In der Sektorenkopplung werden Energieerzeugungs- und Verbrauchseinheiten aus unterschiedlichen Bereichen miteinander verbunden. Darin liegt ein wichtiger Schlüssel für die Energiewende.
Sektorenkopplung
Der Begriff Sektorenkopplung bezeichnet die Verknüpfung verschiedener Bereiche der Energiewirtschaft wie Strom, Wärme und Verkehr. Während im Stromsektor die Wende zu erneuerbaren Energien schon vergleichsweise weit fortgeschritten ist („Stromwende“), ist der Verbrauch in den Sektoren Wärme- und Kälteerzeugung – in Industrie, Gewerbe, Dienstleistung und Gebäuden („Wärmewende“) – sowie Güter- und Personenverkehr („Verkehrswende“) noch stark von fossilen Energien abhängig.
Die Idee der Sektorenkopplung besteht darin, die überwiegend Strom erzeugenden Erneuerbaren Energien, vor allem wenn sie zum Zeitpunkt der Erzeugung nicht gebraucht werden, umzuwandeln, zu speichern und in anderen Sektoren zu nutzen. Wenn beispielsweise der Strom aus einer Photovoltaikanlage auf dem Dach dazu verwendet wird, das Gebäude zu beheizen, sind Strom- und Wärmesektor gekoppelt. Wärmepumpen sind noch effizienter: Sie nehmen mit Hilfe von Strom vorhandene Wärme aus der Erde oder der Umgebungsluft auf und setzen sie für den Betrieb der Heizungsanlage ein. So entstehen im Idealfall aus einer Kilowattstunde Strom mehrere Kilowattstunden Wärme.
Power-to-X
Dieses Verfahren wird als Power-to-Heat bezeichnet. Wenn Strom verwendet wird, um mittels Elektrolyse Wasserstoff oder in einem weiteren Schritt synthetisches Methan herzustellen, spricht man von Power-to-Gas. Die Produkte können sowohl im Wärme- als auch im Verkehrssektor verwendet werden. Eine weitere Möglichkeit bietet die Verflüssigung von Wasserstoff, um synthetischen Kraftstoff herzustellen. Dieses Verfahren heißt Power-to-Liquid. Der Kraftstoff kann wiederum – ähnlich wie fossile Kraftstoffe – in verschiedenen Einsatzbereichen dienen. Da er jedoch sehr aufwändig herzustellen ist, ergibt eine Nutzung nur in Bereichen Sinn, die anders nicht abgedeckt werden können (aktuell z.B. Langstreckenflüge).
Einer davon ist der Verkehr. Eine andere Möglichkeit für Power-to-Mobility, also die Kopplung von Strom- und Verkehrssektor, besteht darin, Strom ohne Umwandlung in Elektrofahrzeugen zu nutzen. Theoretisch ist auch eine Rückspeisung ins Stromnetz möglich – die Batterie dient dann als Speicher. Das sogenannte bidirektionale Laden ist in Deutschland jedoch noch nicht marktreif. Rückverstromung aus anderen durch Power-to-X gewonnenen Produkten ist ebenfalls möglich, wenn auch mit einem sinkenden Wirkungsgrad verbunden. Insgesamt kommt der Speicherfunktion, die die Sektorenkopplung bieten kann, jedoch eine wachsende Rolle zu.
Kraft-Wärme-Kopplung (KWK)
Eine etablierte Technologie für die Sektorenkopplung ist die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Sie wird seit vielen Jahren in unterschiedlichen Kraftwerkstypen eingesetzt – von der industriellen Großanlage bis zu kleinen Blockheizkraftwerken (BHKW). Konventionelle Anlagen nutzen aber keinen Ökostrom, sondern koppeln lediglich die Wärme aus, die bei der Stromerzeugung aus Brennstoffen anfällt. Sie wird zum Heizen, als Nah- und Fernwärme oder für Produktionszwecke als Prozesswärme verwendet.
Mit Hilfe der KWK lassen sich die eingesetzten Energieträger wesentlich effizienter nutzen als bei der reinen Stromerzeugung: KWK-Systeme erreichen einen Wirkungsgrad von bis zu 90 Prozent. Zum Vergleich: Herkömmliche Großkraftwerke haben einen Wirkungsgrad von rund 35 bis 40 Prozent, moderne Gas-und-Dampf-Kraftwerke kommen auf 60 Prozent. Die dort entstehende Abwärme wird normalerweise über Kühltürme in die Umgebung abgegeben.
Dezentrale Anlagen, die direkt beim Verbraucher Strom und Wärme produzieren, sparen zusätzlich Energie und CO2 ein, indem Übertragungsverluste vermieden werden. CO2-neutral arbeitet ein BHKW aber nur, wenn es ausschließlich erneuerbare Energien wie Biogas, Holz oder Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen verwendet.
