RO-R-3: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für (vorbeugenden) Hochwasserschutz

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Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

Inhaltsverzeichnis

 

RO-R-3: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für (vorbeugenden) Hochwasserschutz

Die Fläche von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten zum (vorbeugenden) Hochwasserschutz ist zwischen 2009 und 2021 um rund 6.300 km² und damit deutlich gewachsen. Zum Ende des Jahres 2021 hatten 89 von 114 Regionen entsprechende Festsetzungen in ihren Regionalplänen getroffen.

Eine Linie stellt die Fläche der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete (vorbeugender) Hochwasserschutz in Form von indexierten Werten dar.
RO-R-3: Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für (vorbeugenden) Hochwasserschutz

Eine Linie stellt die Fläche der Vorrang- und Vorbehaltsgebiete (vorbeugender) Hochwasserschutz in Form von indexierten Werten dar. Das Jahr 2009 ist auf 100 gesetzt. Insgesamt zeigt die Zeitreihe die Jahre 2009 bis 2021. Sie hat einen signifikat steigenden Trend. Vor allem in den Zeiträumen 2009 bis 2012 und 2017 bis 2021 steigen die Werte deutlich auf zuletzt 188. Zusätzlich sind in einer Säulenreihe die Anteile der Planungsregionen mit Vorrang- und Vorbehaltsgebieten (vorbeugender) Hochwasserschutz in Prozent abgebildet. Hier gibt es einen signifikant steigenden Trend. Die Werte bewegen sich seit dem Jahr 2021 bei knapp unter 80 Prozent.

Quelle: Bundesinstitut für Bau- Stadt- und Raumforschung (ROPLAMO - Raumordnungsplan-Monitor)
 

Flächensicherung für den Hochwasserschutz im Binnenland

Mit dem fortschreitenden ⁠Klimawandel⁠ können sich die Häufigkeit und die Schwere von Hochwasserereignissen und Überflutungen ändern, zum Beispiel wenn sommerliche Starkregenereignisse häufiger und intensiver werden oder die winterlichen Niederschläge zunehmen beziehungsweise vermehrt als Regen fallen (siehe Indikatoren WW-I-4, WW-I-5 und BAU-I-4). Sind die Böden bereits wassergesättigt oder stark ausgetrocknet, oder fällt sehr viel Niederschlag in kurzer Zeit, kann meist nur wenig Niederschlag versickern. Er fließt dann in der Regel an der Oberfläche ab und wird in den Gewässern direkt abflusswirksam. Ein vorausschauender Hochwasserschutz ist daher eine wichtige ⁠Anpassungsmaßnahme⁠ an die Folgen des Klimawandels (siehe Indikatoren WW-R-2 und WW-R-3).

Zentraler Bestandteil eines vorbeugenden Hochwasserschutzes ist die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten, für die das WHG bundesweit verbindliche Regeln formuliert. Als Überschwemmungsgebiete sind innerhalb sogenannter Risikogebiete alle Bereiche amtlich festzusetzen, die bei einem hundertjährlichen Hochwasserereignis überflutet würden. Zudem sind die zur Hochwasserentlastung und -rückhaltung beanspruchten Gebiete wie Flutpolder oder Flutmulden in die Ausweisung einzubeziehen.

Über die wasserrechtlichen Vorgaben hinaus ist es aber auch eine Aufgabe der ⁠Raumordnung⁠, mit ihren Instrumenten zum vorbeugenden Hochwasserschutz beizutragen. Als wesentliches Instrument stehen ihr dafür die raumordnerischen Festlegungen zum Hochwasserschutz zur Verfügung. Hierdurch kann die Raumnutzung so gesteuert werden, dass sie möglichst wenig anfällig gegenüber Hochwassergefahren ist, für die in Folge des Klimawandels eine Zunahme erwartet wird. In gefährdeten Bereichen kann, ergänzend zu den wasserrechtlich definierten Überschwemmungsgebieten, eine Nutzung für Siedlungen oder Infrastrukturen ausgeschlossen werden. Flächen, die für den Wasserrückhalt in der Landschaft und einen vorrausschauenden, den Klimawandel berücksichtigenden Hochwasserschutz von Bedeutung sind, können gesichert oder mit Nutzungsbeschränkungen belegt werden.

