Einführung

Monitoringbericht 2023 zur DAS - Einführung

Inhaltsverzeichnis

 

Anpassungsprozess an den Klimawandel in Deutschland

Im Rahmen der Deutschen ⁠Anpassungsstrategie⁠ an den ⁠Klimawandel⁠ (⁠DAS⁠) legt die Bundesregierung 2023 den dritten Monitoringbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel vor. Er beschreibt die Wirkungen des Klimawandels mit wissenschaftlich gesicherten Daten und informiert die Öffentlichkeit und die für Entscheidungen verantwortlichen Personen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens über die beobachteten Folgen des Klimawandels. Die mit Klimaveränderungen verbundenen Risiken betreffen alle gesellschaftlichen Bereiche und alle Ökosysteme, die mit ihren vielfältigen Strukturen und Dienstleistungen unsere Lebensgrundlage darstellen. Daher sind der Aufbau von Risikovorsorge und Anpassungskapazitäten eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Begrenzung der Erderwärmung und ihrer Auswirkungen stellt weltweit die zentrale politische Herausforderung des 21. Jahrhunderts dar und ist eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der Ziele der ⁠UN⁠-Agenda 2030 für nachhaltige EntwicklungI.
Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2008 unter der Federführung des Bundesumweltministeriums (⁠BMU⁠) die erste Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) vorgelegt und entwickelt diese seitdem kontinuierlich weiter. Übergreifendes Ziel der DAS ist, die ⁠Verwundbarkeit⁠ der Ökosysteme und der Gesellschaft gegenüber den Folgen des Klimawandels zu mindern und gleichzeitig die Widerstandskraft und ⁠Anpassungsfähigkeit⁠ dieser Systeme zu erhöhen. Die Arbeiten zur DAS erfolgen innerhalb der Bundesregierung unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (⁠BMUV⁠) über die Interministerielle Arbeitsgruppe ⁠Anpassung an den Klimawandel⁠ (IMAA), in die alle Bundesministerien und die ihnen zugeordneten wissenschaftlichen Behörden eingebunden sind. Alle Arbeiten im Rahmen der DAS erfolgen zudem in enger Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen.

Seit 2021 verstärkt die Bundesregierung die politische Steuerung der Klimaanpassung durch folgende Vorhaben:
* ein Bundesgesetz, das einen verbindlichen rechtlichen Rahmen zur Anpassung an den Klimawandel setzt,
* eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie mit messbaren Zielen sowie
* die Verankerung einer gemeinsamen Finanzierung zur Klimavorsorge und Klimaanpassung von Bund und Ländern.

Seit 2008 wurde ein Berichtswesen zur DAS mit verschiedenen, regelmäßig aktualisierten Elementen entwickelt: im Monitoringbericht zur DAS wird alle vier Jahre über ⁠Klimafolgen⁠ und Anpassung auf der Grundlage von gemessenen Daten berichtet. Alle sechs Jahre wird eine Klimawirkungs- und Risikoanalyse (KWRA) durchgeführt, in denen zukünftige Klimawirkungen und Risiken untersucht werden. Regelmäßig findet eine Evaluation der DAS statt. Auf diesen Grundlagen wird im Fortschrittsbericht zur DAS die Anpassungsstrategie weiterentwickelt und mit einem Aktionsplan (⁠APA⁠) unterlegt. Die Bundesregierung hat in den Jahren 20151 und 20202 Fortschrittsberichte vorgelegt und diese mit den Aktionsplänen 2015 und 2020 unterlegt.
Der Monitoringbericht 2023 informiert mithilfe von wissenschaftlichen Indikatoren zu Klimafolgen und Anpassung für die 16 Handlungsfelder der DAS. Mit der Klimawirkungs- und Risikoanalyse (KWRA 2021) wurden 2021 die 31 wichtigsten und dringendsten Handlungserfordernisse für Deutschland bestimmt3. Im Monitoringbericht 2023 werden für einige der dringendsten Handlungserfordernisse neue Indikatoren präsentiert, die es ermöglichen, Entwicklungen auf der Basis von gemessenen Daten zu beobachten. Gegenüber den ersten beiden Monitoringberichten wurde die Struktur weiterentwickelt. Einleitend wird nun für jedes Handlungsfeld ein Überblick gegeben, was im Klimawandel passiert und was bereits getan wird. Zudem werden Bezüge zur KWRA hergestellt sowie wichtige Daten- und Wissenslücken benannt. Die fachlichen Grundlagen des Monitoringberichts stützen sich auf eine Zusammenarbeit mit mehr als fünfzig Bundes- und Länderbehörden, Universitäten und Fachverbänden, die mit ihrer Expertise zur fachlichen Qualität der Indikatoren ebenso wie zur Zuverlässigkeit der Bewertung beitragen.
Die DAS-⁠Monitoring⁠-Indikatoren vermitteln eine umfassende Übersicht, welche Veränderungen sich durch den Klimawandel in Deutschland feststellen lassen und welche Anpassungsmaßnahmen bereits umgesetzt werden. Der Monitoringbericht 2023 dokumentiert die Vorsorgebemühungen des Bundes gegenüber den steigenden Risiken. Deutlich wird jedoch auch die enge wechselseitige Abhängigkeit von Erfolgen beim Klimaschutz und den Fortschritten bei der Klimaanpassung. Nur wenn die Anstrengungen zum Klimaschutz intensiviert werden, sind die Auswirkungen der Erderwärmung zu begrenzen und zu beherrschen. Gleichzeitig sind die vorsorgenden Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel wichtig und dringend, um den schon heute unvermeidbaren Auswirkungen entgegenzuwirken und die ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Schäden effektiv zu mindern.

