IRL2024 - A24

Inhaltsverzeichnis

Disclaimer: Dieser Artikel ist ein Beitrag im Rahmen der Konferenz "Innenraumluft 2024" und spiegelt nicht die Meinung des Umweltbundesamtes wider. Für die Inhalte sind die genannten Autoren und Autorinnen verantwortlich.

Autoren
Gerhard A. Wiesmüller1, 2, 3, Birger Heinzow4, Julia Hurraß3

1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Uniklinik RWTH Aachen, Pauwelsstraße 30, 52074 Aachen
2
Labor Dr. Wisplinghoff, Horbeller Straße 18-20, 50858 Köln
3
ZfMK - Zentrum für Umwelt, Hygiene und Mykologie Köln, Horbeller Straße 18-20, 50858 Köln
4
Ehemals: Landesamt für soziale Dienste (LAsD) Schleswig-Holstein, Adolf-Westphal-Straße 4, 24143 Kiel

Empfohlene Zitierweise: Wiesmüller, G., Heinzow, B., Hurraß, J. (2024). AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen" – Update 2023 (AWMF-Register-Nr. 161/001). Beitrag A24 zur Fachtagung „Innenraumluft 2024 - Messen, Bewerten und Gesundes Wohnen“, 6.-8. Mai 2024, Dessau-Roßlau. https://www.umweltbundesamt.de/irl2024-a24

 

AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen" – Update 2023 (AWMF-Register-Nr. 161/001)

Die AWMF-(Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften)-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen" wurde im Oktober 2023 aktualisiert und wird in diesem Beitrag mit ihren Kernaussagen präsentiert.

 

Einleitung

Nach wie vor ist Feuchtigkeit und Schimmel in Innenräumen in Deutschland mit einer selbstberichteten Häufigkeit des Auftretens in jeder fünften bis sechsten Wohnung [16] ein bedeutendes Gesundheitsproblem. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Anzahl der Feuchte-/Schimmelschäden infolge der in jüngster Zeit verstärkten Anforderungen zum Energiesparen, die in vielen Gebäuden zu unzureichendem Heizen und Lüften geführt haben, weiter erhöhen wird.
Obwohl die Innenraumhygiene-Kommission des Umweltbundesamtes [6, 7, 8] schon vor über 20 Jahren zum Thema „Schimmelpilze untersuchen, bewerten und sanieren“ Stellung bezogen hat und ihre Leitfäden allgemein als Stand des Wissens anerkannt sind und zudem Stellungnahmen der ⁠WHO⁠ 2009 [23] und der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch-Institutes [10] vorliegen, in denen der Stand des Wissens zum Thema „Schimmelpilze und gesundheitliche Bewertung“ wissenschaftlich fundiert zusammengefasst wurde, gibt es immer noch eine Flut unseriöser Informationen.
Aus diesen Gründen hat die Gesellschaft für Hygiene, Umweltmedizin und Präventivmedizin (GHUP) in Zusammenarbeit mit anderen wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften aus Deutschland und Österreich, Ärzteverbänden und Expert*innen u. a. aus den Bereichen Allergologie, Arbeitsmedizin, Dermatologie, Infektiologie, Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Mikrobiologie, Öffentliche Gesundheit, Pneumologie und Sozialmedizin die erstmals im April 2016 herausgegebene AWMF-Schimmelpilz Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen" [22] überarbeitet. Die aktualisierte Leitlinie sowie eine Kurzfassung für Betroffene mit einem Feuchte-/Schimmelschaden im Innenraum können auf der Homepage der AWMF heruntergeladen werden.

 

Was ist neu in der aktualisierten AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie [4]?

