wie erneuerbaren Energien oder mehr Holzbau in Gebäuden, entsteht und das fossile Wirtschaften damit nicht verlängert wird. Dies trifft insbesondere bei der thermischen Abfallbehandlung zu, wo am Ende einer langen Nutzungskaskade nicht recyclebare Abfälle energetisch verwertet werden. In der thermischen Abfallbehandlung werden kaum zusätzliche fossile Energieträger genutzt. Im Jahr 2021 wurden rund 20,5 Millionen Tonnen CO₂ aus Hausmüll (10,3 Millionen Tonnen CO₂ biogen und 10,2 Millionen Tonnen CO₂ fossil) bei der energetischen Verwertung in Deutschland emittiert. Die Abscheidung der CO₂-Emissionen an thermischen Abfallbehandlungsanlagen für Restabfälle und deren Einspeicherung könnte bereits heute zu Negativemissionen führen. Dies ist durch den Anteil an biogener Energie möglich, da bei der Produktion nachhaltiger Biomasse der Luft CO₂ entzogen wird. Die gelangt beim Einsatz von WACCS zum größten Teil nicht wieder zurück in die Atmosphäre. Aus dem Sektorziel des KSG von minus 40 Millionen Tonnen CO₂ im Bereich natürlicher Senken (2045) ergibt sich in Kombination mit CCS an thermischen Abfallbehandlungsanlagen für Restabfälle eine potenzielle jährliche Einspeicherungsmenge von rund 60 Millionen Tonnen CO₂. Dabei wird angenommen, dass die CO₂-Emissionen aus Hausmüllverbrennungsanlagen etwa gleich bleiben und der fossile Anteil sukzessive abnimmt. Das ist darin begründet, dass mit der Transformation der chemischen Industrie über einen sehr langen Zeitraum die grünen Polymere am Ende langer Lebenszyklen die erdölbasierten Polymere als Ausgangsstoffe für die Kunststoffproduktion verdrängen werden. Diese sind dann voraussichtlich basierend auf atmosphärischem Kohlenstoff hergestellt und können damit weiter als Negativemissionen im Anschluss an die thermische Abfallbehandlung systemisch beitragen. In unserem Positionspapier „Carbon Capture and Storage – Diskussionsbeitrag zur Integration in die nationalen Klimaschutzstrategien“ finden sich dazu ausführlichere Informationen.
Werden fossile Energien mit CCS treibhausgasneutral?
In den industrie- und klimapolitischen Debatten scheint CCS oft der Hoffnungsträger zu sein, der sowohl die Herausforderungen der unvermeidbaren Emissionen als auch die Transformation der fossilen Wirtschaft meistern könne. Mit Blick auf die Prozesskette zeigt sich, dass CCS in Kombination mit fossilen Energieträgern, zum Beispiel blauen Wasserstoff, der aus Erdgas erzeugt wird, oder CCS mit prozessbedingten Treibhausgasemissionen an industriellen Anlagen, beispielsweise der Zementindustrie, nicht komplett treibhausgasneutral umgesetzt werden kann.
Entlang der Prozesskette entstehen energetische Mehraufwendungen: bei der Abscheidung, bei der Verdichtung, beim Transport, bei der Einspeicherung sowie bei der Errichtung und beim Betrieb der Infrastruktur an Land und auf dem Meer. Werden hierfür keine erneuerbaren Energien eingesetzt, entsteht ein erhöhter CO₂-Ausstoß. Weitere Treibhausgasemissionen treten in der Vorkette auf, beispielsweise bei der Erdgasförderung für blauen Wasserstoff, die unmittelbar mit diffusen Methanemissionen einhergeht.
Aber selbst unter den Prämissen, dass ausschließlich erneuerbare Energien verwendet und unvermeidbare Emissionen eingespeichert werden, kann aufgrund der prozessbedingten Emissionen keine Treibhausgasneutralität der Wirtschaft erreicht werden. Es können etwa 15 Prozent des CO₂ nicht abgeschieden werden und würden weiterhin in die Atmosphäre gelangen. Außerdem entstehen neben Leckagen auch im Regelbetrieb entlang der Prozesskette Emissionen: durch Undichtigkeiten beim Umgang und dem Transport des CO₂.
CCS ist daher kein Ersatz für Treibhausgasminderung!
Wo wird das CO₂ bei CCS gespeichert?