 

Wie und wo zeigen sich Klimaänderungen in Deutschland?

Der letzte Monitoringbericht zur ⁠DAS⁠ erschien 2019. Seither war Deutschland wiederholt mit Hitzewellen, Dürren, Sturzfluten und Überschwemmungen konfrontiert. Die Folgen der Erderwärmung spiegeln sich in den gemessenen Daten des Monitoringberichts 2023 noch deutlicher als 2019: Die Temperaturen von Luft, Wasser und Boden stiegen weiter und damit verstärkten sich auch die Auswirkungen für Mensch, Umwelt, Wirtschaft und Infrastrukturen.
Im kollektiven Gedächtnis bleiben vor allem die Extremereignisse: Vom 12. bis 15. Juli 2021 brachte das Tiefdruckgebiet Bernd in verschiedenen Teilen Westeuropas extreme Regenfälle. In der Region um die Flüsse Ahr und Erft in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen kam es infolge der Sturzfluten und Überschwemmungen zu katastrophalen Schäden und Verlusten mit über 180 Todesopfern in Deutschland, die meisten im Ahrtal. Insgesamt entstanden versicherte Sachschäden an Wohngebäuden, Hausrat und Betrieben in Höhe von 8,1 Mrd. Euro (siehe ⁠IndikatorBAU-I-5). Das war der bislang höchste Schadenaufwand in der Sachversicherung von Elementarschäden. Die „World Weather Attribution“ (WWA), ein internationaler Zusammenschluss in der Wissenschaft tätiger Personen, untersuchte, wie stark das Auftreten dieses extremen Wetterereignisses mit dem ⁠Klimawandel⁠ verbunden ist. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich die Wahrscheinlichkeit, dass es zu solchen extremen Regenfällen kommt, durch den Klimawandel um das 1,2- bis 9-Fache erhöht hat4.
Der Monitoringbericht zeigt: Neben ⁠Starkregen⁠ und Überschwemmungen sind auch Extremereignisse wie Hitze und ⁠Dürre⁠ mit all ihren Folgen in Deutschland messbar angekommen. Die Sommer mit starken Hitzewellen und bis dato höchsten gemessenen Lufttemperaturen häufen sich; beispielsweise wurde im Juli 2022 erstmals nördlich des 53. Breitengrads an der Station Hamburg-Neuwiedenthal eine Temperatur von über 40 °C gemessen5. Die Hitzeperioden belasteten in den Jahren 2018, 2019, 2020 und zuletzt 2022 besonders die Bevölkerung in Großstädten. In Berlin, Frankfurt am Main und München traten ⁠Heiße Tage⁠ mit Tageshöchsttemperaturen von mindestens 30 °C und ⁠Tropennächte⁠, in denen die Temperaturen nicht unter 20 °C sanken, deutlich häufiger auf als im deutschlandweiten Mittel. Zwischen 2018 und 2020 starben etwa 19.300 Menschen zusätzlich infolge von Hitze in Deutschland (siehe Indikator GE-I-2).
Auch bei Infrastrukturen und Wasserwegen führten Hitzewellen und Trockenheit zu Funktionseinschränkungen. So kam es zu technischen Behinderungen im Güter- und Personenverkehr sowie zu teilweise massiven Einschränkungen der Stromproduktion in Atom- und Kohlekraftwerken in Deutschland und in anderen Staaten des europäischen Stromverbunds. Wegen hoher Gewässertemperaturen stand einerseits nicht genügend Kühlwasser zur Verfügung, andererseits konnte die Kohle wegen Niedrigwasser nur in reduziertem Umfang per Schiff angeliefert werden.
Die genannten Jahre mit den heißen Sommern waren auch von geringen Niederschlägen geprägt, die regional zu starken Dürren führten. In der Wasserbilanz kam es zwischen 2018 und 2020 zu massiven Verlusten. Schon seit der Jahrtausendwende verliert Deutschland 2,5 Gigatonnen beziehungsweise Kubikkilometer Wasser pro Jahr (siehe Indikator WW-I-1). In den Jahren 2019 bis 2021 wurden vielerorts Rekordunterschreitungen der langjährigen niedrigsten Grundwasserstände an den Messstellen ermittelt. Die Wirkungen der Dürrejahre sind auch 2023 noch nicht ausgeglichen. Eine unzureichende Bodenwasserverfügbarkeit führte zu Ertragseinbußen in der Landwirtschaft. In den deutschen Wäldern hat wegen des Trockenstresses und des damit verbundenen Käferbefalls die Kronenverlichtung stark zugenommen. Seit 2019 sind die Absterberaten von Bäumen bei allen Baumarten sprunghaft angestiegen. Die extrem trockene ⁠Witterung⁠ schlug sich auch deutlich im Waldbrandgeschehen nieder. Es kam zu erheblich mehr und in den nordöstlichen Bundesländern auch zu großflächigen Waldbränden.
Trotz der Dürre kam es in den zurückliegenden Jahren vor allem im Sommerhalbjahr regional auch zu teilweise extremen Überschwemmungen, in denen die langjährigen mittleren Hochwasserabflüsse an einigen Pegeln um ein Vielfaches überschritten wurden. Der scheinbare Widerspruch zwischen Dürre und extremen Hochwässern bildet tatsächlich einen Wirkungszusammenhang ab: Einerseits nimmt wärmere Luft mehr Feuchtigkeit auf, wodurch sich das Risiko für Starkregen erhöht, andererseits nehmen Trockenphasen zu. Eine der Folgen: Ausgetrocknete Böden können dann bei Starkregen das Wasser nicht aufnehmen und speichern, sodass das Regenwasser an der Oberfläche abfließt und die Flüsse rasch ansteigen und über die Ufer treten lässt.