In der vorliegenden aktualisierten Leitlinie gibt es folgende Neuerungen:

  1. aktualisierte und umfangreichere Literaturrecherche
  2. aktualisierte Bewertung von mit Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen in Verbindung gebrachten Erkrankungen in der Tabelle Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten
  3. Bewertung von neuen mit Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen in Verbindung gebrachten Erkrankungen in der Tabelle Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten
  4. Hinweis im Leitlinientext zur Einordnung von Erkrankungen in der Leitlinien-Tabelle Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/ Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten
  5. mehr und klarer formulierte Kernbotschaften
  6. Kennzeichnung der Kernbotschaften, ob sie im Jahr 2023 geprüft, modifiziert oder neu hinzugekommen sind
  7. Benennung der Konsensstärke zu jeder Kernbotschaft
  8. Verknüpfung der Kernbotschaften zu den jeweiligen Abschnitten im Leitlinientext
  9. aktualisierte Querverweise zu anderen Leitlinien
  10. zu den einzelnen Erkrankungen Querverweise zu Diagnostik und Therapie
  11. Aufnahme von zwei weiteren Risikogruppen für Feuchte-/Schimmelschäden im Innenraum
  12. Darstellung der Gründe, warum ein eindeutig kausaler Ursachen-Wirkungszusammenhang aus der einfachen Übereinstimmung einer messtechnisch erfassten Schimmelpilzexposition und möglichen gesundheitlichen Wirkungen nicht hergestellt werden kann
 

Durch Schimmelpilze verursachte Gesundheitsprobleme und Erkrankungen

Epidemiologische Studien zeigen übereinstimmend studienübergreifend einen Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelschäden in Innenräumen und gesundheitlichen Effekten, v. a. Atemwegsbeschwerden, Augen-, Nasen- und Rachenreizungen (Irritation), verstopfter Nase, Giemen und Pfeifen (wheezing), trockenem Husten, Schlafstörung, Schnarchen und Müdigkeit [18, 21]. Die AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie – Update 2023 [4] beschränkt sich im Wesentlichen auf Krankheitsbilder und weniger auf Symptome. In Tabelle 1 ist die Evidenz für Assoziationen von Feuchte-/Schimmelschäden und unterschiedlichen Gesundheitseffekten zusammengestellt.

Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten (in alphabetischer Reihenfolge) [4]. * = Die hier aufgeführten Erkrankungen können unter dem Begriff Building Related Illness (BRI) subsumiert werden, auch wenn für BRI gefordert wird, dass Ätiologie, Pathologie, Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Prognose eindeutig bekannt sind [14, 19].
Tabelle 1: AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie

Evidenz für den Zusammenhang zwischen Feuchte-/Schimmelexposition in Innenräumen und Krankheiten (in alphabetischer Reihenfolge) [4]. * = Die hier aufgeführten Erkrankungen können unter dem Begriff Building Related Illness (BRI) subsumiert werden, auch wenn für BRI gefordert wird, dass Ätiologie, Pathologie, Pathophysiologie, Diagnostik, Therapie, Prävention und Prognose eindeutig bekannt sind [14, 19].

Quelle: Hurraß et al. Tabelle 1: Excel-Datei
 

Rationale Diagnostik bei Schimmelexposition in Innenräumen

Die rationale Diagnostik umfasst unter der Beachtung von Risikofaktoren wie z. B. Abwehrschwäche und Atopie nach Anamnese und körperlicher Untersuchung bei Hinweisen auf Atopie eine gezielte Allergiediagnostik mit Haut-Pricktest und/oder Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper, ggf. ergänzt durch Provokationstests und zelluläre Testsysteme. Bzgl. der Diagnostik invasiver Schimmelinfektionen wird auf die spezifischen Leitlinien verwiesen. Hinsichtlich der Mykotoxine gibt es derzeit keine nützlichen und validierten Testverfahren für die klinische Diagnostik. Schimmelpilzmessungen in Innenräumen sind aus medizinischen Gründen selten sinnvoll. Innenraummessungen von MVOC und/oder Myktoxinen sowie HBM-Untersuchungen auf bestimmte Schimmelpilzbestandteile oder -metabolite haben keine Anwendung in der medizinischen Diagnostik. Bei sichtbarem Schimmelbefall sollen statt der quantitativen und qualitativen Bestimmung der Schimmelpilzspezies die Ursachen des Befalls geklärt werden, so dass schnell mit der Sanierung begonnen werden kann [4]. Auf dieser Grundlage wurde ein Algorithmus zur Abklärung vermuteter Innenraumschimmel-assoziierter Gesundheitsstörungen entwickelt [5].

