Praxisbeispiele

Osterland Agrar GmbH: Umstellung im XXL-Format

Eine ehemalige LPG mit 5.300 Hektar Fläche und 1.100 Milchkühen auf Bio umzustellen, ist eine anspruchsvolle Aufgabe – und das auf vielen Ebenen. Der ehemalige Bio-Berater Markus Wiggert hat sich dieser Aufgabe angenommen. Ein Besuch auf dem Betrieb Osterland Agrar in Sachsen.

Dass die Umstellung eines Betriebs immer eine große Herausforderung ist, weiß Markus Wiggert nur zu gut. Er war lange Zeit Berater eines Öko-Verbandes und leitete fünf Jahre lang die Beratungsstelle in Bayern. Die Erfahrungen, die er dabei auf den von ihm betreuten Betrieben gesammelt hat, kann er heute gut gebrauchen.

Denn seit 2019 ist er einer von drei geschäftsführenden Gesellschaftern der Osterland Agrar GmbH in Frohburg, südlich von Leipzig. Seine Aufgabe ist es, die Umstellung des Großbetriebs zu planen und umzusetzen. Eine Mammutaufgabe – nicht nur wegen der Größe des Betriebs.

Die Osterland Agrar GmbH bewirtschaftet heute mit 70 Mitarbeitenden etwa 5.300 Hektar Fläche, inklusive 400 Hektar Grünland. Dazu kommt eine Milchkuherde mit 1100 Tieren plus Nachzucht an zwei Standorten und fünf Biogasanlagen mit je 500 Kilowatt Leistung. Der Betrieb setzte zuvor, seit den 1990er Jahren, neben der Milchviehhaltung vor allem auf Kartoffeln und Zuckerrüben.

Umstellung nur schrittweise möglich

Für Markus Wiggert war schnell klar, dass eine Umstellung bei diesen Voraussetzungen nur schrittweise funktioniert. Dafür sprachen wirtschaftliche und praktische Abwägungen. Denn die zweijährige Umstellungsphase ist finanziell schwierig, da bei höheren Produktionskosten noch keine Bio-Preise erlöst werden können. Zudem musste massiv in neue Technik und den Umbau der Kuhställe investiert werden, um sie an die Vorgaben des Bio-Verbandes anzupassen.

"Das alles hätten wir finanziell und arbeitstechnisch nicht auf einmal umsetzen können", erklärt Markus Wiggert. Dazu kam noch eine weitere Herausforderung, mit der er nicht gerechnet hatte. Der Öko-Landbau ist in der Region Altenburger Land kaum verbreitet und es gibt viele Vorbehalte gegenüber Bio, auch bei den Mitarbeitenden.

Alle zwei Jahre werden 1.000 Hektar umgestellt

"Mit den ersten Schritten in der Umstellung haben einige Mitarbeiter leider umgehend gekündigt", erzählt Wiggert. "Hätten wir sofort komplett umgestellt, wäre hier alles auseinandergebrochen." Deshalb lautet der aktuelle Umstellungsfahrplan, alle zwei Jahre 1.000 Hektar Fläche umzustellen. Derzeit sind 3.000 Hektar in Umstellung oder bereits umgestellt. Die letzten Flächen sollen ab 2025 umgestellt werden.

Von den beiden Milchviehstandorten ist inzwischen einer komplett umgestellt. Dafür war es notwendig, den alten Kuhstall und den Aufzuchtbereich für die Kälber an die Öko-Anforderungen anzupassen. Ein kompletter Neubau wäre zu teuer gewesen. Der Umbau war laut Markus Wiggert eine Operation am offenen Herzen: "Damit wir im laufenden Betrieb umbauen konnten, mussten wir noch im November mit einer Außenmelkanlage arbeiten. Das war schon viel Action."

Viele Gelenkprobleme nach erstem Weidegang

Die Umstellung fiel hier aber insgesamt relativ leicht, weil der Betrieb genügend hofnahe Grünlandflächen hat. So konnte die vorgeschriebene Weidehaltung mit geringem Aufwand umgesetzt werden. Allerdings zeigte sich laut Markus Wiggert direkt beim ersten Weideauftrieb die starke züchterische Selektion der alten Herde auf stalltaugliche Tiere. "Bei vielen Kühen kam es beim Weidegang schnell zu Problemen an den Gelenken, sodass wir anfangs stark selektieren mussten", berichtet der Geschäftsführer.

Auch die Umstellung im Pflanzenbau hielt einige Herausforderungen bereit. Markus Wiggert setzt hier ganz bewusst auf Einfachheit. Ziel ist es, anfangs mit wenigen, eher einfachen Kulturen wie Wintergetreide, Lupine und Kleegras zu arbeiten und dafür ein solides Anbau-Know-how aufzubauen.

"Wir wollen durch Erfolg überzeugen"

Diesen Ansatz wählte Wiggert auch mit Blick auf die Mitarbeitenden, die sich mit dem anspruchsvolleren ökologischen Pflanzenbaukonzepten etwas schwertun und Sicherheit gewinnen sollen. Wiggert: "Wir thematisieren das Thema Bio intern nicht groß und machen wenig Fortbildungsveranstaltungen. Wir wollen durch Erfolg überzeugen, vor allem durch gute Erträge."

Wie mühsam das im Detail sein kann, zeigte sich beim Kleegras, das sich anfangs nur schlecht entwickelte. Der Grund: Viele Böden waren nicht ausreichend gekalkt und es mangelte an wichtigen Mikronährstoffen und den notwendigen Knöllchenbakterien. Erst wenn diese Defizite beseitigt sind, erreicht der Betrieb die angestrebten Silage-Erträgen von 35 Tonnen pro Hektar (t/ha) bei mindestens 6,2 Megajoule Netto-Energie-Laktation Energie und Proteingehalten von mindestens 16 Prozent.