In den bisherigen Debatten spielte die Einspeicherung von Kohlendioxid eine dominante Rolle. Dabei bedarf es gerade bei dieser dauerhaften und langfristigen Herausforderung einer breit diskutierten und fachlich fundierten Fortentwicklung. CO₂ wird in geologischen Strukturen gespeichert, bisher fast ausschließlich unter sehr hohem Druck in einem überkritischen Aggregatzustand, das heißt in fluider Form. Möglich ist eine Speicherung untertägig an Land und unter dem Meer. Für die Einspeicherung können salzwasserführende Gesteinsschichten oder ausgeförderte Gas- und Ölfelder genutzt werden. Die Wahl eines geeigneten Standorts ist von zentraler Bedeutung für die Speichersicherheit.
Generell bietet die Umwandlung von CO₂ in einen festen Aggregatzustand eine erhöhte Speichersicherheit bei der Einlagerung. Hier steht die Forschung und Technologieentwicklung noch am Anfang. Als ein mögliches Verfahren dazu wird die Einlagerung von Kohlenstoff mittels beschleunigter Karbonatisierung in basischen Vulkaniten intensiv beforscht.
Wie sicher erfolgt die Einspeicherung?
Bei der Einlagerung von CO₂ in geologischen Formationen unter sehr hohem Druck kann von einer langfristigen Dichtheit nicht sicher ausgegangen werden. Bei Anforderungen für die sichere Einlagerung über einen Zeitraum von mehr als 1.000 Jahren liegen keinerlei Erfahrungswerte vor. Für die Einlagerung von abgeschiedenen CO₂ ist ein Zeitraum von mehr als 10.000 Jahren vorgesehen. Bestehende Erfahrungen mit CO₂-Speicherung belegen nicht die Speichersicherheit, da die beteiligten Prozesse sehr langsam ablaufen und wenige Dekaden kein ausreichender Beobachtungszeitraum für die Langzeitsicherheit ist.
Die langfristige und genaue Überwachung der Speicherdichtigkeit ist Grundlage für eine rechtssichere Klärung der ordnungsrechtlichen Pflichten der Betreiber und der Haftungsfragen bei Havarien und Leckagen. Die Speichersicherheit (keinerlei Austritt von CO₂ aus dem Speicherkomplex) kann nur indirekt über das Nichtauffinden von Leckagen ermittelt werden, da die Gesamtmenge an CO₂ in einem geologischen Speicher nur ungenau bestimmt werden kann. Die sichersten Kohlenstoffspeicher sind jene, die gar nicht erst der Natur entnommen werden.
Welche Risiken bestehen beim Einsatz von CCS?
Bei der Abscheidung, dem Transport und der Speicherung von CO₂ in geologischen Formationen treten potenzielle Umweltwirkungen auf Ökosysteme, wie das Meer, und auf die Umweltmedien Wasser, Boden und Luft auf. Bei der Speicherung von CO₂ besteht aufgrund der außerordentlich langen Einlagerungszeiträume eine große Unsicherheit über den Umfang der Wiederfreisetzung von CO₂ in die Umwelt.
Bei untertägiger Einspeicherung von CO₂ kann oberflächennahes Grundwasser durch Leckagen verunreinigt werden und versalzen.
Im Meer wird bei Leckagen das CO₂ im Wasser gelöst und trägt zur Versauerung des Meerwassers bei. Dabei steigt das Risiko für Leckagen mit steigender eingebrachter Menge und den dadurch erzeugten Druckdifferenzen in der Speicherschicht. Tritt gespeichertes CO₂ aus, kann sich das erheblich auf die marinen Ökosysteme auswirken. Eine zusätzliche Gefahr besteht, wenn durch die CO₂-Einleitung toxische Stoffe in der Speicherformation mobilisiert werden. Durch Änderungen des pH-Wertes und der CO₂-Konzentration im Meer können Meeresalgen, Fische und weitere Organismengruppen erheblich beeinträchtigt werden. Die Entwicklung von Tiefseeorganismen verläuft eher langsam, da ihre Stoffwechselraten niedriger sind und ihre Lebensdauer höher ist als in anderen Meeresschichten.
An Land geht in der oberflächennahen Bodenschicht nach Austritt von CO₂ aus einem tiefer gelegenen Speicher die Sauerstoffkonzentration zurück und kann zu einer Absenkung des pH-Werts führen. Dies kann sich nachteilig auf Mikroorganismen und das Pflanzenwachstum auswirken.
Auch Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und andere Schutzgüter und Sachgüter (z.B. Gebäude) sind denkbar.
Wo kann ich weitere Informationen zum Thema CCS vom Umweltbundesamt finden?
Schauen Sie gern auf unserer Seite Carbon Capture and Storage vorbei. Hier finden Sie nähere Ausführungen zu den Risiken, Rechtsvorschriften und anderen Aspekten .
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