Ist Kompost eine zukunftsfähige Torfalternative?

Ist Kompost eine zukunftsfähige Torfalternative?

Torf im professionellen Gartenbau zu ersetzen ist keine leichte Aufgabe. Eine vielversprechende Alternative ist Kompost. Wie er gewonnen wird und ob er wirklich den Herausforderungen der Torfreduktion im heimischen (Öko-)Gartenbau gewachsen ist, erklärt Ralf Gottschall vom Ingenieurbüro für Sekundärrohstoffe und Abfallwirtschaft im Interview.


Wenn wir es schaffen, insgesamt die Kommunikation bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu verbessern, besteht eine gute Erfolgsaussicht, zu ökologischeren Anbausystemen zu kommen, die gute pflanzenbauliche Ergebnisse erzielen und von allen Beteiligten akzeptiert werden. 


Oekolandbau.de: Im Projekt "TerÖko" werden verschiedene Torfalternativen auf ihre Eignung im ökologischen Topfkräuteranbau getestet, darunter auch Kompost. Sehen Sie Kompost als eine zukunftsfähige Alternative zum Torf?

Ralf Gottschall: Das würde ich auf jeden Fall bejahen. Da gibt es verschiedene Kriterien, an denen man das festmachen kann: Zum einen benötigen wir einen Torfersatz, der pflanzenbaulich sehr gut geeignet ist. Unabhängig von ökologischen Gesichtspunkten ist Torf grundsätzlich ein super Substratmaterial – sowohl physikalisch wie als auch chemisch. Wenn man ihn ersetzen will, geht das mit hohen pflanzenbaulichen Anforderungen einher. Diese können beispielsweise ausgewählte Grüngutkomposte gut erfüllen. Allerdings müssen sie dafür einer spezifischen Qualitätssicherung unterliegen.

Zweitens muss natürlich eine entsprechende Menge eines solchen Torfersatzstoffes bereitstehen. In Deutschland werden jedes Jahr rund drei Millionen Kubikmeter Grüngutkomposte hergestellt und hoffentlich zukünftig auch noch mehr. Davon könnten nach aktuellen Informationen rund 50 bis 70 Prozent für den Bereich Hobbyerden geeignet sein, also 1,5 bis 2 Millionen Kubikmeter.

Für die noch anspruchsvolleren Kultursubstrate für den Erwerbsgartenbau könnten etwa ein Drittel der oben genannten Gesamtmenge geeignet sein, also maximal eine Million Kubikmeter. Weiterhin muss sichergestellt sein, dass die Alternativen kontinuierlich hergestellt werden. Das ist der Fall, denn durch die Regularien des Kreislaufwirtschaftsgesetzes gibt es eine Verpflichtung zur Erfassung von Grüngut- und Bioabfällen, wovon der größte Teil kompostiert wird. Und das letzte Kriterium ist, dass der Torfersatzstoff ökologisch sinnvoll sein muss. Das ist mit Kompost definitiv gegeben.

Oekolandbau.de: Kann man Kompost allein einsetzen oder braucht es weitere Mischungspartner?

Ralf Gottschall: Nein, auf keinen Fall als alleinige Torfalternative! Das funktioniert im Hinblick auf die relevanten chemischen und physikalischen Eigenschaften nicht. Im Übrigen sind auch bei den Torfsubstraten vielfach Mischungspartner dabei. Es kommt auf den richtigen Mix verschiedener Torfersatzstoffe an. Aktuell wird sehr intensiv diskutiert, wie hoch der Kompostanteil in diesem Mix sein kann.

Im Projekt "TerÖko" haben wir Anteile bis 70 Volumenprozent getestet. Das kann zumindest für bestimmte, nicht ganz so anspruchsvolle Bereiche funktionieren. Mit der notwendigen fachgerechten Gütesicherung sind im Bereich Hobbyblumenerden vielleicht 40 bis 60 Volumenprozent Kompost möglich. Dazu gibt es bereits langjährige Erfahrungen. Im Erwerbsgartenbau sind durchaus 30 bis 40 Prozent realistisch, in bestimmten Bereichen wie beispielsweise im Öko-Landbau sind auch schon mal 50 Prozent in der Diskussion.

Dabei muss man beachten: Da tut sich aktuell sehr viel und wer weiß, wohin uns diese dynamische Entwicklung noch führt. Mit Torf hat man inzwischen rund 70 Jahre Erfahrung und intensive Forschung, im Kompostbereich sind das gerade einmal 15 bis 20 volle Jahre. Das Thema Kompost wurde zwar bereits in den 1990er-Jahren losgetreten, zwischenzeitlich lag es allerdings weitgehend auf Eis.

