Bio-Bier

Warum wir Bio-Bier brauchen

Beim Bio-Bier beginnt das Reinheitsgebot schon auf dem Acker. Gerste, Hopfen und Malz stammen aus ökologischem Anbau. Übliche Zusatzstoffe und Konservierungsstoffe müssen draußen bleiben. Mit Neumarkter Lammsbräu entlohnt eine Bio-Brauerei zudem die Gemeinwohlleistungen der Bio-Landwirtinnen und Landwirte. Ein Plus für uns und die Natur.

Wozu brauchen wir Bio-Bier, fragen sich manche Verbraucherinnen und Verbraucher. Schließlich schreibt das heute noch geltende Reinheitsgebot von 1516 vor, dass zur Bierherstellung nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verwendet werden dürfen. 

Doch das Reinheitsgebot regelt nur, welche Rohstoffe reinkommen, sagt aber nichts über deren Qualität aus. Beispielsweise fanden sich laut Öko-Test in zwölf von fünfzig getesteten Pils-Bieren Reste vom Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat. Die Bio-Biere enthielten keine Rückstände.

Beim Bio-Bier stammen Gerste, Weizen und Hopfen zu 100 Prozent aus ökologischem Anbau, wachsen also ohne Kunstdünger und chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel heran. Die Hefe, die den Malzzucker in Alkohol und Kohlensäure verwandelt (Gärung), darf beim Bio-Bier nicht genmanipuliert sein.

Naturbelassene und regionale Rohstoffe

Zudem bleiben die Rohstoffe möglichst naturbelassen. Viele Bio-Brauereien beziehen ihr Brauwasser aus eigenen natürlichen Quellen. Das Wasser wird nicht künstlich aufbereitet, um es brautauglich zu machen. Die Hopfendolden werden am besten ganz und frisch oder getrocknet als Pellets verarbeitet. Nur im ganzen Hopfen bleiben die äußeren Blätter und damit wertvolle Inhaltsstoffe wie Polyphenole erhalten. Hopfenextrakte sind bei Bio-Bier verboten.

Bio-Brauereien beziehen ihre Rohstoffe bevorzugt regional. Beispielsweise erwirbt die Brauerei Störtebeker (Bio-Anteil gut 30 Prozent) aus Stralsund ihr Getreide von heimischen Bio-Bäuerinnen und -Bauern aus der Region. Aber nicht alles wächst im hohen Norden vor der Haustür. Der Bio-Hopfen kommt aus dem bekannten bayerischen Hopfenanbaugebiet Hersbruck-Hallertau. Bei der Bio-Brauerei Lammsbräu stammen dagegen alle Rohstoffe aus der Region: die meisten Höfe liegen in einem Umkreis von 50 Kilometern.

Keine Konservierungsstoffe im Bio-Bier

Damit das Bier lange klar und haltbar bleibt, dürfen konventionelle Brauereien sogenannte Stabilisierungsstoffe wie den Kunststoff Polyvinylpolypyrrolidon – kurz PVPP – einsetzen. PVPP führt dazu, dass die im Bier natürlich vorhandenen Trübungsbildner wie zum Beispiel Polyphenole schnell ausflocken und sich anschließend leichter herausfiltern lassen. Das so chemisch behandelte konventionelle Bier hält sich mit zwölf Monaten doppelt so lange wie ein Bio-Bier. Mit den Trübstoffen verschwinden jedoch leider auch die gesunden Polyphenole.

Bio-Brauereien verwenden zum Klären ihrer Pilsbiere vor allem Kieselgur. Das sind Schalen von abgestorbenen Kieselalgen, die auf den Meeresgrund sinken. Die Neumarkter Lammsbräu bevorzugt Perlite aus Vulkangestein und Zellulose – beides nachwachsende Rohstoffe. Die bei der Bio-Weinfiltrierung verwendeten Hausenblase oder Gelatine kommen beim Bier nicht zum Einsatz. Bio-Bier ist also immer vegan.

Was ist eigentliche Malz?

Gewusst wie: In der Mälzerei werden die Getreidekörner in einem großen Becken mit reinem Wasser vermengt. Nach etwa einer Woche haben die einzelnen Körner kleine Keimlinge. Das heißt "Grünmalz". Braugetreide muss keimen, damit Enzyme aktiviert werden, die Stärke aufspalten. Nach dem Keimen wird das Korn getrocknet – auf Braudeutsch "gedarrt". Dann kommt das Malz zum Brauen ins Sudhaus.

Mehr Infos zum Bio-Brauprozess

Interview mit Johannes Ehrnsperger, Neumarkter Lammsbräu

Wir brauchen eine Wertschätzung vom Acker bis ins Glas.