 

DAS-Monitoring-Indikatorensystem

Indikatoren

Für den dritten Monitoringbericht 2023 wurde das Indikatorensystem des ⁠DAS⁠-Monitorings von 2019 überprüft und weiterentwickelt. Insgesamt umfasst das DAS-⁠Monitoring⁠-Indikatorensystem nach der Weiterentwicklung 117 Monitoring-Indikatoren: 67 Indikatoren beschreiben Auswirkungen des Klimawandels (Impact-Indikatoren), 45 Anpassungsmaßnahmen oder Aktivitäten und Bedingungen, die den Anpassungsprozess unterstützen (Response-Indikatoren); hinzu kommen 5 handlungsfeldübergreifende Monitoring-Indikatoren.
64 Indikatoren aus dem Monitoringbericht 2019 wurden unter Beibehaltung der Methodik aktualisiert. 25 Indikatoren wurden auf der Grundlage neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse und / oder veränderter Datengrundlagen überarbeitet und erscheinen daher in abgewandelter Form, in der überwiegenden Zahl aber mit unverändertem Indikatortitel. 15 Indikatoren wurden aus dem Set gestrichen, da es die dazugehörige Datenquellen nicht mehr gibt, sie durch andere Indikatoren ersetzt werden konnten oder der indizierte Sachverhalt aus heutiger Sicht mit den genutzten Daten nicht mehr adäquat abgebildet werden kann. Die meisten Streichungen (jeweils 5 Indikatoren) gab es in den Handlungsfeldern „Energiewirtschaft“ und „Tourismuswirtschaft“. Hier wurden die engen Verbindungen der bisher dargestellten Sachverhalte mit dem ⁠Klimawandel⁠ infrage gestellt. 4 Indikatoren wurden ruhend gestellt, da sie sich gegenüber dem Bericht 2015 noch immer nicht aktualisieren lassen und / oder weil methodische Überarbeitungen unmittelbar bevorstehen. Es besteht die Erwartung, dass diese im Monitoringbericht 2027 (möglicherweise auch in veränderter Form) wieder erscheinen werden. 28 Indikatoren wurden neu erstellt und werden im Monitoringbericht 2023 erstmalig präsentiert. Neuerungen gab es in nahezu allen Handlungsfeldern. Die neuen Indikatoren ersetzen aus dem Set entnommene Indikatoren oder adressieren neue Themenfelder, die bisher im Monitoring nicht betrachtet wurden. Sie erhöhen die thematische Bandbreite und verbessern die Qualität der Darstellungen.
Im Handlungsfeld „Wasserhaushalt und Wasserwirtschaft“ erfolgten die Überarbeitungen und die Neuentwicklungen von Indikatoren in enger Zusammenarbeit mit Sachverständigen aus Bund und Ländern in der Kleingruppe Klimaindikatoren der Bund/Länderarbeitsgruppe Wasser (⁠LAWA⁠). Aufgabe der vom Ständigen Ausschuss Klimawandel (⁠LAWA⁠-AK) eingesetzten Gruppe war es, eine länderübergreifende Einigung zu Indikatoren herbeizuführen, mit denen sich die Klimawandelwirkungen auf den Wasserbereich beschreiben lassen. Im Rahmen eines Forschungsvorhabens (DASIF) im Auftrag des Umweltbundesamtes (⁠UBA⁠) wurden drei Indikatoren neu entwickelt, die auf Satellitendaten beruhen und bisherige Fallstudien-Indikatoren (siehe unten) ersetzen und dadurch nun bundesweite Aussagen zulassen. Im Rahmen eines weiteren UBA-Vorhabens wurde ein ⁠Indikator⁠ zum Handlungsfeld „Boden“ neu entwickelt und in das DAS-Indikatorenset eingebracht.
Grundsätzlich haben alle Monitoring-Indikatoren zum Ziel, bundesweite Entwicklungen durch Zeitreihen abzubilden. Für thematische Aspekte, zu denen noch keine bundesweite Datengrundlage für die Indikatorbildung zur Verfügung steht, ließen sich teilweise Fallstudien entwickeln. Im Monitoringbericht 2023 zeigen 13 solcher Fallstudien anhand räumlich begrenzter Datensätze, welche Aussagen sich bei entsprechender Datenverfügbarkeit auch bundesweit generieren ließen. Für den Monitoringbericht 2023 ist es gelungen, mehrere im Monitoringbericht 2019 noch als Fallstudien geführte Indikatoren zu bundesweit gültigen Indikatoren weiterzuentwickeln.
Regionale Differenzierungen der Indikatordarstellungen sind im bundesweiten Monitoringbericht grundsätzlich nicht vorgesehen. In einzelnen Fällen sind bundesweit gemittelte Aussagen aber nur schwer interpretierbar. Mit Zeitreihen für einzelne Großräume (wie Nord, Süd) können Indikatoren dann, bei entsprechender Datenverfügbarkeit, spezifischere Aussagen liefern. Als neues Element werden in den Monitoringbericht 2023 nun auch einzelne Kartendarstellungen integriert. Sie ergänzen die Zeitreihendarstellungen um regionale Differenzierungen für eine aktuelle Periode.
Datenschluss für die Aktualisierung der Zeitreihen im vorliegenden dritten Monitoringbericht war der 30. September 2022. Grundsätzlich ist daher das Jahr 2021 das letztgenannte Datum in den Indikator-Grafiken. Wo dies sinnvoll beziehungsweise notwendig erschien, wird in den Berichtstexten ein Ausblick auf die Entwicklungen im Jahr 2022 gegeben.