Oekolandbau.de: Welche Arten von Kompost kommen im Öko-Landbau überhaupt in Frage?

Ralf Gottschall: Grundsätzlich ist es bei Komposten so, dass man die sogenannten Biogutkomposte oder Bioabfallkomposte und die Grüngutkomposte unterscheidet. Das hängt zunächst mit der Sammlungstechnik zusammen. Bei den Biogutkomposten ist es das Material, was aus der grünen oder braunen Tonne an organischen Haushaltsresten gesammelt wird. Neben den organischen Abfällen aus der Küche kommt hier noch viel Gartenabfall dazu. In der Regel ist der Anteil an Gartenabfällen sogar größer als der Lebensmittelanteil.

Dann gibt es noch die reinen Garten- und Parkabfälle, die zu Grüngutkomposten werden. Die beiden Kompostgruppen unterscheiden sich vor allem in ihren Eigenschaften. Für die Anwendung als Kultursubstrat sind insbesondere ihre verschiedenen Nährstoffgehalte relevant. Je nach Einsatzgebiet sind auch die Anforderungen an die Nährstoffseite sehr unterschiedlich. Wenn ich im Freiland eine stark zehrende Kultur wie Mais anbaue, dann ist es gut, wenn in meinem Kompost möglichst hohe Nährstoffgehalte enthalten und diese zudem schnell und gut verfügbar sind.

Im geschützten Anbau in einem Topfsubstrat müssen dieser der Gehalt an verfügbaren Nährstoffen sowie der Salzgehalt hingegen deutlich begrenzt sein. Deswegen sehe ich im Erwerbsgartenbau in erster Linie reine Grüngutkomposte – und diese nur mit einer ganz spezifischen Qualitätssicherung, um die Kultursicherheit gewährleisten zu können. Denn es bringt nichts, wenn ich nur die ökologischen Aspekte im Fokus habe, die Praxis die Komposte im Substrat aber ablehnt, weil sie sich im Anbau schlichtweg nicht bewähren. Beide Aspekte müssen gleichermaßen berücksichtigt werden.

19.03.2024Landwirtschaft

Komposttypen und Reifegrade

Komposte unterscheiden sich in ihren Ausgangsstoffen. Für den Öko-Landbau sind Grünschnitt- und Bioabfall-Kompost von Bedeutung. Sie werden auch als Grüngut- oder Biogut-Kompost bezeichnet und oft in verschiedenen Rottegraden angeboten.

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19.03.2024Landwirtschaft

Nutzen von Kompost

Kompost wird in der Landwirtschaft und im Gemüse- und Gartenbau als langsam wirkender Dünger mit Grund- und Mikronährstoffen und als Bodenverbesserer eingesetzt. Kompost wird aber auch als Torfersatz verwendet.

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Oekolandbau.de: Braucht es spezielle Öko-Zertifizierungen? Und wenn ja, gibt es diese bereits?

Ralf Gottschall: Es existieren unterschiedliche Regelungen, Gütesicherungen und Zertifizierungen für diese Art von Kompost. Grundsätzlich geht das selbstverständlich los mit den üblichen gesetzlichen Anforderungen, die in Deutschland durch die Bioabfallverordnung und die Düngemittelverordnung geregelt werden. Im Öko-Landbau ist die EU-Ökoverordnung das grundlegende gesetzliche Regelwerk. Darin gibt es spezifische Anforderungen an Komposte, allerdings nur für Biogut- und nicht für Grüngutkomposte.

Bioland und auch Naturland haben 2015 eigene Regularien für den Komposteinsatz in ihren Betrieben aufgesetzt, an die sich inzwischen die anderen Öko-Anbauverbände weitgehend angeschlossen haben. Das ist eine sehr umfangreiche Liste an Parametern, die untersucht werden müssen mit entsprechend anspruchsvollen Grenzwerten, die sich allerdings hauptsächlich auf Schadstoffe beziehen. Der Nährstoffgehalt, der uns für den Komposteinsatz in Kultursubstraten am meisten interessiert, spielt hierbei kaum eine Rolle. Diese Regularien gelten nur für die Komposte, die in den Betrieben auf den Kulturflächen eingesetzt werden. Bisher sind sie nicht für Komposte anzuwenden, die in Substraten eingesetzt werden.

19.03.2024Landwirtschaft

Kriterien für die Zulassung

Wie jeder Dünger, muss auch Kompost den Vorgaben der Düngemittelverordnung entsprechen. Für Kompost gilt zudem die Bioabfallverordnung. Wird Kompost im Öko-Betrieb eingesetzt, gelten immer auch die Vorgaben der EU-Öko-Verordnung. Für Mitgliedsbetriebe der Öko-Anbauverbände gelten zudem die Verbandsrichtlinien.