 

Kernbotschaften der aktualisierten AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie

Im Folgenden sind die Kernbotschaften der Leitlinie [4] aufgeführt, die gleichzeitig die Kernempfehlungen der Leitlinie enthalten (Die Stärke der Empfehlung wird durch folgende Begriffe ausgedrückt: starke Empfehlung: "soll", Empfehlung: "sollte", offene Empfehlung: "kann erwogen werden". Die Konsensstärke wurde nach den Vorgaben der AWMF festgelegt: > 95% = starker Konsens, >75% bis ≤ 95% = Konsens, > 50% bis ≤ 75% = mehrheitliche Zustimmung, ≤ 50% = keine mehrheitliche Zustimmung.):

  1. Schimmelbefall in relevantem Ausmaß soll in Innenräumen aus Vorsorgegründen nicht toleriert werden. Zur Beurteilung des Schadensausmaßes sei auf den „Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden“ des Umweltbundesamtes verwiesen [8]. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  2. Die wichtigsten Maßnahmen bei Schimmelexpositionen im Innenraum sind Ursachenklärung und sachgerechte Sanierung [8]. geprüft 2023, Konsensstärke > 95%
  3. Aus medizinischer Indikation sind Schimmelpilzmessungen im Innenraum selten sinnvoll. In der Regel kann bei sichtbarem Schimmelbefall sowohl auf eine quantitative als auch auf eine qualitative Bestimmung der Schimmelpilzspezies verzichtet werden. Vielmehr sollen die Ursachen des Befalls aufgeklärt werden, anschließend sollen Befall und primäre Ursachen beseitigt werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  4. In der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition hat das Umweltmonitoring von Mykotoxinen in der Innenraumluft und im Hausstaub keine Indikation. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  5. In der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition hat das Umweltmonitoring von Microbial Volatile Organic Compounds (Mikrobiologisch produzierte flüchtige organische Komponenten; MVOC) in der Innenraumluft keine Indikation. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  6. Schimmelexpositionen können allgemein zu Irritationen der Schleimhäute (Mucous Membrane Irritation, MMI), Geruchswirkungen und Befindlichkeitsstörungen führen. geprüft 2023, Konsensstärke > 95%
  7. Spezielle Krankheitsbilder bei Schimmelexposition betreffen Allergien und Schimmelpilzinfektionen (Mykosen). geprüft 2023, Konsensstärke > 95%
  8. Ärzt*innen sollen in Fällen eines vermuteten Zusammenhangs von Feuchte/Schimmelschäden in Innenräumen und Erkrankungen, für die es keine Evidenz in Bezug auf einen solchen Zusammenhang gibt (z. B. akuter idiopathischer pulmonaler Hämorrhagie bei Kindern, Arthritis, Autoimmunerkrankungen, Chronischem Müdigkeitssyndrom (CFS), Endokrinopathien, gastrointestinalen Effekten, Krebserkrankungen, luftgetragenen Mykotoxikosen, multipler chemischer ⁠Sensitivität⁠ (MCS), Multipler Sklerose, neuropsychologischen Effekten, neurotoxischen Effekten, Plötzlichem Kindstod, renalen Effekten, Reproduktionsstörungen, Rheuma, Schilddrüsenerkrankungen, Sick-Building-Syndrom (SBS), Teratogenität und Urtikaria), Betroffene sachlich über den Stand des Wissens informieren. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  9. Besonders zu schützende Risikogruppen sind:
    1. Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (⁠RKI⁠) [9]
    2. Personen mit schwer verlaufender Influenza
    3. Personen mit schwer verlaufender COVID-19
    4. Personen mit Mukoviszidose (Zystischer Fibrose)
    5. Personen mit Asthma bronchiale
      modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  10. Schimmelpilzallergiker*innen und Personen mit das immunologische Abwehrsystem schwächenden Erkrankungen sollen über die Gefahren von Schimmelexpositionen im Innenraum und über Maßnahmen zur Prävention sachlich aufgeklärt werden und entsprechende Expositionen minimieren. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  11. Grundsätzlich sind bei entsprechender ⁠Exposition⁠ sehr viele Schimmelpilzarten geeignet, Sensibilisierungen und Allergien hervorzurufen. Im Vergleich zu anderen Umweltallergenen ist das allergene Potential aber insgesamt als geringer einzuschätzen [2, 3]. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  12. Atopiker*innen weisen als Polysensibilisierte oft IgE-Antikörper auch gegen Schimmelpilze auf, was jedoch nicht zwangsläufig einen Krankheitswert hat. Die klinische Ausprägung der allergischen Reaktion korreliert nicht mit der Höhe des spezifischen IgE-Titers. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  13. Kernelemente einer Typ I-Allergiediagnostik sind die Anamnese, die Hauttestung, die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper sowie die Provokationstestung. Im Falle einer Allergischen bronchopulmonalen Aspergillose (ABPA) sollte zusätzlich die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern erfolgen. Bei der Exogen-allergischen Alveolitis (EAA) soll serologisch nur die Bestimmung von spezifischen IgG-Antikörpern erfolgen. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  14. Der Nachweis von spezifischem IgE oder einer positiven Reaktion im Hauttest bedeuten zunächst nur, dass eine spezifische Sensibilisierung gegenüber entsprechenden Allergenen vorliegt. Eine klinisch relevante Allergie stellt sich dann erst im Zusammenhang mit typischen allergischen Symptomen dar. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  15. Ein negatives Ergebnis einer Hauttestung oder einer spezifischen IgE-Testung auf Schimmelpilze schließen eine Sensibilisierung auf Schimmelpilze nicht sicher aus. Gründe dafür sind u.a. die unterschiedliche Zusammensetzung und Qualität von Testextrakten oder das fehlende Vorhandensein relevanter Allergene. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  16. Die Bestimmung spezifischer IgG-Antikörper im Zusammenhang mit der Diagnostik einer Schimmelpilzallergie vom Soforttyp (Typ I-Allergie) hat keine diagnostische Bedeutung und soll daher nicht durchgeführt werden. Dies gilt auch für den Nachweis von Immunkomplexen z. B. mittels Ouchterlony-Test. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  17. Galactomannan im Serum soll nur zur Diagnostik bei Verdacht auf eine invasive pulmonale Aspergillose durchgeführt werden, ansonsten besteht keine Indikation in der Diagnostik bei Schimmelexposition. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  18. Die Bestimmung von Eosinophilem Cationischen Protein (ECP) und β-1,3-D-Glucan (BDG) im Serum hat keine Indikation und soll in der medizinischen Diagnostik bei Schimmelexposition nicht durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  19. Der Basophilen-Degranulationstest und Histaminfreisetzung (HLT = Histamin-Liberations-Test), der Basophilen-Aktivierungstest mithilfe der Durchflusszytometrie und die Bestimmung anderer Mediatoren (Sulfidoleukotrien-Freisetzungstest, Cellular-Antigen-Stimulation-Test (CAST-ELISA)) finden Anwendung in der Spezialdiagnostik, sollten jedoch nicht in der Basis-Allergiediagnostik durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  20. Lymphozytentransformationstestungen (LTT) auf Schimmelpilze sind als diagnostische Verfahren nicht indiziert [11] und sollen deshalb nicht durchgeführt werden. modifiziert 2023; Konsensstärke > 95%
  21. Der Vollbluttest (VBT) ist kein geeignetes Instrument zum Nachweis einer Schimmelpilzsensibilisierung und soll daher nicht durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  22. Invasive Schimmelpilz-Infektionen sind selten und erfolgen am ehesten inhalativ. In der Praxis ist von den in den Risikogruppen 2 und 3 nach TRBA 460 [20] eingestuften Schimmelpilzen die Bedeutung von Aspergillus fumigatus als wichtigstem Mykoseerreger am höchsten. Betroffen sind ganz überwiegend Personen mit allgemeiner starker oder sehr starker Immunschwäche (gemäß KRINKO Grad 2 und 3 [9]). Bei entsprechender Disposition soll dieses Risiko besonders beachtet werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  23. Mikrobiologische, immunologische, molekularbiologische und radiologische Verfahren sind Kernelemente der Schimmelpilzinfektionsdiagnostik und sollen je nach Indikation eingesetzt werden. modifiziert 2023, Konsensstärke > 95%
  24. In der medizinischen Diagnostik bei Innenraum-Schimmelexposition hat das Human-Biomonitoring von Mykotoxinen keine Indikation und soll daher nicht durchgeführt werden. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  25. Folgende diagnostische Methoden sollen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden, weil es hierfür keine ausreichende wissenschaftliche Evidenz gibt (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Nachweis von Schimmelpilzen im Blut, Bestimmung von gegen Schimmelpilze gerichteten IgA-Antikörpern, Bestimmung von Lymphozyten-Subpopulationen, Bestimmung von Zytokinen, Bestimmung des oxidativen Stresses, Visual Contrast Sensitivity Test (VCS-Test), Tränenfilmabrisszeit. neu 2023, Konsensstärke > 95%
  26. Folgende diagnostische Methoden sollen mangels medizinisch- naturwissenschaftlicher Grundlagen bei Innenraum-Schimmelexpositionen nicht durchgeführt werden (ohne Anspruch auf Vollständigkeit): Elektroakupunktur nach Voll, Bioresonanzverfahren, Pendeln, Vega-Test, Decoder-Dermographie, Biotonometrie, Biotensor, Kirlianfotografie (Plasmaprintverfahren, energetische Terminalpunktdiagnose), Regulationsthermographie nach Rost, Aurikulodiagnostik, Kinesiologie, Auraskopie, Irisdiagnostik, zytotoxische Bluttests, Provokations- und Neutralisationstest (PN-Test). neu 2023, Konsensstärke > 95%
 