Umgang mit Unsicherheiten

Nicht alle relevanten Klimawirkungen und Anpassungsaktivitäten lassen sich mit quantitativen Monitoring-Indikatoren abbilden. Einige Datenerhebungen stehen erst am Anfang; zur Interpretation der Entwicklungen bedarf es aber längerer Zeitreihen. Die unvermeidbaren Beschränkungen der Datenverfügbarkeit haben auch zur Folge, dass die derzeit verwendete Anzahl von Monitoring-Indikatoren in den Handlungsfeldern nicht unbedingt die Bedeutung desselben widerspiegelt.
Bei vielen Monitoring-Indikatoren lassen sich kausale Zusammenhänge zwischen den beobachtbaren Veränderungen in Umwelt, Gesellschaft oder Wirtschaft und dem Klimawandel zwar qualitativ beschreiben, aber in ihrer Bedeutung nicht sicher bestimmen, da ökologische und gesellschaftliche Systeme durch vielfältige Faktoren beeinflusst werden. So sind beispielsweise bei der Beurteilung von Waldschäden neben den Folgen des Klimawandels, wie vermehrte sommerliche Hitze- und Trockenheitsperioden oder starke Stürme, auch umfangreiche nicht klimatische Wirkungskomplexe zu berücksichtigen, die die Baumgesundheit beeinträchtigen, zum Beispiel Nährstoffeinträge, ⁠Versauerung⁠ und hohe Ozonkonzentrationen. Bei der (Weiter-)Entwicklung des DAS-Monitoring-Indikatorensystems wurden und werden Ursache-Wirkungsbeziehungen intensiv diskutiert und die Indikatoren an den Stand des Wissens angepasst.
Unschärfen der Interpretation ergeben sich auch für die Maßnahmenseite. Etliche Maßnahmen wie der Betrieb des Hitzewarndienstes des ⁠DWD⁠ werden speziell für die Klimaanpassung ergriffen. Andere Maßnahmen tragen ebenfalls zur Anpassung bei, dienen aber nicht allein diesem Zweck. Beispielsweise haben naturbasierte Maßnahmen wie der Waldumbau oder die Gebäudebegrünung vielfältige positive Wirkungen, für die sie primär geplant und umgesetzt werden. Sie unterstützen in jedem Fall auch einen wirkungsvollen Anpassungsprozess.
In Anbetracht der unvermeidbaren Unsicherheiten und Unschärfen ist vorgesehen, das System der Monitoring-Indikatoren auch künftig jeweils im Prozess der Fortschreibung zu überprüfen und weiterzuentwickeln.

Bewertung der Entwicklungen

Die DAS-Monitoring-Indikatoren sollen eine Bewertung der beobachteten Entwicklungen ermöglichen. Maßstab ist die Zielsetzung der DAS, die ⁠Verwundbarkeit⁠ gegenüber den Folgen des Klimawandels zu verringern sowie die ⁠Anpassungsfähigkeit⁠ natürlicher und gesellschaftlicher Systeme an die unvermeidbaren Auswirkungen des Klimawandels zu erhalten und zu steigern. Die Politikziele der verschiedenen Handlungsfelder sollen auch unter sich ändernden klimatischen Rahmenbedingungen erreichbar sein.
