Oekolandbau.de: Wie sind die Rückmeldungen aus der Praxis hinsichtlich der Eignung von Komposten als Torfalternative?
Ralf Gottschall: Die Rückmeldungen sind tatsächlich sehr gemischt, was aus meiner Sicht auch nicht verwunderlich ist. Das hängt im Wesentlichen an zwei Dingen: Wenn ich nicht sicher bin, welche Komposte mit welcher Gütesicherung und welchen Eigenschaften im Substrat landen, dann kann ich auch nicht sicher sagen, wie der Kompost später in der Kultur funktionieren wird. Das ist wie eine Blackbox. Der Erwerbsgartenbau kann sich aber Unzuverlässigkeit nicht leisten. Und der zweite Punkt ist, dass wir gerade im Hinblick auf die vielfältige Zusammensetzung von Kultursubstraten mit den verschiedenen Torfalternativen noch zu wenig zu ihrem Verhalten in bestimmten Kulturen wissen, um absolute (Kultur-)Sicherheit zu haben. Da braucht es noch viel Forschung.
Beim Torf konnte man über einen sehr langen Zeitraum verschiedene Torfsubstrate und verschiedene Kulturen durchdeklinieren. Das ist bei Substraten zum Torfersatz bisher nur teilweise der Fall. Bei Komposten haben wir inzwischen sehr viele positive Ansätze im Zierpflanzenbereich und auch jetzt im "Ter Öko" Projekt sind sehr wichtige Ergebnisse generiert worden. Hier sind weitere Forschungsaktivitäten notwendig und die Ergebnisse müssen dann an die Zielgruppen mit einem effizienten und praxisnahen Wissenstransfer weitergegeben werden.
Dazu gibt es viele gute Entwicklungen, wie beispielsweise das Projekt "FiniTo". Diese müssen konsequent längerfristig durchgeführt werden, damit Forschungsergebnisse in die Umsetzung kommen.
Oekolandbau.de: Sind denn Torfalternativen teurer als Torf?
Ralf Gottschall: Im Moment überwiegend schon. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass Torf vielfach in Ländern produziert wird, in denen sich die Kostenseite ganz anders darstellt als hierzulande und nach wie vor die Transporte zu günstig sind. Je nachdem, wie sich die CO2-Bepreisung weiterentwickelt, könnten sich allerdings bereits mittelfristig Änderungen ergeben.
Tatsächlich ist es so, dass die Torfpreise in den vergangenen 15 Jahren bereits erheblich gestiegen sind. Das hat in der Erdindustrie mit dazu geführt, dass man vor allem bei Hobby-Blumenerden schnell auch Ersatzstoffen, wie den preisgünstigen Kompost, eingesetzt hat. Im Hobby-Bereich sind inzwischen tatsächlich schon höhere Anteile an Torf ersetzt, nach den letzten Daten des Industrieverbandes Gartenbau (IVG) über 40 Prozent.
Für eine dauerhaft stabile Entwicklung und vor allem für die Produktion von Premiumkomposten für Kultursubstrate im Erwerbsgartenbau muss man es jetzt schaffen, gute Preise für die Grüngutkomposte zu erreichen. Das motiviert wiederum die Kompostanlagen dazu, die besonderen Anforderungen, die an Grüngutkomposte für Kultursubstrate gestellt werden, auch einzuhalten. Das heißt unter anderem längere Kompostierungszeiten als normalerweise üblich und daraus folgend mehr Lagerplatz. Dazu kommt eine aufwendigere, ausgefeilte Gütesicherung, um die Sicherheit, die der Erwerbsgartenbau für Substrate benötigt, gewährleisten zu können.
Und noch ein weiterer Aspekt: Im Moment ist es vielfach noch schwierig für die Praxis, sich auf Kompost in höheren Mengen in den Substraten einzulassen. Die Skepsis ist groß, natürlich besonders im konventionellen Bereich, zum Teil aber auch im Öko-Landbau. Ein grundsätzliches Problem ist dabei aus meiner Sicht, dass man eine absolut sichere und effiziente Produktion braucht, um möglichst günstige Pflanzen für den Markt zu erzeugen. Dafür sind Torfsubstrate optimal geeignet. Wollen wir jedoch ökologische Alternativen, müssen wir uns wahrscheinlich mit der einen oder anderen Einschränkung anfreunden. Die Realität ist kein Wunschkonzert, jede Maßnahme verursacht eine Konsequenz. Müssen wir also nicht auch die Benchmarks anders setzen? Und sind dafür nicht auch oder sogar besonders der Handel sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig?
Wenn ich hohe Mengen Torf im Kultursubstrat ersetze, muss ich aktuell mit Ergebnissen rechnen, die zwar ökologisch gut sind, aber pflanzenbaulich nicht immer an die Leistungen eines ausgeklügelten Torfkultursubstrats heranreichen. Wir haben zum Beispiel mit Topfkräutern im Projekt "TerÖko" sehr gute Ergebnisse beim Einsatz von 50 bis 70 Prozent Premiumkompost erzielt. Allerdings waren die Basilikumpflanzen kompakter und ein paar Zentimeter kleiner als die der Kontrolle. Da stellt sich die Frage: Würde das der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) akzeptieren oder nicht? Oder müsste der Gartenbaubetrieb noch etwas länger kultivieren, um den üblichen Benchmarks für die Pflanzen zu entsprechen? Und würde der LEH dann diesen Mehraufwand des Betriebs bezahlen oder darauf bestehen, dass zum bisherigen Preis geliefert wird?
Wenn wir es schaffen, insgesamt die Kommunikation bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu verbessern, besteht eine gute Erfolgsaussicht, zu ökologischeren Anbausystemen zu kommen, die gute pflanzenbauliche Ergebnisse erzielen und von allen Beteiligten akzeptiert werden.