Das raumordnerische Instrument mit der größten Tragweite für diesen Zweck sind Vorranggebiete für den vorbeugenden Hochwasserschutz. In diesen Gebieten hat der Hochwasserschutz Priorität gegenüber anderen Raumnutzungen und Raumfunktionen. Raumbedeutsame Nutzungen, die mit diesem Ziel nicht vereinbar sind, sind hier ausgeschlossen. Die bisherige Praxis zur Ausweisung von Vorranggebieten in den Planungsregionen ist insgesamt noch heterogen, sie nimmt in der Regel aber Bezug auf die Abgrenzung der wasserrechtlichen Überschwemmungsgebiete. Teilweise werden die Festlegungen nachrichtlich in den Regionalplänen dargestellt, teilweise sind die ausgewiesenen Vorranggebiete identisch mit den festgesetzten Überschwemmungsgebieten; in anderen Regionen gehen die Vorranggebiete über die Überschwemmungsgebiete hinaus.

Die Festsetzung von Überschwemmungsgebieten sollte nach den Vorgaben des WHG bis Ende 2013 abgeschlossen sein. Es war zu erwarten, dass in der Folge auch zahlreiche Planungsregionen die Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten für den vorbeugenden Hochwasserschutz nachführen oder erstmalig vornehmen. Im Jahr 2021 waren in den Planungsregionen der Regionalplanung insgesamt rund 13.500 km² Fläche als Vorrang- und Vorbehaltsgebiete ausgewiesen. Obwohl die Anzahl der ausweisenden Planungsregionen in den letzten 10 Jahren annähernd konstant blieb, nahm die für den vorbeugenden Hochwasserschutz deutschlandweit festgelegte Fläche im Zuge von Fortschreibungen und Neuaufstellungen von Regionalplänen weiter zu. Insgesamt ist seit 2009 ein Anstieg der ausgewiesenen Fläche um rund 6.300 km² zu verzeichnen.

Im Sinne einer Anpassung an die Folgen des Klimawandels und zur Verbesserung der Risikovorsorge vor Extremhochwasserereignissen ist es wünschenswert, dass raumordnerische Ausweisungen für den vorbeugenden Hochwasserschutz dort, wo es sinnvoll ist, über die wasserrechtlich festgesetzten Überschwemmungsgebiete hinausgehen. Verschiedene Modellvorhaben der Raumordnung gingen in den vergangenen Jahren der Frage nach, welche Möglichkeiten der Risikovorsorge auch in Gebieten bestehen, die durch Deiche an sich vor Hochwasser geschützt sind. In der Region Oberes Elbtal-Osterzgebirge wurde beispielsweise eine neue Methodik zur Ausweisung von Vorrang- und Vorbehaltsgebieten ⁠Hochwasservorsorge⁠ entwickelt und im Regionalplan umgesetzt. Die Abgrenzung der Vorranggebiete für die Hochwasservorsorge orientiert sich dabei an der Gefahrenintensität (Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit) von einem Extremhochwasserszenario und bezieht auch den Siedlungsbestand ein. Das Inkrafttreten des Regionalplans in der Region Oberes-Elbtal Osterzgebirge sowie entsprechende Ausweisungen in weiteren Planungsregionen sind der Grund für den Anstieg der ausgewiesenen Flächen für Vorrang- und Vorbehaltsgebiete zum vorbeugenden Hochwasserschutz seit dem Jahr 2018.

 

Ziele

Verstärkter Schutz gegen zunehmende Hochwasserrisiken durch passive Sicherungsmaßnahmen, insbesondere die Freihaltung von Bebauung; Sicherung vorhandener ⁠Abfluss⁠- und ⁠Retentionsflächen⁠ sowie planerische Vorsorge für deren Ausweitung bezogen auf das Risiko eines 200-jährlichen Hochwassers; erhebliche Ausweitung der Retentionsflächen bis zum Jahr 2020 (⁠DAS⁠, Kap. 3.2.14)

Sicherung vorhandener Überschwemmungsbereiche als Retentionsraum; Rückgewinnung von Überschwemmungsbereichen als Retentionsraum; Risikovorsorge in potenziellen Überflutungsbereichen; Verbesserung des Wasserrückhalts in der Fläche der Einzugsgebiete der Flüsse; Sicherung potenzieller Standorte für Hochwasserschutzmaßnahmen (Handlungskonzept ⁠Klimawandel⁠, ⁠MKRO⁠ 2013, Kap. 3.1)

Vorbeugender Hochwasserschutz im Binnenland vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und Entlastungsflächen (ROG, § 2 (2) 6)