Fazit

Schimmelpilzmessungen in den betroffenen Innenräumen sind im Regelfall zur weiteren medizinischen Abklärung nicht erforderlich. Bei einem begründeten Verdacht auf Schimmel-assoziierte Erkrankungen sollten die entsprechenden Fachärzt*innen (Allergologie, Umweltmedizin, Pneumologie, HNO, etc.) einbezogen werden. Ärzt*innen sollten bei der Anamnese bei Innenraum-bezogenen Beschwerden von Patient*innen und/oder dem Vorliegen entsprechender Gesundheitsstörungen an die Möglichkeit von Feuchte-/Schimmelschäden denken.
Schimmelwachstum im Innenraum ist aus Sicht der Prävention als ein potenzielles Gesundheitsrisiko zu betrachten, auch wenn kein quantitativer und kausaler Zusammenhang zwischen dem Vorkommen einzelner Arten und Gesundheitsbeschwerden gesichert werden kann. Feuchteschäden und/oder Schimmelwachstum in Innenräumen stellen aus gesundheitlicher Sicht immer ein hygienisches Problem dar, das - auch ohne Gesundheitsstörungen - nicht hingenommen werden darf [4]. Grundsätzlich sollte hier nach dem Vorsorgeprinzip die Belastung minimiert und, wenn möglich, beseitigt werden [8, 12, 15]. Die wichtigste Präventionsmaßnahme bei Schimmelexpositionen im Innenraum ist somit die Klärung der Ursache des Feuchte-/Wasserschadens und die sachgerechte Sanierung [1, 8, 13, 17].