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Oekolandbau.de: Welche Eigenschaften müssen Komposte für den erfolgreichen Einsatz im Bio-Gartenbau mitbringen?

Ralf Gottschall: Wichtig für den Komposteinsatz in Kultursubstraten, vor allem im Erwerbsgartenbau, ist ein niedriger Salzgehalt, die Einhaltung der Grenzwerte für die löslichen Nährstoffgehalte und geringe Natrium- sowie Chloridgehalte. Das Material muss zudem reif sein, das heißt, es muss eine hohe Stabilität im Hinblick auf die organische Substanz mitbringen. Es darf also nicht viel organische Substanz im fertigen Kompost vorhanden sein, die umgesetzt werden kann, denn das könnte im Substrat zu Verpilzungen oder zu Sauerstoffkonkurrenz im Wurzelbereich führen.

Diese Phase der biochemischen Umsetzung der organischen Substanz im Grüngut muss bereits mit der Kompostierung abgeschlossen sein. Deswegen sind ausreichend lange Rottezeiten nötig, um reife Grüngutkomposte zu erzeugen. Das geht in der Regel nicht in drei Monaten, sondern da braucht man eher sechs bis neun Monate.

Auch die Pflanzenverträglichkeit der Komposte muss gewährleistet sein, dafür gibt es einen speziellen Biotest. Die Stickstoffimmobilisation, die prinzipiell erfolgen kann, muss weitgehend ausgeschlossen werden. Auch dafür gibt es spezielle Testmethoden. All dies zusammengefasst findet man in der sogenannten RAL-Gütesicherung für Substratkomposte der Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. (BGK). Diese Güterichtlinie hat bereits Ende der 1990er-Jahre Grenzwerte für lösliche Nährstoffe, Natrium und Chlorid in den Komposten festgelegt und zwar in Bezug auf Kompostzugaben in unterschiedlicher Höhe.

Weiterhin gibt es entsprechende Vorgaben, um die Reife der Komposte, die Pflanzenverträglichkeit und die Stickstofffestlegung zu prüfen. Grundsätzlich ist das ein sehr gutes Regelwerk. Allerdings sollte es aus unserer Sicht im einen oder anderen Bereich weiterentwickelt werden, vor allem bei der Methode zur Bestimmung des Reifegrads – einem Thema, woran wir im Moment auch arbeiten.

Ein weiterer wichtiger Punkt, den es unbedingt anzugehen gilt, ist, dass diese Gütesicherung für Substratkompost auch tatsächlich in die Anwendung kommt und nicht nur auf dem Papier steht. Aktuell wird sie sehr wenig genutzt. Nach Daten der BGK werden 80 bis 90 Prozent der in Kultursubstraten eingesetzten Grüngutkomposte nur über die RAL-Gütesicherung Fertigkompost der BGK geprüft. Diese Gütesicherung ist im Prinzip sehr gut, aber vor allem für die Freilandanwendung der Komposte und damit für einen ganz anderen Anwendungsbereich gedacht. Viele für den Substratbereich sehr wichtige Anforderungen sind dort gar nicht berücksichtigt.

Ich finde es daher immer wieder erstaunlich, dass auch ein Großteil der Erdenwerke von ihren Kompostzulieferern nicht verlangt, dass diese Gütesicherung für Substratkompost durchgeführt wird. Sie würde den Betrieben sehr viel Sicherheit im Hinblick auf die Kultursicherheit bringen. So etwas nennt man "Sparen am falschen Ende" – und das fällt uns auf die Füße. Vor allem für Substrate im Erwerbsgartenbau geht das aus meiner Sicht gar nicht.

Oekolandbau.de: Gibt es denn überhaupt genügend Kompostwerke/Substrathersteller, um den Bedarf der Praxis decken zu können? Und kommt es zu Nutzungskonflikten mit anderen Branchen?

Ralf Gottschall: Wenn wir hohe Torfmengen ersetzen wollen, dann brauchen wir nach unterschiedlichen Aussagen zweieinhalb bis vier Millionen Kubikmeter Kompost. Das sind ambitionierte Zahlen, wie ja auch schon meine Einschätzung aktueller Kompostmengen gezeigt hat. Also müssen wir mehr Kompost herstellen. Es wird zwar von verschiedenen Seiten gesagt, dass dafür genügend Rohstoff vorhanden ist, aber der muss natürlich erst einmal gesammelt und verarbeitet werden. Wir haben nach wie vor massive Probleme, dass sowohl bei Bioabfällen als auch bei Grüngut noch nicht genügend Mengen erfasst werden. Ein großer Teil des Potenzials ist tatsächlich ungenutzt. Das liegt auch daran, dass Kompost leider immer noch zu sehr als Abfall und nicht als wertvolle Ressource gesehen wird.