Gute Erträge im Getreideanbau

Im Getreideanbau lief es dagegen von Anfang an gut. Im Schnitt werden sechs Tonnen Futtergetreide pro Hektar geerntet. "Da liegen wir deutlich über unserem Ziel von mindestens 5 t/ha", sagt Markus Wiggert. Auch der Maisanbau war bisher erfolgreich. Die Erträge gingen nach der Umstellung nur um zehn Prozent zurück.

Um das benötigte Saatgut in ausreichender Menge und Bio-Qualität zu bekommen, setzte Wiggert anfangs auf mehrere Lieferanten aus dem ganzen Bundesgebiet. Inzwischen wird der Saatgutbedarf auch durch eigenen Nachbau ergänzt.

Eine weitere Herausforderung ist die schiere Größe des Betriebs. Zwar ergeben sich durch die große Gesamtfläche und die größeren Schläge Kostenvorteile beim Einkauf von Betriebsmitteln und der Bewirtschaftung. Gleichzeitig erfordern sie zum Teil lange Anfahrten, denn die Flächen liegen in einem Radius von 25 Kilometern um den Hauptstandort Frohburg herum. Das macht etwa die Futterernte mit dem Einsilieren von Kleegras oder Mais sehr zeitraubend. Auch die Bestandskontrollen, die auf den umstellten Bio-Flächen etwa doppelt so häufig notwendig sind, kosten dadurch deutlich mehr Zeit.

Bio-Molkerei liegt 200 Kilometer entfernt

Etwa 25 Prozent der Flächen werden für den Futterbau genutzt. Auch die angebauten Ackerbohnen und Lupinen gehen bisher ausschließlich in die Fütterung der Milchkühe und Rinder. Das Bio-Getreide vermarktet der Betrieb dagegen bundesweit an Vermarktungsorganisationen und Futtermittelwerke. "Schwierig war es für uns, eine geeignete Molkerei für die Bio-Milch zu finden", sagt Markus Wiggert. "Da es in der Region keine Bio-Betriebe gibt, fehlen hier auch die Verarbeitungsstrukturen." Deshalb fiel die Wahl auf eine 200 Kilometer entfernte Bio-Molkerei in Nordbayern.

Sehr anspruchsvoll ist für Wiggert die Organisation und Dokumentation der schrittweisen Umstellung. Zugekaufte Betriebs- und Futtermittel, Silagen und alle erzeugten Produkte müssen sauber nach ihrem Status getrennt werden, das heißt als Bio-Ware, Umstellungsware und konventionell erzeugte Ware. Wiggert: "Das ist wirklich extrem komplex. Wir führen dafür unzählige Excel-Tabellen und müssen natürlich auch in der Praxis sehr sorgfältig arbeiten, um eine Vermischung zu vermeiden." Dass die zuständige Kontrollstelle den Betrieb sehr intensiv prüft, sieht Wiggert eher als Vorteil, weil alle Mitarbeitenden für das Thema sensibilisiert sind.

Einnahmen aus konventionellem Bereich sind noch hilfreich

Wirtschaftlich ist die Umstellungsphase auch für einen Großbetrieb wie Osterland Agrar nicht einfach. Die vielen Investitionen in Gebäude und Technik, die aktuell niedrigen Erzeugerpreise – auch für Bio-Ware – und der große Aufwand für die Organisation der Umstellung belasten zurzeit noch die Bilanz. Markus Wiggert ist deshalb froh, dass er neben den stabilen Einnahmen aus der Bio-Milcherzeugung noch bis 2025 auf die Gewinne aus den konventionellen Betriebsbereichen der Kartoffel-, Zuckerrüben- und Biogaserzeugung zurückgreifen kann.

Das ändert aber nichts an den Planungen, die Umstellung des gesamten Betriebs bis zum Jahr 2027 abzuschließen. Das ist auch der Wunsch aller Mitgesellschafter, die das Unternehmen 2019 übernommen haben. Auch die beteiligten Banken sind laut Wiggert sehr kooperativ und sehen die Umstellung perspektivisch als richtigen Schritt an.

Eine Umstellung ist für jeden Betrieb eine herausfordernde Phase. Bei einem Großbetrieb wie der Osterland Agrar kommt hinzu, dass Veränderungen länger dauern als bei einem Familienbetrieb. (Markus Wiggert, Osterland Agrar GmbH)

Gute Entwicklungen machen Mut

Er setzt deshalb weiterhin auf eine Planung von Jahr zu Jahr, um zu erkennen, was auf dem Standort gut funktioniert und was der Betrieb braucht. Mut machen ihm die positiven Entwicklungen im Pflanzenbau, wo er bereits eine deutliche Lernkurve erkennt. Auch mit der Entwicklung in der Milchviehhaltung ist er zufrieden. Aktuell werden über 30 Liter Milch je Kuh und Tag gemolken. Zudem hat sich die Bodenstruktur auf den Öko-Flächen bereits stark verbessert durch die breitere Bio-Fruchtfolge mit Zwischenfrüchten und die Rückführung des intensiven Hackfruchtanbaus.

Ein Schwerpunkt für die Zukunft ist für ihn die Erarbeitung eines stimmigen Düngekonzepts. "Das ist der Schlüssel für hohe Erträge", sagt Wiggert und fasst die wichtigste Erfahrung nach vier Jahren Umstellung so zusammen: "Auch bei Widerständen konstant dranbleiben, darauf kommt es an."


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