 

Literatur

  • [1] Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV). (2022) Information 201-028. Handlungsanleitung Gesundheitsgefährdungen durch Biostoffe bei der Schimmelpilzsanierung. https://publikationen.dguv.de/widgets/pdf/download/article/644
  • [2] Haftenberger, M., Laußmann, D., Ellert, U., Kalcklösch, M., Langen, U., Schlad, M., Schmitz, R., Thamm, M. (2013) Prävalenz von Sensibilisierungen gegen Inhalations- und Nahrungsmittelallergene. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsbl., 56, 687-697. https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-012-1658-1
  • [3] Heinzerling, L. M., Burbach, G. J., Edenharter, G., Bachert, C., Bindslev-Jensen, C., Bonini, S., Bousquet, J., Bousquet-Rouanet, L., Bousquet, P. J., Bresciani, M,, Bruno, A,, Burney, P., Canonica, G. W., Darsow, U., Demoly, P., Durham, S., Fokkens, W.J., Giavi, S., Gjomarkaj, M., Gramiccioni, C., Haahtela, T., Kowalski, M. L., Magyar, P., Muraközi, G., Orosz, M., Papadopoulos, N. G., Röhnelt, C., Stingl, G., Todo-Bom, A., Von Mutius, E., Wiesner, A., Wöhrl, S., Zuberbier, T. (2009) GA(2)LEN skin test study I: GA(2)LEN harmonization of skin prick testing: novel sensitization patterns for inhalant allergens in Europe. Allergy, 64(10), 1498-1506. https://doi.org/10.1111/j.1398-9995.2009.02093.x
  • [4] Hurraß, J., Heinzow, B., Walser-Reichenbach, S., Aurbach, U., Becker, S., Bellmann, R., Bergmann, K.-C., Cornely, O. A., Engelhart, S., Fischer, G., Gabrio, T., Herr, C. E. W., Joest, M., Karagiannidis, C., Klimek, L., Köberle, M., ⁠Kolk⁠, A., Lichtnecker, H., Lob-Corzilius, T., Mülleneisen, N., Nowak, D., Rabe, U., Raulf, M., Steinmann, J., Steiß, J.-O., Stemler, J., Umpfenbach, U., Valtanen, K., Werchan, B., Willinger, B., Wiesmüller, G. A. (2023) AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen" – Update 2023. AWMF-online Leitlinie (Stand 05.09.2023). http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/161-001.html
  • [5] Hurraß, J., Nowak, D., Heinzow, B., Joest, M., Stemler, J., Wiesmüller, G. A. (2024) Schimmel im Innenraum – Was Ärztinnen/Ärzte für die Beratung ihrer Patienten/Patientinnen/Patienten beachten sollten. Dtsch. Ärztebl., zur Publikation angenommen
  • [6] Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes. (2002) Leitfaden zur Vorbeugung, Untersuchung, Bewertung und Sanierung von Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ("Schimmelpilz-Leitfaden"). Berlin: Umweltbundesamt
  • [7] Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes. (2005) Leitfaden zur Ursachensuche und Sanierung bei Schimmelpilzwachstum in Innenräumen ("Schimmelpilzsanierungs-Leitfaden"). Berlin: Umweltbundesamt
  • [8] Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes. (2017) Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden. Berlin: Umweltbundesamt.
  • [9] Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (⁠RKI⁠) (2021) Anforderungen an die Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten. Bundesgesundheitsbl., 64, 232-264. https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-020-03265-x
  • [10] Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch-Instituts. (2007) Schimmelpilzbelastung in Innenräumen – Befunderhebung, gesundheitliche Bewertung und Maßnahmen. Bundesgesundheitsbl. – Gesundheitsforsch. – Gesundheitsschutz, 50, 1308-1323. https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-007-0339-y
  • [11] Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ des Robert Koch-Instituts. (2008) „Qualitätssicherung beim Lymphozytentransformationstest“ – Addendum zum LTT-Papier der RKI-Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“. Bundesgesundheitsbl. – Gesundheitsforsch. – Gesundheitsschutz, 51, 1070-1076. https://link.springer.com/article/10.1007/s00103-008-0641-3