Die Anpassungsziele befinden sich derzeit in einem breit angelegten Diskussionsprozess. Angestrebt wird dabei die Entwicklung quantifizierter Ziele, deren Erreichung sich mithilfe geeigneter, zum Teil neu zu entwickelnder Indikatoren konkret überprüfen lassen soll. Die künftige Weiterentwicklung des DAS-Monitoring-Indikatorensystems wird auch diese neuen Indikatoren integrieren. Für die aktuellen Monitoring-Indikatoren gibt es noch keine quantifizierten Ziele, die eine Bewertung der Zeitreihen ermöglichen würden. Die Bewertung beschränkt sich aus diesem Grund auf die Ergebnisse der statistischen Trendanalyse und eine Beurteilung, ob der Trend grundsätzlich der Zielrichtung der DAS entspricht. Nicht in allen Fällen erscheint allerdings eine positive oder negative Bewertung der Trends sinnvoll, da die Konsequenzen der Veränderungen nicht vollständig bekannt sind. Beispielsweise ist eine frühere Blüte von Winterraps als Folge des Klimawandels zwar ein Zeichen dafür, dass der Klimawandel Auswirkungen auf die landwirtschaftlichen Kulturen hat, die frühere Blüte ist aber per se nicht positiv oder negativ zu bewerten, da sie Teil ökologischer Beziehungen und Abhängigkeiten ist. In solchen Fällen beschränkt sich die Darstellung lediglich auf das Ergebnis der Trendanalyse, und es wird keine Bewertung vorgenommen.
Im Rahmen der statistischen Trendanalyse wurden die Zeitreihen bezüglich ihrer Trendverläufe klassifiziert. Die Trendanalyse wurde für alle Indikatoren unter Anwendung desselben statistischen Verfahrens vorgenommen. Das im Monitoringbericht 2019 angewandte Verfahren wurde dabei methodisch weiterentwickelt. Geprüft wird sowohl auf lineare (steigende und fallende) Trends als auch auf Trends mit einer Trendumkehr (quadratischer Trend). Durch Letztere lassen sich insbesondere bei Betrachtung längerer Zeitreihen auch Entwicklungsverläufe beschreiben, bei denen sich ursprünglich negativ zu bewertende Trends durch erfolgreich verlaufende Anpassungsmaßnahmen in jüngerer Zeit zum Positiven gewendet haben oder umgekehrt. Die Analyse auf lineare Trends erfolgt für alle Zeitreihen ab 7 Datenpunkten, die für quadratische Trends ab 13 Datenpunkten. In die Trendanalyse werden dabei alle Datenpunkte der verfügbaren Zeitreihe einbezogen. Datenreihen, die über zu wenige Datenpunkte verfügen oder auf unregelmäßigen und zeitlich weit auseinanderliegenden Erhebungen basieren, werden von der Analyse ausgeschlossen. Zusätzlich wird bei Datenreihen mit mindestens 30 Datenpunkten nun auch eine statistische Bruchpunktanalyse durchgeführt, die Zeitreihen auf signifikante Entwicklungssprünge oder -änderungen prüft. Grundsätzlich fließen immer alle Datenpunkte einer Zeitreihe in die Trendanalyse ein. Bei Indikatoren, die Zeitreihen unterschiedlicher Länge darstellen, sind die ermittelten Trends daher nur eingeschränkt miteinander vergleichbar. Für methodische Details zur Trendanalyse wird auf das „Organisationshandbuch zum DAS-Monitoring“ verwiesen.

