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Ist Gülle wirklich ein natürlicher, unbedenklicher Dünger? Rund 60 Prozent der Biomasse, also aller Lebewesen auf unserem Planeten, sind sogenannte Nutztiere, die zur „Produktion“ von Fleisch, Milch, Eiern und anderen tierischen Produkten ausgebeutet werden. [1] Diese enorm hohe Zahl an Tieren produziert Abfallstoffe, die in Form von Gülle als vermeintlich „natürlicher Dünger“ weiterverwendet werden. Gülle hat teils jedoch enorme negative Auswirkungen auf die Umwelt, was vielen Menschen nicht bewusst ist.
Aber warum sind Kot und Urin von Schweinen und Rindern deutlich schädlicher für das Klima, als allgemein angenommen wird? Erfahren Sie hier alles über die Auswirkungen von Gülle auf uns und unsere Umwelt.
Was ist Gülle?
Gülle ist eine Mischung aus Kot und Urin von sogenannten Nutztieren aus der Landwirtschaft, wie etwa Schweinen und Rindern. Sie besteht zu einem großen Teil aus Wasser und darin gelösten Nährstoffen, organischer Substanz und Mineralstoffen. Aufgrund der enthaltenen Nährstoffe wird Gülle in der Landwirtschaft als Dünger für Nutzpflanzen eingesetzt. [2]
Wie eine Studie verdeutlicht, produziert die Tierindustrie derart viel Gülle, dass sie mit großen Gülle-Tankwagen im Schnitt zu 220 Kilometer entfernten Orten transportiert werden muss. [3] Das kann fatale Auswirkungen haben, wie die folgenden Gründe zeigen.
Was ist der Unterschied zwischen Gülle, Jauche und Mist?
Gülle, Jauche und Mist unterscheiden sich in ihrer Zusammensetzung und Herkunft. Gülle ist eine Mischung aus Kot, Urin, Wasser und Nahrungsresten von sogenannten Nutztieren und wird in Auffangbehältern gesammelt. Gülle wird als flüssiger Dünger verwendet.
Jauche besteht hauptsächlich aus Urin mit geringen Mengen Kot, ist flüssiger als Gülle und weniger nährstoffreich. Jauche entsteht durch das separate Auffangen von Urin und dient ebenfalls als Dünger. Mist ist eine feste Mischung aus Kot und Einstreu wie Stroh, entsteht in Ställen und wird als fester Dünger genutzt.
Was ist besser: Gülle oder Gärreste?
Gärreste sind – wenn sie aus Pflanzenrückständen gewonnen werden – mit deutlich weniger Tierleid verbunden, da Gülle aus tierischen Ausscheidungen stammt. Gärreste entstehen durch die Verarbeitung von pflanzlichem Material in Biogasanlagen und sind daher eine indirekte Nutzung von landwirtschaftlichen Produkten. Dies reduziert potenziell den Bedarf an intensiver Tierhaltung und trägt dazu bei, dass weniger Tiere in der Landwirtschaft gequält werden.
Ist Gülle noch erlaubt?
Gülle als Düngemittel ist erlaubt. Allerdings sieht auch die Politik die umweltschädlichen Folgen des Düngens mit Gülle. Darum gilt seit 2020 eine gesetzlich bindende Sperrfrist zur Ausfahrt von Gülle, die sich regional unterscheidet. Die Regelung hat folgende Gründe:
- Nährstoffverluste sollen reduziert werden, da im Winter oder nach der Ernte weniger Pflanzen vorhanden sind, um die Nährstoffe aufzunehmen.
- Der Grundwasserschutz soll gewährleistet werden, indem verhindert wird, dass Stickstoff und Phosphor aus der Gülle ins Grundwasser gelangen.
- Gesetzliche Umweltstandards sollen eingehalten und die Wasserqualität geschützt werden.
- Die Bodenqualität soll erhalten werden, indem Nährstoffe effektiv während der Wachstumsperiode der Pflanzen genutzt werden können.
4 Gründe, die aufzeigen, warum Gülle gefährlich für die Umwelt ist
1. Trinkwasserqualität und Trinkwasserkosten
Das Grundwasser in Deutschland ist die wichtigste Quelle zur Trinkwassergewinnung. Vor allem in Regionen mit hoher Tierhaltung konnte das Umweltbundesamt in Grundwasser, Flüssen und Seen besonders hohe Nitratwerte nachweisen. [4] Bei der Düngung von Feldern mit Gülle kann Stickstoff im Boden verbleiben, wo er sich in den gesundheitsgefährdenden Stoff Nitrit umwandelt. Dieser sickert ins Grundwasser und verunreinigt dieses. [5] In Nordrhein-Westfalen beispielsweise sind 40 Prozent des Grundwassers mit Nitrat über dem Grenzwert belastet.