Die Neumarkter Lammsbräu startet die regionale Agrarwende: Ab der nächsten Anbauperiode bezahlt der Bio-Bier-Pionier seine 180 Landwirtinnen und Landwirte der Erzeugergemeinschaft für ökologische Braurohstoffe (EZÖB) für ihre Gemeinwohlleistungen. Dafür wendet der Bio-Getränkeproduzent ein Prozent seines jährlichen Umsatzes von zuletzt 31,7 Millionen Euro auf. Der Inhaber Johannes Ehrnsperger erklärt, warum.

Oekolandbau.de: Warum bezahlen Sie Ihren Landwirtinnen und Landwirten mehr? Bio-Rohstoffe sind doch ohnehin schon teurer.

Johannes Ehrnsperger: Ja, das stimmt. Schon jetzt zahlen wir unseren Bio-Betrieben 20 Prozent mehr als für Bio-Verbandsware üblich und doppelt oder dreifach so viel wie der konventionelle Handel.  Wir pflegen traditionell enge Beziehungen zu unseren Landwirtinnen und Landwirten und schließen Fünf-Jahres-Verträge ab.

Bei der Preisfindung zählt bei uns seit langem nicht der anonyme Marktpreis. Wir nehmen stattdessen den Betrag als Basis, den ein Hof braucht, um langfristig zukunftsfähig zu sein. Künftig entlohnen wir die Landwirtinnen und Landwirte darüber hinaus zusätzlich für ihre Leistungen für die Gesellschaft. Denn diese Leistungen erbringen alle Landwirtinnen und Landwirte bisher größtenteils umsonst. Das führt zu viel Frust, wie wir bei den Bauernprotesten sehen konnten.

Oekolandbau.de: Für welche Leistungen konkret bekommen die Bio-Betriebe Geld?

Ehrnsperger: Es geht um Nachhaltigkeit auf allen Ebenen. Die Regionalwert Leistungen GmbH hat gemeinsam mit Menschen aus der Wissenschaft und Praxis einen Kriterienkatalog entwickelt, den wir in Pilotstudien getestet haben und jetzt anwenden. Der Katalog enthält ökologische Kriterien wie Maßnahmen zum Klima- und Wasserschutz oder für die Biodiversität, zum Beispiel Blühstreifen oder Hecken.

Außerdem gibt es soziale Kriterien wie eine Festanstellung von Mitarbeitenden oder Bildungsmaßnahmen. Ökonomisch kann der Betrieb mit vielen Betriebszweigen oder einer guten regionalen Vernetzung punkten. Dieser Mehraufwand muss sich für die Bäuerinnen und Bauern finanziell lohnen. Schulterklopfen allein reicht nicht.

Oekolandbau.de: Wie viel Geld macht das aus?

Ehrnsperger: Das hängt vom Engagement ab. Damit die Bewertung objektiv ist, müssen die Betriebe aussagefähige Daten in ein Online-Tool eingeben. Das Programm errechnet anhand von 500 Kennzahlen einen Nachhaltigkeitsgrad zwischen null und hundert Prozent. Je höher der Wert, desto mehr Prämie gibt es. Die meisten Betriebe liegen so um die 70 Prozent. Nach ersten Berechnungen beträgt die Durchschnittsprämie pro Betrieb rund 2500 Euro im Jahr. Das zahlen wir übrigens ganz unabhängig von der Liefermenge. Davon profitieren besonders kleine Betriebe, die bei Flächenprämien sonst immer zu kurz kommen.

Wichtig ist uns, das Geld nicht mit der Gießkanne auszuschütten, sondern individuell Anreize zu setzen, nachhaltig zu arbeiten.

Oekolandbau.de: Höhere Preise muss sich ein Unternehmen auch leisten können. Was macht Sie optimistisch, das zu schaffen?

Ehrnsperger: Die Gesellschaft muss umdenken. Wir denken schon immer vom Landwirt beziehungsweise der Landwirtin aus: Was brauchen sie für einen Preis, um ihren Hof an die nächste Generation weitergeben zu können? In der Realität läuft es meist andersherum. Da lautet die Frage: Welchen Preis sind die Endverbraucherinnen und Endverbraucher bereit für ein Produkt zu bezahlen? Dann geht die Preisdrückerei los: vom Handel auf die Brauerei bis zu den Landwirtinnen und Landwirten. Die produzieren dann auf Kosten der Natur. Die stellt zwar keine Rechnung, aber wir bekommen bald die Quittung.

Wir wünschen uns faire Preise und eine Wertschätzungsgemeinschaft vom Acker bis zum Glas. Und wir haben das Zutrauen, dass das auch klappt.


Letzte Aktualisierung 07.08.2024

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