Hotspot des Klimawandels Das Mittelmeer wird tropisch
Das Mittelmeer ist in diesem Sommer so warm wie nie zuvor. Forscher befürchten ein Artensterben und Auswirkungen nicht nur auf das Wetter.
Jeden Morgen gehen Forschende des Spanischen Institutes für Meereskunde mit Eimern an den Strand. Sie nehmen Wasserproben fürs Labor, analysieren PH-Wert und die Zahl der Mikroorganismen. Und noch am Strand messen sie die Temperatur. An der Küste von Fuengirola in Andalusien zeigt das Thermometer an diesem Morgen rund 23 Grad. "Ein Grad mehr, als zu dieser Zeit zu erwarten wäre," sagt ein Mitarbeiter. Das könne morgen aber schon anders sein. Unterschiedliche Winde spülten mal wärmeres, mal kühleres Wasser an die Küste Südspaniens. Aussagekräftiger sei der Trend der vergangenen 40 Jahre. Und der zeigt deutlich steigende Temperaturen.
Temperaturen wie in der Karibik
Manuel Vargas, Wissenschaftler am Institut, sagt: "Wir gehen derzeit davon aus, dass die Temperatur des südlichen Mittelmeeres in diesem Jahrhundert um zwei Grad steigt. Im nördlichen Mittelmeer um etwa vier Grad. Das Mittelmeer wird tropisch." Die Temperaturen ähnelten denen in der Karibik.
Manuel Vargas ist Wissenschaftler am Spanischen Institut für Ozeanographie.
Hotspot des Klimawandels
In diesen Wochen beobachten Forschende eine sogenannte marine Hitzewelle. Das Mittelmeer ist vor der spanischen Küste rund vier Grad wärmer als im Vergleichszeitraum von 1981 bis 2012. Vor den Küsten Algeriens und Italiens ist das Wasser sogar stellenweise fünf Grad wärmer. Der Weltklimarat (IPCC) bezeichnet das Mittelmeer als "Hotspot des Klimawandels".
Schwämme, Korallen und Seegras sterben ab
Schon im vergangenen Jahr war das Meer viel wärmer als üblich. Das hat Folgen. Spanische Forscher beobachteten ein Massensterben von Schwämmen, Korallen und Seegräsern. Das wiegt besonders schwer, da Seegras ein Hoffnungsträger ist, um die Folgen des Klimawandels zu mildern. Laut Untersuchungen kann Seegras etwa doppelt so viel CO2 speichern wie es Wälder an Land vermögen.
Im wärmer werdenden Wasser des Mittelmeeres verändert sich aber auch die Tierwelt. Besonders wohl scheinen sich einige Quallenarten zu fühlen und tropische Fische, wie der giftige Rotfeuerfisch. Diese Art ist mutmaßlich über den Suezkanal ins Mittelmeer gekommen, hat dort kaum natürliche Feinde und verdrängt nun heimische Arten.
Verlust der Artenvielfalt
Manuel Vargas vom spanischen Institut für Meereskunde erklärt: Das Ökosystem des Mittelmeeres habe Tausende Jahre Zeit gehabt, sich an die klimatischen Bedingungen anzupassen. Nun gebe es einen Wandel in nur 100 oder 150 Jahren. "Einige Arten werden das nicht schaffen. Wir verlieren die Artenvielfalt."
Gefahr durch Unwetter steigt
Mit Sorge betrachten auch Meteorologen die hohen Wassertemperaturen. Ende Juli war das Mittelmeer an der Oberfläche durchschnittlich 28,7 Grad warm. Ein so hoher Wert wurde nie zuvor gemessen. Es verdunstet mehr Wasser als üblich und die Unwettergefahr steigt. "Durch diese hohen Wassertemperaturen, haben wir schon Anfang August enormen Unwetter gesehen. Mit den Überschwemmungen in Slowenien und im Süden Österreichs. Wir müssen davon ausgehen, dass es vor allem in den Herbstmonaten weitere Unwetter in den Anrainerstaaten des Mittelmeeres geben wird", sagt Karsten Schwanke, Meteorologe im Wetterkompetenzzentrum der ARD.
Zumal sich das Meer in den kommenden Wochen weiter erwärmen wird, denn der Sommer ist ja noch lange nicht zu Ende. In der vergangenen Woche erst wurden in Spanien wieder Temperaturrekorde gebrochen. Im spanischen Valencia am Mittelmeer war es 46,8 Grad warm. Der alte Höchstwert wurde um mehr als drei Grad übertroffen.