Eine Erweiterung der Kraft-Wärme-Kopplung stellt die Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) dar. Dabei wird überschüssige Abwärme, die beim KWK-Prozess entsteht, in wärmegetriebenen Kältemaschinen für die Klimatisierung verwendet. Die Jahresnutzungsdauer und damit die Wirtschaftlichkeit eines BHKW erweitern sich dadurch zum Teil erheblich. Die KWKK findet zumeist in größeren Gebäuden wie Krankenhäusern, Supermärkten, Bürogebäuden, Flughäfen oder bestimmten Industrien Anwendung, die das ganze Jahr über einen hohen Strom-, Wärme- und Kältebedarf haben.
Neben herkömmlichen BHKW arbeiten auch Brennstoffzellenheizungen mit der KWK-Technik. Sie haben zumeist nur wenige 100 Watt Leistung. In der Brennstoffzelle entstehen Strom und Wärme durch eine elektrochemische Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff, die auch als „kalte Verbrennung“ bezeichnet wird.
Deutschland fördert die KWK im Rahmen des 2002 in Kraft getretenen KWK-Gesetzes. Die Höhe des sogenannten KWK-Zuschlags, also der Vergütung, die Betreiber von KWK-Anlagen pro Kilowattstunde Strom erhalten, wird seit 2017 über Ausschreibungen der Bundesnetzagentur ermittelt. Darin bewerben sich Bieter mit konkreten Projekten, die im Marktstammdatenregister gemeldet sein müssen. Die niedrigsten Gebote erhalten einen Zuschlag, bis das ausgeschriebene Volumen erreicht ist. Wer eine Brennstoffzellenheizung einbauen möchte, kann außerdem einen Zuschuss von der Förderbank Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhalten. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) bietet zusätzlich eine Fördermöglichkeit für KWK-Anlagen.
Förderung für Kraft-Wärme-KopplungBUND-Kampagne zur Kraft-Wärme-Kopplung
Mit Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung wird Strom produziert. Die im Prozess entstehende Wärme wird zum Beheizen von Gebäuden und für Warmwasser genutzt. Dafür wirbt die Naturschutzorganisation BUND auf ihrer Internetseite mit Erklärvideos, einem KWK-Check und der Broschüre „20 Fragen, 20 Antworten“.
Potenzial stärker nutzen
In Hessen wird das Potenzial der Kraft-Wärme-Kopplung noch bei weitem nicht ausgeschöpft. Ende 2022 gab es laut dem aktuellen Energiemonitoringbericht im ganzen Bundesland 5.640 geförderte KWK-Anlagen mit insgesamt 2.002,1 Megawatt (MW) elektrischer Leistung und 4.401,2 MW thermischer Leistung. Mit 61 Prozent (3.453 Anlagen) fallen die meisten Anlagen in die Kategorie von weniger als 10 Kilowatt Leistung. Den Löwenanteil der elektrischen und thermischen Leistung steuern hingegen wenige große Kraftwerke bei. So liefern die 29 größten KWK-Anlagen, 73 Prozent der elektrischen und 71 Prozent der thermischen Gesamtleistung von KWK-Anlagen in Hessen.
Die Stromerzeugung durch KWK-Anlagen, erreichte im Jahr 2012 ihren Höhepunkt und war anschließend bis zum Jahr 2020 leicht rückläufig. 2021 erfolgte erstmals wieder ein Anstieg. Die Wärmeerzeugung lag im gleichen Zeitraum relativ konstant im Bereich zwischen 7.000 und 8.000 GWh und erreichte 2021 mit 8.160 GWh den Höchststand. Im Jahr 2022 beträgt die Nettowärmeerzeugung 7.550 GWh.
Das Land Hessen strebt an, die Nutzung von KWK stärker auszubauen, so dass sie künftig einen stärkeren Beitrag zur Energieversorgung leisten kann. In den Jahren 2019 und 2020 gab es beispielsweise ein Programm zur Förderung von Mikro-KWK-Anlagen mit Brennstoffzellen, in den Interessentinnen und Interessenten dahingehend beraten wurden, ob sich der Einbau eines BHKW mit Brennstoffzelle für ihr Gebäude lohnt. Mehr als 230 Haushalte haben daran teilgenommen.
Auch in der Wissenschaft beschäftigt man sich seit einigen Jahren vermehrt mit der Nutzung der Sektorenkopplung als Schlüssel für die Energiewende. An der Schnittstelle zwischen Technik und Gesellschaft wird hier interdisziplinär geforscht und verstärkt auf eine Kreislaufwirtschaft hingearbeitet.
Vorzeigeprojekte in Hessen
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