HUE-1: Beherrschbarkeit von Klimawandelfolgen

Das Bild zeigt Kopf und Schultern einer Frau, die mit skeptischem Blick aus dem Fenster schaut. Das Fenster ist durch eine Innenjalousie teil-verschattet.zum Vergrößern anklicken
Die Skepsis der Bevölkerung, die Klimawandelfolgen in Deutschland bewältigen zu können, ist groß.
Quelle: yanlev / stock.adobe.com

Monitoringbericht 2023 zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel

HUE-1: Beherrschbarkeit von Klimawandelfolgen

Seit dem Jahr 2010 nimmt der Anteil der im Rahmen einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage befragten Bürger*innen ab, die der Meinung sind, dass die Klimawandelfolgen in Deutschland zu bewältigen sind. 2021 waren 66 % der Befragten davon wenig oder überhaupt nicht überzeugt.

Die Stapelsäulen-Grafik zeigt von 2002 bis 2016 im 2-Jahres-Abstand sowie für das Jahr 2021 den Anteil der Befragten in Prozent mit ihrer Überzeugung an, dass in Deutschland die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, bewältigbar sind.
HUE-1: Beherrschbarkeit von Klimawandelfolgen

Die Stapelsäulen-Grafik zeigt von 2002 bis 2016 im 2-Jahres-Abstand sowie für das Jahr 2021 den Anteil der Befragten in Prozent mit ihrer Überzeugung an, dass in Deutschland die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, bewältigbar sind. Es gibt die folgenden Kategorien: voll und ganz überzeugt, ziemlich überzeugt, wenig überzeugt, überhaupt nicht überzeugt. Ab 2014 gibt es auch die Kategorie weiß nicht. Eine Trendanalyse erfolgte nicht. In den Jahren 2002 bis 2014 machten die Kategorien voll und ganz überzeugt und ziemlich überzeugt in der Regel 40 bis 55 Prozent aus, 2016 und 2021 gaben nur noch knapp über 30 Prozent diese Überzeugungen an.

Quelle: BMUB / BMUV & UBA (Studie Umweltbewusstsein in Deutschland für 2021) (Zusatzbefragung im Rahmen der Studie Umweltbewusstsein in Deutschland 2020)

Verbreitete Zweifel an Beherrschbarkeit der Klimafolgen

Die Verfügbarkeit und der Zugang zu möglichst belastbaren Abschätzungen der künftigen Klimaänderungen und der damit verbundenen Folgen sind eine wesentliche Voraussetzung für angemessene politische, administrative, betriebliche und private Entscheidungen und entsprechendes Handeln.

Die Bundesregierung sieht es als eine ihrer zentralen Aufgaben, für eine solche ausreichende Informationsbereitstellung zu sorgen und Betroffenheiten und Entscheidungshilfen überzeugend darzustellen. Hierzu hat die Bundesregierung unter anderem das Deutsche Klimavorsorgeportal ins Leben gerufen. Unter www.klivoportal.de können Behörden, Unternehmen und die Zivilgesellschaft geprüfte Unterstützungsangebote zur ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ gezielt finden, um sie dann anzuwenden. Als ein weiteres Angebot wurde vom ⁠BMUV⁠ im Jahr 2021 das Zentrum KlimaAnpassung initiiert, das unter www.zentrum-klimaanpassung.de Möglichkeiten zur Beratung, Fortbildung und Vernetzung von Verantwortlichen und Beteiligten in den Kommunen sowie Trägern sozialer Einrichtungen bietet. Ob die bereitgestellten Informationen letztendlich aber auf das Interesse der relevanten Personen in der Gesellschaft stoßen und diese motivieren, rational und zielführend tätig zu werden, hängt in erheblichem Umfang von deren Problemwahrnehmung ab. Nur wenn dauerhaft ein breiter gesellschaftlicher Konsens besteht, dass der Klimawandel eine bleibende ernst zu nehmende Herausforderung ist, werden in Deutschland flächendeckend die notwendigen Anpassungsmaßnahmen konzipiert und umgesetzt. Daher ist das Wissen darüber, wie der Klimawandel und seine Folgen in der Gesellschaft wahrgenommen und bewertet werden, für den Bund eine wichtige Grundlage, um seine Informationspolitik angemessen ausgestalten und seine Förderaktivitäten zielführend ausrichten zu können.

Die gesellschaftliche Bewertung von Klimawandel und Anpassung ist das Ergebnis vieler, zum Teil komplex zusammenwirkender Faktoren. Entscheidend sind unter anderem das Auftreten von (Extrem-)Ereignissen und die damit verbundene persönliche Risikoeinschätzung. ⁠Klimaschutz⁠ und Anpassung rücken vor allem dann in das öffentliche Bewusstsein, wenn extreme Wetterereignisse und ihre Folgen viele Menschen im eigenen Land betreffen und große Schäden verursacht haben. Eine intensive Medienberichterstattung, die die Ereignisse in einen engen Zusammenhang mit dem Klimawandel stellt, fördert eine hohe Wahrnehmung. Wendet sich die öffentliche Aufmerksamkeit wieder verstärkt anderen Themen zu, nimmt die Bedeutung von Klimaschutz und Anpassung in der Regel ab. Weitere wichtige Faktoren neben dem aktuellen ⁠Wetter⁠- und Witterungsgeschehen sind das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates, der individuelle Informationsstand über Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten sowie die von der privaten und beruflichen Lebenssituation abhängigen Handlungsspielräume der Einzelnen.

