Mobilität: Ein Thema, zwei Lösungen
Im Themenfeld Mobilität einigte man sich auf zwei Herausforderungen, die angegangen werden sollen. Vorausgegangen war eine umfangreiche Phase des Findens von Anwendungsfällen, die die Herausforderung, den Status quo der Mobilität im ländlichen Raum zu verändern, deutlich macht.
Die erste Lösung im Themenfeld ist KomMaaS, eine Software zur effizienteren Planung und Durchführung von Bürgerbusfahrten. KomMaaS steht für Kommunale Mobilität as a Service und wurde in einem früheren Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Ländliche Entwicklung durch das Fraunhofer IESE als Prototyp entwickelt. In Smarte.Land.Regionen wird die Lösung zusammen mit einem Bürgerbus in der Modellregion Bernkastel-Wittlich weiterentwickelt und erprobt. Beispielsweise wurde ein komplett neuer Lösungsteil entwickelt, der es ermöglicht, die unterschiedlichen Gegebenheiten verschiedener Bürgerbusse (z.B. Anzahl der Busse, Fahrer und Beifahrer oder nur Fahrer) zu individualisieren, um für jeden eine möglichst passende Lösung zu schaffen.
Beispielansicht eines Fahrttages in der »PlanBar« von KomMaaS
Die zweite Lösung im Bereich Mobilität befindet sich derzeit in der Entwicklung und konzentriert sich auf »modernes Trampen« mit einer Fokussierung auf Mitfahrbänke oder Mitfahrpunkte. Dieser Anwendungsfall wurde im Rahmen von drei Workshops und einer Vielzahl von Stakeholder-Abstimmungen im Landkreis Potsdam-Mittelmark entwickelt. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass Mitfahrbänke sowohl in Potsdam-Mittelmark als auch an über 200 weiteren Standorten in Deutschland zu finden sind. Der Anwendungsfall untersucht die Möglichkeit, Mitfahrgelegenheiten besser zu nutzen, indem analoge Punkte in Gestalt der Mitfahrbänke mit einer digitalen Lösung verknüpft werden.
Beispiel einer Mitfahrerbank
Vor Beginn der Entwicklung der digitalen Mitfahrbank-Lösung wurde eine umfangreiche Online-Bürgerbefragung in Potsdam-Mittelmark durchgeführt, bei der über 200 Bürger:innen die Umfrage vollständig beantwortet haben. Wichtige Erkenntnisse waren, dass Mitfahrbänke zwar wenig genutzt werden, dass aber grundsätzlich großes Interesse an einer digitalen Lösung besteht. Im Wesentlichen geht es darum, den Nutzer:innen die Unsicherheit, ob sie tatsächlich mitgenommen werden, zu nehmen und gleichermaßen die Sicherheit beim Trampen zu erhöhen, indem die Anonymität bekämpft wird.
Eine besondere Herausforderung bei der Umsetzung der digitalen Lösung besteht darin, dass der Markt bereits eine Vielzahl von Fahrgemeinschaftslösungen anbietet. Eine stichprobenartige Untersuchung ergab, dass wahrscheinlich keine dieser Lösungen außerhalb von Großstädten funktioniert. Um unnötige Doppelentwicklungen zu vermeiden und neue Erkenntnisse zu gewinnen, ist die Abgrenzung von bestehenden Ansätzen ein wesentliches Ziel unseres Vorgehens. Bei der Entwicklung der Lösung wurden daher folgende Aspekte betont:
- Verknüpfung von digitalen und analogen Elementen
- Fokus auf Fahrtgesuche
- Push-Mitteilungen an Nutzer, um wartende Personen auf Mitfahrbänken sichtbarer zu machen
- Iterative Entwicklung in Zusammenarbeit mit dem Landkreis
- Einbindung der Standorte der Bänke in die Routenplanung
- Fokus auf kurze Distanzen in der Gemeinde und zwischen Nachbargemeinden
- Einfache, browserbasierte Lösung mit ausgewählten Funktionen
Wer mehr über den Entwicklungsprozess und die zugrundeliegende Forschung erfahren möchte, kann hier den Preprint eines wissenschaftlichen Artikels lesen: https://www.preprints.org/manuscript/202308.1213/v1
Ausschnitt aus den ersten Mockups für die digitale Lösung
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Entwicklung nachhaltiger und effizienter Mobilitätslösungen im ländlichen Raum herausfordernd ist. Selbst eine minimale Erweiterung erfordert vielfältige Bemühungen. Während KomMaaS als erster verfolgter Ansatz im Themenbereich Mobilität wenig direkte Auswirkungen auf das Mobilitätsverhalten haben wird, trägt es dennoch dazu bei, das Engagement von Freiwilligen zu erhöhen und hat das Potenzial, durch eine effizientere Organisation zu mehr Bürgerbusfahrten zu führen.
Der Bereich der Mitfahrgelegenheiten birgt verglichen damit vielversprechende Potenziale, allerdings haben bereits existierende Lösungen gezeigt, dass es schwierig ist, tatsächliche Verhaltensänderungen herbeizuführen und eine echte Beteiligung von Fahrer:innen und Mitfahrer:innen zu fördern. Dennoch lohnt es sich, diese Lösung zu entwickeln, da sie sich von bestehenden Ansätzen deutlich abgrenzt. Ziel ist es, niedrigschwellig das Bewusstsein für die Vorteile von Fahrgemeinschaften zu schärfen und das Wissen darüber zu verbessern.