 

I - Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 25. September 2015 „Transformation unserer Welt: die ⁠UN⁠-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ (www.un.org/depts/german/gv-70/band1/ar70001.pdf). Im Nachhaltigkeitsziel 13 ist vorgegeben, Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels und seiner Auswirkungen zu ergreifen und die Widerstandskraft und die Anpassungsfähigkeit gegenüber klimabedingten Gefahren und Naturkatastrophen in allen Ländern zu stärken.

1- Die Bundesregierung (Hg.) 2015: Fortschrittsbericht zur Deutschen ⁠Anpassungsstrategie⁠ an den Klimawandel. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. 275 S. https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimawandel_das_fortschrittsbericht_bf.pdf

2 - Die Bundesregierung (Hg.) 2020: Zweiter Fortschrittsbericht zur Deutschen Anpassungsstrategie an den Klimawandel. 61 S. und Anhänge. https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimawandel_das_2_fortschrittsbericht_bf.pdf

3 UBA – Umweltbundesamt (Hg.) 2022: Die Risiken des Klimawandels für Deutschland – Ergebnisse der Klimawirkungs- und Risikoanalyse 2021 sowie Schlussfolgerungen der Interministeriellen Arbeitsgruppe „Anpassung an den Klimawandel“. Dessau-Roßlau, 19 S.
https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/376/publikationen/2022_fachbroschure_die_risiken_des_klimawandels_fur_deutschland_220218.pdf

4 - Tradowsky J. S., Philip S. Y., Kreienkamp F., Kew S. F., Lorenz P., Arrighi J., Bettmann T., Caluwaerts S., Chan S. C., Cruz L. de, Vries H. de, Demuth N., Ferrone A., Fischer E. M., Fowler H. J., Goergen K., Heinrich D., Henrichs Y., Kaspar F., Lenderink G., Nilson E., Otto F. E., Ragone F., Seneviratne S. I., Singh R. K., Skålevåg A., Termonia P., Thalheimer L., van Aalst M., van den Bergh J., van de Vyver H., Vannitsem S., van Oldenborgh G. J., van Schaeybroeck B., Vautard R., Vonk D., Wanders N. 2023: Attribution of the heavy rainfall events leading to severe flooding in Western Europe during July 2021. Climatic Change, 176 (7): 1-38.

5 - DWD – Deutscher Wetterdienst (Hg.) 2022: Klimatologischer Rückblick Sommer 2022. https://www.dwd.de/DE/leistungen/besondereereignisse/temperatur/20220921_bericht_sommer2022.pdf


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