Wieso treibt Gülle die Trinkwasserkosten in die Höhe?
Um möglichst rentabel wirtschaften zu können, baut die landwirtschaftliche Tierhaltung ihre Ställe zunehmend aus, um immer mehr Tiere halten zu können. Dadurch steigt auch die Gülleproduktion und damit die Belastung des Grundwassers. [5] Zum Vergleich:
- Bei der „Produktion“ von 400 Gramm Schweinefleisch entstehen 10 Liter Gülle. [5]
- Für 1 Liter Milch produzieren Rinder 3 Liter Gülle. [6]
Das Ergebnis: Die Tiere werden ausgebeutet, und die Umwelt wird geschädigt. Gleichzeitig erhalten genau diese Betriebe Subventionen. [7] Um die angefallenen Nitrate möglichst effektiv aus dem Trinkwasser filtern zu können, müssen Wasserwerke nachgerüstet werden, wodurch das Trinkwasser teurer wird.
2. Gesundheitliche Bedrohung durch Antibiotika
2021 wurden allein in deutschen Ställen 601 Tonnen Antibiotika verabreicht, darunter auch sogenannte Reserveantibiotika, die unter anderem in Krankenhäusern eingesetzt werden [8]. Da die Tiere die Medikamente teils unverändert wieder ausscheiden, gelangen Rückstände mit der Gülle auf die Äcker und sickern ins Grundwasser. Eine Studie fand in sieben von elf Gülleproben Erreger, die gegen das Reserveantibiotikum Colistin resistent sind. [3] Vor allem in Gegenden mit zahlreichen Tierhaltungsbetrieben konnte Antibiotika im Grundwasser festgestellt werden. [4, 9, 10]
Diese Entwicklung ist in hohem Maße problematisch, denn Reserveantibiotika werden in der Humanmedizin oft als letzte Notfallmedikamente eingesetzt, wenn herkömmliche Antibiotika wegen Resistenzen nicht mehr wirksam sind. Diese Antibiotikaresistenz führt dazu, dass Tausende Menschen an relativ einfachen bakteriellen Erkrankungen sterben, die normalerweise unkompliziert behandelt werden könnten.
- Weltweit sterben mehr als 1,2 Millionen Menschen an Infektionen mit antibiotikaresistenten Keimen. [11]
- Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) listete antibiotikaresistente Keime im Jahr 2019 als eine der zehn Bedrohungen für die globale Gesundheit. [12]
3. Gülle belastet das Klima und die Gesundheit
Gülledüngung belastet zudem das Klima, denn Gülle dünstet unter anderem Lachgas aus, das 310-mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid. Auch das Umweltgift Ammoniak wird durch Gülle freigesetzt. Es trägt außerdem zur Bildung von gesundheitsschädlichem Feinstaub bei. In Deutschland sterben jährlich etwa 50.000 Menschen an der durch die Tierwirtschaft verursachten Feinstaubbelastung. [13]
4. Ist Gülle gut oder schlecht für den Boden?
Gülle wird gerne als vermeintlich notwendiger Nährstoff für das Pflanzenwachstum herangezogen. Da die Düngung mit künstlichen Düngern in der biologischen Landwirtschaft untersagt ist, sei die Gülledüngung wichtig für den Nährstoffeintrag. Doch die hohe Nachfrage nach tierischen Produkten erfordert große Tieranlagen und die Haltung sehr vieler Tiere. Dies führt zu einem Übermaß an Mist, der im Hinblick auf seine Entsorgung ein Problem darstellt. Und so wird die Gülle von Millionen Tieren auf den Feldern ausgetragen – und zwar in einer Menge, die der Boden nicht aufnehmen kann. [14]
Gülle an sich ist kein schlechter Dünger. Problematisch ist jedoch das Ausmaß, in dem er eingesetzt wird und die Tatsache, dass diese Gülle von sogenannten Nutztieren stammt, die mit teils hohen Gaben an Medikamenten behandelt werden.
Aber es geht auch anders: Der vegane Ökolandbau zeigt mit nachhaltigen Techniken und Methoden, wie Nährstoffe ganz ohne tierische Exkremente in den Boden eingebracht werden können. Eine Tierhaltung ist nicht notwendig. Durch Fruchtfolgen und den Anbau von Zwischenfrüchten fördert der vegane Ökolandbau zudem die biologische Vielfalt der Pflanzen und Tiere. Eine Düngung mit hohen Mengen an wasserbelastender, potenziell gesundheitsschädlicher Gülle ist somit nicht erforderlich.
