Kategorie: Filmbesprechung
"M"
Ein Kindermörder verbreitet Angst und Schrecken in einer Großstadt – der erste Tonfilm von Fritz Lang
Unterrichtsfächer
Thema
Im Jahr 1931 wird Berlin von einem unheimlichen Kindermörder heimgesucht. Das Hinterhofkind Elsie ist sein neuntes Opfer. In einer durch Angst, neue Presseschlagzeilen und die Ankündigung weiterer Taten aufgeheizten Stimmung verfolgt die Polizei jede Spur. Ihre verschärften Kontrollmaßnahmen rufen jedoch lediglich die Unterwelt auf den Plan, die sich in der Ausübung ihrer "Arbeit" gestört sieht und einen ungewöhnlichen Entschluss fasst: Die Kriminellen wollen den Mörder selbst fangen und "die Bestie ausrotten". Nach einer straff organisierten Hetzjagd gelingt es, den Triebtäter Hans Beckert zu fassen und vor ein Tribunal zu stellen. Die Polizei kann gerade noch eingreifen, um den Lynchmord zu verhindern.
Fritz Langs filmkünstlerischer Meilenstein ist alles in einem: Großstadtmelodram (Glossar: Zum Inhalt: Melodram), Kriminalfilm, Gangsterfilm und beeindruckendes Psychogramm eines Mörders. Im Stil der Neuen Sachlichkeit und in Abkehr von seinen früheren "Großfilmen" wie Zum Filmarchiv: "Metropolis" (DE 1927) verbindet Lang glaubhafte – wenn auch typisierte – Milieustudien zu einer gesamtgesellschaftlichen Analyse. Jede Kameraeinstellung, jeder Schnitt (Glossar: Zum Inhalt: Montage) dient der Charakterisierung und der Verortung in einem Kontext. So werden etwa in aufwendigen Zum Inhalt: Parallelmontagen die Methoden von Polizei und Kriminellen in kritische Beziehung gesetzt. Noch dem deutschen Zum Inhalt: Expressionismus verpflichtet sind eine suggestive Symbolik – ein Luftballon als Bild kindlicher Unschuld, die Allgegenwart von Messern – und die zielgenaue Verwendung der neuen Tontechnik. Berühmt wurde insbesondere die gepfiffene Melodie aus der Oper Peer Gynt (Glossar: Zum Inhalt: Filmmusik), mit der sich der Mörder verrät.
Fritz Langs Film, besetzt mit Schauspielgrößen wie Gustaf Gründgens und Peter Lorre, ist mehr als ein Stück Filmgeschichte. Anhand des dunklen Themas Kindermord analysiert der Regisseur die Triebkräfte einer auseinanderbrechenden Gesellschaft: Boulevardmedien nutzen berechtigte Ängste zur Schürung einer Massenhysterie, kriminelle Elemente verkörpern das "gesunde Volksempfinden" und drängen auf Selbstjustiz, die demokratischen Institutionen Polizei und Politik agieren hilflos. Die Parallelen zur Endzeitstimmung der Weimarer Republik sind offensichtlich. Lang selbst behauptete später sogar, er habe mit dem staatsstreichartigen Vorgehen der Ganoven vor dem Nationalsozialismus warnen wollen. Quellenanalysen zu solchen und anderen spannenden Fragen können die filmsprachliche Diskussion im Unterricht – etwa zum Verhältnis von Ton- und Bildebene – ergänzen. Von zeitloser Aktualität ist Langs Auseinandersetzung mit der Todesstrafe, wobei er ein abschließendes Urteil dem Publikum überlässt.