Und natürlich ist die Nutzungskonkurrenz mit anderen Branchen ein Problem. Diese schlägt allerdings nicht erst am Ende, also beim fertigen Kompost zu Buche, sondern schon bei der Sammlung von Grüngut. Denn dort ist ein großer Teil holziges Material enthalten, welches vielfach abgetrennt wird und dann in die thermische Verwertung geht. Mit den Holzhäckseln werden zum Beispiel Biomasse-Heizkraftwerke befeuert. Bei manchen Kompostanlagen werden dafür bis zu 30 Prozent des Grünguts vorab schon abgeschöpft. Das geht uns für die Kompostierung verloren. Aber auch für die spätere Kompostverwendung ist dieser holzige Teil wichtig, denn der ist nährstoffarm, hat geringe Salzgehalte und er führt zu qualitativ wirklich guten Komposten, die wir eigentlich gerade für die Kultursubstrate im Erwerbsgartenbau benötigen.

Hinzu kommt schließlich noch die abschließende Konkurrenz, wenn der Kompost hergestellt ist, weil es verschiedene pflanzenbauliche Verwertungsgebiete gibt, die Komposte stark nachfragen. Bei den Grüngutkomposten ist die Konkurrenz mit der Freilandanwendung hoch – übrigens auch bezüglich der Nachfrage aus dem Öko-Landbau. Von daher müssten wir wirklich zusehen, dass wir so viel Grüngut wie möglich erfassen. Ich bin optimistisch, dass man zweieinhalb Millionen Kubikmeter für den Erdenbereich schaffen kann. Aber dazu müssen wir konsequent sammeln, kompostieren und ihn vor allem als wichtigen Sekundärrohstoff begreifen. Deswegen gibt es jetzt einen "5-Punkte-Plan" der Initiative "10 Millionen Tonnen Kompost in 10 Jahren", der nicht nur in Fachkreisen, sondern auch auf politischer Ebene diskutiert wird.

19.03.2024Landwirtschaft

Bezugsquellen für Kompost

Öko-Betrieben, die sich für Kompost interessieren, wird empfohlen, sich für weitere Informationen an die für sie zuständigen Öko-Beraterinnen und -Berater zu wenden. Auskunft über die Verwendung von Grüngut- und Biogutkomposten im ökologischen Landbau gibt auch die Bundesgütegemeinschaft Kompost e.V. oder der Verband der Humus- und Erdenwirtschaft e. V.

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Torffreie Anzuchterde

25.07.2024Landwirtschaft

Torfreduzierung: Stimmen aus dem Demo-Netzwerk

Im Öko-Gartenbau ist Torf nach wie vor der beliebteste Ausgangsstoff für Substrate. Wir haben einige Betriebe aus dem Demo-Netzwerk nach Ihren Erfahrungen mit torfreien und torfreduzierten Substraten im ökologischen Gartenbau gefragt und stellen Ihre Tipps und die Hindernisse auf dem Weg zu einem klimaangepassten Gartenbau vor.

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Oekolandbau.de: Wie sind die Rückmeldungen aus der Praxis hinsichtlich der Eignung von Komposten als Torfalternative?

Ralf Gottschall: Die Rückmeldungen sind tatsächlich sehr gemischt, was aus meiner Sicht auch nicht verwunderlich ist. Das hängt im Wesentlichen an zwei Dingen: Wenn ich nicht sicher bin, welche Komposte mit welcher Gütesicherung und welchen Eigenschaften im Substrat landen, dann kann ich auch nicht sicher sagen, wie der Kompost später in der Kultur funktionieren wird. Das ist wie eine Blackbox. Der Erwerbsgartenbau kann sich aber Unzuverlässigkeit nicht leisten. Und der zweite Punkt ist, dass wir gerade im Hinblick auf die vielfältige Zusammensetzung von Kultursubstraten mit den verschiedenen Torfalternativen noch zu wenig zu ihrem Verhalten in bestimmten Kulturen wissen, um absolute (Kultur-)Sicherheit zu haben. Da braucht es noch viel Forschung.

