Erhitzt man pflanzliche Biomasse unter Luftabschluss bei Temperaturen über 400 Grad Celsius – diesen Vorgang nennt man Pyrolyse –, entsteht daraus nach einer gewissen Zeit ein poröses kohlenstoffreiches Material, dem in vielerlei Hinsicht ein großes Potenzial zugesprochen wird: Die Rede ist von Pflanzenkohle.
Potenzial als Negativemission
Eine bedeutende Eigenschaft von Pflanzenkohle ist ihre Fähigkeit, Kohlenstoff zu speichern. Bis zu 50 Prozent des in den Pflanzen enthaltenen Kohlenstoffs können durch die Umwandlung in Pflanzenkohle in festen molekularen Strukturen gebunden und damit über viele Jahrhunderte der Atmosphäre entzogen werden. Pflanzenkohle wird daher als vielversprechende Negativemissionstechnologiediskutiert, mit der unvermeidliche Restemissionen ausgeglichen werden können, die auch dann noch anfallen, wenn Deutschland im Jahr 2045 treibhausgasneutral ist, das heißt alle vermeidbaren Emissionen vermieden werden.
Soll Pflanzenkohle zukünftig in größerem Ausmaß als Negativemission genutzt werden, muss allerdings hinreichend geklärt werden, in welchem Umfang geeignete Biomasse verfügbar ist, die pyrolisiert werden kann, und inwiefern die Pyrolyse zu Pflanzenkohle eine Konkurrenz zu alternativen Verwendungsformen von Biomasse (z. B. energetische Nutzung, stoffliche Nutzung, Humusaufbau) darstellt.
Potenzial von Pflanzenkohle für die landwirtschaftliche Anwendung
Laut zahlreicher Studien scheint Pflanzenkohle darüber hinaus ein vielversprechender Bodenhilfsstoff für Landwirtschaft und Gartenbau zu sein. Eine bedeutende Studie in diesem Zusammenhang ist die Studie des Schweizer Forschungsinstituts Agroscope aus dem Jahr 2021, die im Auftrag des Schweizerischen Bundesamts für Landwirtschaft erstellt wurde. Forschende haben darin den Stand von 30 Meta-Analysen aus den Jahren seit 2015 zum Thema Pflanzenkohle zusammengefasst und bewertet. Dabei wurden verschiedenste Böden, Klimazonen und Landwirtschaftssysteme berücksichtigt.
Die Autorinnen und Autoren der Agroscope-Studie kommen zu dem Schluss, dass über alle betrachteten Meta-Analysen "für sämtliche untersuchten Parameter eine im Durchschnitt positive Auswirkung von Pflanzenkohle festgestellt" werden kann.
Danach ist Pflanzenkohle aufgrund ihrer porösen Struktur und ihrer gewaltigen inneren Oberfläche sehr gut in der Lage, Wasser und Nährstoffe zu speichern und Schadstoffe zu binden. Sie stimuliert das Wurzelwachstum, unterstützt den Humusaufbau und lockert feste Böden auf. Darüber hinaus besitzt sie die Fähigkeit, die Verfügbarkeit von Schwermetallen im Boden, sowie Lachgas-Emissionen und Nitratauswaschungen zu verringern.
Insbesondere auf tropischen Böden, so ein weiteres Fazit der Studie, führt der Einsatz von Pflanzenkohle zu Ertragssteigerungen, wenn sie zuvor mit Nährstoffen "beladen" wird. Hierzulande sind Ertragssteigerungseffekte aufgrund der zum Teil sehr guten Böden und der sehr hohen Bewirtschaftungsintensitäten insgesamt jedoch deutlich geringer oder gar nicht vorhanden.
Einer weitere umfangreiche Literaturstudie vom Institut für Ländliche Strukturforschung e.V. (IfLS) an der Goethe-Universität Frankfurt am Main von 2023 kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie die Agroscope-Studie.