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Eine vegane Ernährungsweise ist die nachhaltigste Möglichkeit, um eine Belastung unseres Trinkwassers durch Gülle zu vermeiden. Für die Erzeugung veganer Nahrungsmittel müssen keine Tiere ausgebeutet werden, die letztlich Gülle und alle damit verbundenen Probleme produzieren.
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Quellen:
[1] Y. M. Bar-On, R. Phillips, R. Milo (21.05.2018): The biomass distribution on earth, https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.1711842115 (eingesehen am 27.05.2022)
[2] Landeswirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen: Was ist Gülle?, https://www.landwirtschaftskammer.de/landwirtschaft/ackerbau/duengung/guelle/duenger/index.htm (eingesehen am 27.05.2022)
[3] Süddeutsche Zeitung (18.11.2020): Wenn resistente Keime im Gülletransport mitreisen, https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/tierhaltung-guelle-antibiotika-1.5118314 (eingesehen am 27.05.2022)
[4] Umweltbundesamt (Hrsg.) (2015): „Umweltbelastende Stoffeinträge aus der Landwirtschaft – Möglichkeiten und Maßnahmen zu ihrer Minderung in der konventionellen Landwirtschaft und im ökologischen Landbau“,https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/umweltbelastende_stoffeintraege_aus_der_landwirtschaft_1.pdf (eingesehen am 01.06.2022) .
[5] Planet Wissen (31.05.2019): Gülle – Gefahr für unser Trinkwasser?, https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/landwirtschaft/anbaumethoden/guelle-gefahr-trinkwasser-100.html (eingesehen am 27.05.2022)
[6] Unicum (24.09.2017): Hochleistungskühe und Dumpingpreise: Das System Milch, https://www.unicum.de/de/studentenleben/zuendstoff/hochleistungskuehe-und-dumpingpreise-das-system-milch (eingesehen am 27.05.2022)
[7] Correctiv (13.06.2017): Irrsinn der Agrarpolitik, https://correctiv.org/top-stories/2017/06/13/irrsinn-der-agrarpolitik (eingesehen am 27.05.2022)
[8] Pharmazeutische Zeitung (2021): BVL-Zahlen für 2020; Einsatz von Tierantibiotika nach zehn Jahren wieder gestiegen, https://www.pharmazeutische-zeitung.de/einsatz-von-tierantibiotika-nach-zehn-jahren-wieder-gestiegen-128604/?fbclid=IwAR2dryiIuTJ0EwYv1VcsLIUnWsv3CeMDLV0qIKqtf_uIRfIq1jJBvKQwEC4 (eingesehen am 01.06.2022)
[9] Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) (Hrsg.) (2017): „Grundwasserbericht Niedersachsen – Grundwasserstand sowie Güteparameter Nitrat und Antibiotika“, https://www.nlwkn.niedersachsen.de/download/149105/NLWKN_2017_Grundwasserbericht_Niedersachsen_Kurzbericht_2017_-_Grundwasserstand_sowie_Gueteparameter_Nitrat_und_Antibiotika_Band_32_.pdf (eingesehen am 01.06.2022).
[10] Hannappel, Stephan et al. (2014): „Vorkommen von Tierarzneimitteln im oberflächennahen Grundwasser unter Standorten mit hoher Viehbesatzdichte in Deutschland http://hydor.de/downloads/PDF/veroeffentlichungen2015/Hannappel_et_al_2014_TAM.pdf, (eingesehen am 01.06.2022)
[11] Tagesschau (20.01.2022): 1,2 Millionen Tote durch resistente Keime, https://www.tagesschau.de/ausland/amerika/antibiotika-resistenz-103.html (eingesehen am 27.05.2022)
[12] Robert Koch Institut: Neue Zahlen zu Krankheitslast und Todesfällen durch antibiotikaresistente Erreger in Europa, https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Antibiotikaresistenz/Uebersichtsbeitraege/AMR_Europa.html (eingesehen am 07.06.2022)
[13] Focus Online (2019): Landwirtschaft als Hauptverursacher der Feinstaubbelastung, https://www.focus.de/gesundheit/max-planck-institut-landwirtschaft-als-hauptverursacher-der-feinstaubbelastung_id_10196447.html (eingesehen am 01.06.2022)
[14] Tagesschau (30.01.2019): Giftiges Grundwasser, giftige Luft, https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/zu-viel-guelle-auf-feldern-giftiges-grundwasser-giftige-luft/23923852.html (eingesehen am 27.05.2022)