Beim Torf konnte man über einen sehr langen Zeitraum verschiedene Torfsubstrate und verschiedene Kulturen durchdeklinieren. Das ist bei Substraten zum Torfersatz bisher nur teilweise der Fall. Bei Komposten haben wir inzwischen sehr viele positive Ansätze im Zierpflanzenbereich und auch jetzt im "Ter Öko" Projekt sind sehr wichtige Ergebnisse generiert worden. Hier sind weitere Forschungsaktivitäten notwendig und die Ergebnisse müssen dann an die Zielgruppen mit einem effizienten und praxisnahen Wissenstransfer weitergegeben werden.

Dazu gibt es viele gute Entwicklungen, wie beispielsweise das Projekt "FiniTo". Diese müssen konsequent längerfristig durchgeführt werden, damit Forschungsergebnisse in die Umsetzung kommen.

Oekolandbau.de: Sind denn Torfalternativen teurer als Torf?

Ralf Gottschall: Im Moment überwiegend schon. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass Torf vielfach in Ländern produziert wird, in denen sich die Kostenseite ganz anders darstellt als hierzulande und nach wie vor die Transporte zu günstig sind. Je nachdem, wie sich die CO2-Bepreisung weiterentwickelt, könnten sich allerdings bereits mittelfristig Änderungen ergeben.

Tatsächlich ist es so, dass die Torfpreise in den vergangenen 15 Jahren bereits erheblich gestiegen sind. Das hat in der Erdindustrie mit dazu geführt, dass man vor allem bei Hobby-Blumenerden schnell auch Ersatzstoffen, wie den preisgünstigen Kompost, eingesetzt hat. Im Hobby-Bereich sind inzwischen tatsächlich schon höhere Anteile an Torf ersetzt, nach den letzten Daten des Industrieverbandes Gartenbau (IVG) über 40 Prozent.

Für eine dauerhaft stabile Entwicklung und vor allem für die Produktion von Premiumkomposten für Kultursubstrate im Erwerbsgartenbau muss man es jetzt schaffen, gute Preise für die Grüngutkomposte zu erreichen. Das motiviert wiederum die Kompostanlagen dazu, die besonderen Anforderungen, die an Grüngutkomposte für Kultursubstrate gestellt werden, auch einzuhalten. Das heißt unter anderem längere Kompostierungszeiten als normalerweise üblich und daraus folgend mehr Lagerplatz. Dazu kommt eine aufwendigere, ausgefeilte Gütesicherung, um die Sicherheit, die der Erwerbsgartenbau für Substrate benötigt, gewährleisten zu können.

Und noch ein weiterer Aspekt: Im Moment ist es vielfach noch schwierig für die Praxis, sich auf Kompost in höheren Mengen in den Substraten einzulassen. Die Skepsis ist groß, natürlich besonders im konventionellen Bereich, zum Teil aber auch im Öko-Landbau. Ein grundsätzliches Problem ist dabei aus meiner Sicht, dass man eine absolut sichere und effiziente Produktion braucht, um möglichst günstige Pflanzen für den Markt zu erzeugen. Dafür sind Torfsubstrate optimal geeignet. Wollen wir jedoch ökologische Alternativen, müssen wir uns wahrscheinlich mit der einen oder anderen Einschränkung anfreunden. Die Realität ist kein Wunschkonzert, jede Maßnahme verursacht eine Konsequenz. Müssen wir also nicht auch die Benchmarks anders setzen? Und sind dafür nicht auch oder sogar besonders der Handel sowie die Verbraucherinnen und Verbraucher wichtig?

Wenn ich hohe Mengen Torf im Kultursubstrat ersetze, muss ich aktuell mit Ergebnissen rechnen, die zwar ökologisch gut sind, aber pflanzenbaulich nicht immer an die Leistungen eines ausgeklügelten Torfkultursubstrats heranreichen. Wir haben zum Beispiel mit Topfkräutern im Projekt "TerÖko" sehr gute Ergebnisse beim Einsatz von 50 bis 70 Prozent Premiumkompost erzielt. Allerdings waren die Basilikumpflanzen kompakter und ein paar Zentimeter kleiner als die der Kontrolle. Da stellt sich die Frage: Würde das der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) akzeptieren oder nicht? Oder müsste der Gartenbaubetrieb noch etwas länger kultivieren, um den üblichen Benchmarks für die Pflanzen zu entsprechen? Und würde der LEH dann diesen Mehraufwand des Betriebs bezahlen oder darauf bestehen, dass zum bisherigen Preis geliefert wird? 

Wenn wir es schaffen, insgesamt die Kommunikation bis hin zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern zu verbessern, besteht eine gute Erfolgsaussicht, zu ökologischeren Anbausystemen zu kommen, die gute pflanzenbauliche Ergebnisse erzielen und von allen Beteiligten akzeptiert werden. 



Letzte Aktualisierung 25.07.2024

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