Die repräsentative Bevölkerungsumfrage „Umweltbewusstsein in Deutschland“ wird regelmäßig im Auftrag des ⁠UBA⁠ durchgeführt.233 Sie enthält mehrere Fragen, die Rückschlüsse auf die Einstellungen und Einschätzungen der befragten Bürger*innen zu den Klimawandelfolgen für Deutschland zulassen. Seit 2002 gehört zum Fragenkatalog der Umweltbewusstseinsstudie auch die Frage, inwieweit die Befragten davon überzeugt sind, dass in Deutschland die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, zu bewältigen sind. Die Ergebnisse zu dieser Frage sind dem hier präsentierten ⁠Indikator⁠ zugrunde gelegt.

Für die zurückliegenden Jahre zeigen die Zeitreihen zu den einzelnen Antwortmöglichkeiten noch keine signifikanten Trends. Trotzdem ist festzustellen, dass bis zum Jahr 2006 die Mehrheit der Befragten wenig bis überhaupt nicht von der Bewältigbarkeit der Klimawandelfolgen überzeugt war. In den Jahren von 2008 bis 2012 stellte sich ein anderes Mehrheitsverhältnis ein, und die Einschätzungen fielen optimistischer aus. Im Jahr 2010 waren immerhin 56,0 % ziemlich oder sogar voll und ganz überzeugt, dass sich die Klimawandelfolgen in Deutschland bewältigen lassen. Seither wächst die Skepsis allerdings wieder, und 2014 war wieder mehr als die Hälfte der Befragten wenig oder überhaupt nicht überzeugt, dass in Deutschland die Probleme, die aus dem Klimawandel resultieren, bewältigbar sind. Bei den Erhebungen 2016 und 2021 haben jeweils rund zwei Drittel der Befragten diese Einschätzung geteilt. Als mögliche Gründe hierfür führte die Umweltbewusstseinsstudie 2016 an, dass die Menschen die Komplexität der Thematik stärker wahrnehmen oder die Folgen des Klimawandels intensiver im eigenen Alltag erleben.234 In beiden Studien wird der Klimawandel mehrheitlich als Bedrohung empfunden, 2021 sahen fast 80 % der Befragten durch seine Folgen die Lebensgrundlagen in Deutschland gefährdet. Dementsprechend hielten über 90 % der Befragten Anpassungsmaßnahmen für dringend erforderlich.

Die Bereitschaft zur persönlichen Anpassung an den Klimawandel wurde zwar nicht explizit abgefragt, sie kann aber als Teil der sozial-ökologischen Transformation betrachtet werden, die im Fokus der Umweltbewusstseinsstudie 2020 stand. Grundsätzlich wurden eine große Zustimmung zu Maßnahmen für ⁠Klima⁠- und Umweltschutz sowie eine Bereitschaft zu umweltorientiertem Verhalten festgestellt, gleichzeitig aber auch ⁠Unsicherheit⁠ und Überforderung, wenn es um die eigenen Handlungsmöglichkeiten im Transformationsprozess geht. Damit es zu eigenem Handeln kommt, sind für die Bürger*innen unterstützende Angebote, bessere und klarere Rahmenbedingungen, mehr Kommunikation und positive Anreize wichtig.235 Hier bestehen bislang offenbar Defizite, die sich möglicherweise auch darauf auswirken, wie die Beherrschbarkeit von Klimawandelfolgen eingeschätzt wird.

In einer qualitativen Vorstudie zur Umweltbewusstseinsstudie 2020 wurde ein weiterer Faktor identifiziert, der diese Einschätzung ebenfalls negativ beeinflussen kann. So bewertet ein Teil der Befragten die Reaktionen von Politik und Gesellschaft als viel zu zögerlich und dem Problem nicht angemessen.236 Damit das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit des Staates nicht leidet, ist es notwendig, über den politischen und gesellschaftlichen Diskurs zu konkreten und tragfähigen Lösungen und Maßnahmen zu kommen.

 

233 - infas – Institut für angewandte Sozialwissenschaft GmbH 2022: Tabellenband – Zusatzbefragung im Rahmen der Umweltbewusstseinsstudie 2020. Themenbereich: Klimaanpassung. Bonn, 39 S. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/2378/dokumente/tabellenband_ubs_zusatzbefragung_sept_2021_klimaanpassung.pdf.

234 - ⁠BMUB⁠ & UBA – Umweltbundesamt (Hg.) 2017: Umweltbewusstsein in Deutschland 2016. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Umweltbundesamt. Berlin, Dessau-Roßlau, 88 S.
https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/umweltbewusstsein-in-deutschland-2016.

235 - BMUV – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, UBA – Umweltbundesamt (Hg.) 2022: Umweltbewusstseinsstudie 2020. Ergebnisse einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage. Dessa-Roßlau, 82 S. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/ubs_2020_0.pdf.

236 - Stieß I., Sunderer G., Raschewski L., Stein M., Götz K., Belz J., Follmer R., Hölscher J., Birzle-Harder B. 2022: Repräsentativumfrage zum Umweltbewusstsein und Umweltverhalten im Jahr 2020. Texte 20/2022, Dessau-Roßlau, 170 S. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/479/publikationen/texte_20-2022_repraesentativumfrage_zum_umweltbewusstsein_und_umweltverhalten_im_jahr_2020.pdf.

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