  • [12] Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, Arbeitskreis "Qualitätssicherung - Schimmelpilze in Innenräumen". (2004) Schimmelpilze in Innenräumen - Nachweis, Bewertung, Qualitätsmanagement. Abgestimmtes Arbeitsergebnis des Arbeitskreises „Qualitätssicherung – Schimmelpilze in Innenräumen“ am Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg, 14.12.2001 (überarbeitet Dezember 2004). Stuttgart: Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg
  • [13] Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. (2011) Handlungsempfehlung für die Sanierung von mit Schimmelpilzen befallenen Innenräumen. Stuttgart: Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg. https://www.gesundheitsamt-bw.de/fileadmin/LGA/_DocumentLibraries/SiteCollectionDocuments/03_Fachinformationen/FachpublikationenInfo_Materialien/Schimmelpilzsanierung_Handlungsempfehlung.pdf
  • [14] Maroni, M., Levy, F. (1992) Definitions. In: Levy, F., Maroni, M., eds. NATO/ CCMS Pilot study on indoor air quality. 4th plenary meeting. Epidemiology and medical management of building-related complaints and illnesses. Oslo: National Institute of Occupational Health, 160-161
  • [15] Mücke, W., Lemmen, C. (2004) Schimmelpilze. Vorkommen – Gesundheitsgefahren – Schutzmaßnahmen. Landsberg/Lech: ecomed Verlagsgesellschaft
  • [16] Norbäck, D., Zock, J. P., Plana, E., Heinrich, J., Tischer, C., Jacobsen Bertelsen, R., Sunyer, J., Künzli, N., Villani, S., Olivieri, M., Verlato, G., Soon, A., Schlünssen, V., Gunnbjörnsdottir, M. I., Jarvis, D. (2017) Building dampness and mold in European homes in relation to climate, building characteristics and socio-economic status: The European Community Respiratory Health Survey ECRHS II. Indoor Air, 27(5), 921-932. doi: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ina.12375
  • [17] Oswald, R. (2011) Angemessene Antworten auf das komplexe Problem der Schimmelursachen? Stellungnahme zum DIN-Fachbericht 4108-8 Vermeidung von Schimmelwachstum in Wohngebäuden Der Bausachverständige, 7, 32-37
  • [18] Rylander, R. (1998) Microbial cell wall constituents in indoor air and their relation to disease. Indoor Air Suppl., 4, 59-68
  • [19] Seifert, B. (1991) Das „sick building“-Syndrom. Öff. Gesundh.-Wes., 53, 376-382
  • [20] TRBA 460 (2020) Einstufung von Pilzen in Risikogruppen. GMBl 2016, Nr. 29/30 vom 22.07.2016, S. 562, 4. Änderung: GMBl. Nr. 45 vom 10.11.2020, 1009. https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/TRBA/TRBA-460.html
  • [21] Wang, J., Janson, C., Lindberg, E., Holm, M., Gislason, T., Benediktsdóttir, B., Johannessen, A., Schlünssen, V., Jogi, R., Franklin. K. A., Norbäck, D. (2020) Dampness and mold at home and at work and onset of insomnia symptoms, snoring and excessive daytime sleepiness. Environ. Int., 139: 105691. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0160412020301008?via%3Dihub
  • [22] Wiesmüller, G. A., Heinzow, B., Aurbach, U., Bergmann, K.-C., Bufe, A., Buzina, W., Cornely, O. A., Engelhart, S., Fischer, G., Gabrio, T., Heinz, W., Herr, C. E. W., Kleine-Tebbe, J., Klime,k L., Köberle, M., Lichtnecke,r H., Lob-Corzilius, T., Merget, R., Mülleneisen, N., Nowak, D., Rabe, U., Raulf, M., Seidl, H. P., Steiß, J.-O., Szewszyk, R., Thomas, P., Valtanen, K., Hurraß, J. (2016) AWMF-Schimmelpilz-Leitlinie „Medizinisch klinische Diagnostik bei Schimmelpilzexposition in Innenräumen", AWMF-Register-Nr. 161/001. Umweltmed. – Hygiene – Arbeitsmed., 21, 189-231
  • [23] World Health Organization (⁠WHO⁠) (2009) Guidelines for Indoor Air Quality: Dampness and Mould. Copenhagen: WHO. https://www.who.int/publications/i/item/9789289041683
Teilen:
Artikel:
Drucken
Schlagworte:
 Schimmel  Gebäudeinnenraum  Risikobewertung  Diagnostik  Handlungsempfehlungen