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Studenten-Experiment Kommune 1: Rainer Langhans blickt zurück – das geschah 1968 wirklich in der WG

Kommune 1 Collage von Bildern mit Bewohnern, Mitgliedern, Uschi Obermaier, Rainer Langhans
Collage von Bildern der Kommune 1: Uschi Obermaier und Rainer Langhans ziehen sich etwas über; Kommunarden in der Wohnung am Stephansplatz; Polizisten führen Fitz Teufel ab; Kommunarden beim Kiffen (im Uhrzeigersinn)
© Rainer Langhans und Christa Ritter, privat; picture alliance/ dpa
Die Kommune 1 ist noch immer die bekannteste WG Deutschlands. Die politischen Aktionen der Mitglieder machten sie zu Helden der 68er Generation. Die Kommune war dazu bekannt für freie Liebe und Drogen. Doch was geschah damals wirklich in der legendären Kommune? Rainer Langhans erinnert sich

Inhaltsverzeichnis

Die Kommune 1 ist die bekannteste Wohngemeinschaft Deutschlands – vielleicht sogar der ganzen Welt. Dabei war die Kommune 1, welche am 1. Januar 1967 in Berlin gegründet wurde und sich trotz ihres Ruhms bereits 1969 auflöste, eigentlich gar keine WG, wie der ehemalige Kommunarde Rainer Langhans betont. Er erklärt den Unterschied folgendermaßen: "Eine WG ist ein geistiges Zusammenleben – in der Kommune ist es ein liebendes, geistiges."

Dass die Kommune 1 bis heute als Sex-Kommune verschrien sei, auch wegen der Freizügigkeit der späteren Mitbewohnerin Uschi Obermaier, läge vor allem an den Medien. Diese hätten die  Berichterstattung irgendwann vor allem auf Drogen und Sex reduziert. "Aber uns ging es immer nur um Liebe", sagt Langhans im Gespräch mit GEO.de. Die älteren Menschen hätten das nicht verstanden. "Für sie waren wir Bürgerschrecks."

Das Lebensgefühl der 60er Jahre

Langhans und seine Freunde wollten sich damals von der moralischen Schuldlast ihrer Eltern befreien. Denn auch Mitte der 60er Jahre arbeiteten noch immer viele ehemalige SS-Offiziere und Nazis in öffentlichen Berufen – auch bei Gericht. "Wir waren die Kinder von Mördern und Faschisten", sagt Langhans. Dazu gab sich die Generation ihrer Eltern nach Außen sehr konservativ und moralisch. Diese Doppelmoral war für viele junge Menschen damals unerträglich. Zudem wollten die Eltern nicht mit ihren Kindern über ihre Taten reden.

Die junge Generation wollte unbedingt etwas gegen diese Scheinheiligkeit tun. Viele Studierenden rebellierten gegen den Vietnam-Krieg, anhaltenden Faschismus und gegen den Einfluss des konservativen Axel-Springer-Verlages. Die "68er Bewegung" war linksgerichtet, das Ziel: eine Demokratisierung der Gesellschaft. Mit Demonstrationen, Protesten, und irgendwann auch mit Fäusten gegen die Polizei, die damals hart mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und auch Waffen gegen die Studenten vorging.

Mitglieder der Kommune 1 Dieter Kunzelmann, Antje Krüger, Rainer Langhans und Fritz Teufel
Mitglieder der Kommune 1 bei einer Demonstration in der Universität Berlin 1968 (l-r): Dieter Kunzelmann, Antje Krüger, Rainer Langhans und Fritz Teufel
© Chris Hoffmann/ picture-alliance/ dpa

Am 2. Juni 1967 wurde der Student Benno Ohnesorg in Berlin erschossen. Das war der Moment, ab dem sich die Studentenbewegung radikalisierte. Der Wortführer der Studentenbewegung, Rudi Dutschke, wurde später von einem politischen Gegner und rechtsextremistischem Attentäter erschossen. Gemeinsam mit der die Außerparlamentarische Opposition (APO) versuchten sie 1968 eine Art Revolution, zumindest aber eine Rebellion.

Fitz Teufel aus der Kommune 1 wird verhaftet
Zwei Polizisten führen Fritz Teufel am 06.01.1968 in Berlin ab. Rund 70 Jugendliche unter Anführung der Berliner Kommune 1 hatten die Ankunft der Besucher des Berliner Juristen-Balls mit Schneebällen und Knallkörpern gestört
© Chris Hoffmann/ picture-alliance/ dpa

Doch davor ging es Studenten und Hippies vor allem um Liebe. Die jungen Menschen wünschten sich eine andere Welt. Und aus diesem Gefühl heraus entstand die Kommune 1.

Wie entstand die Kommune 1?

Eine Gruppe junger Studenten bildete einen Arbeitskreis im "Sozialistischen Deutschen Studentenbund" (SDS) und entwickelte darin die Idee der Kommune. Statt der Veränderung der Gesellschaft, wie es die neue Linke und der SDS wollten, wollten die Kommunarden versuchen, sich selbst zu verändern und an sich zu arbeiten.

Mitglieder der Kommune 1, Kunzelmann, Langhans und Teufel im Gericht
Kunzelmann, Langhans und Teufel (v.l.n.r.) in einem Gerichtssaal im Juli 1968. Ihnen wurde Störung der öffentlichen Ordnung vorgeworfen. Die Kommunarden nehmen es sichtlich mit Humor
© Edwin Reichert/ picture alliance / ASSOCIATED PRESS

 Dieter Kunzelmann – obwohl kein Student – trieb das Projekt der Kommune entscheidend voran. Rainer Langhans, der damals Psychologie in Berlin studierte, war Vorstandsmitglied des SDS und nahm an der Arbeitsgruppe teil. Er selbst zog zwar erst zwei Monate nach der Gründung der Kommune 1 ein, entwickelte aber die Praxis der Kommune 1 in ihrer Klausurphase als Externer mit. Ein weiteres Mitglied war der Student Fritz Teufel, der die Ausschwitz-Prozesse besucht hatte: "Das Schlimmste aber war, dass die Richter und die Angeklagten verblüffend ähnlich waren und dass die unheimlich höflich und verständnisvoll miteinander umgegangen sind", sagte Teufel später.

Was war die Philosophie der Kommune 1?

Bei einer Sitzung kam die Arbeitsgruppe auf die Idee, eine Kommune zu gründen. Der Plan: Alle Mitglieder sollen in einer Wohnung zusammenleben, alles miteinander teilen, Gedanken genauso wie Hemden. Eine These der angehenden Kommunarden war, dass in der Kleinfamilie, "in der kleinsten Zelle des Staates", der Faschismus entstünde.

Um diese Zelle des Faschismus zu zerschlagen, sei eine Kommune ideal. Die Kommune würde die notwendige Gemeinschaftsform der Zukunft sein, sonst hätte sie keine, dachten die Kommunarden. Für die Menschen draußen, für die "Spießer", war das Experiment "der Untergang des Abendlandes".

"Wir waren von dem Gefühl der 66er übermannt, dass alles gut wird", erzählt Langhans. "Und dass wir alle Eins sind. Wir haben mühsam versucht, dieses Gefühl den Spießern gegenüber auf einem Papier als Ziele der Kommune auszudrücken. Für die Spießer war die Kommune 1 aber der Untergang des Abendlandes."

Eine weitere Theorie der Kommunarden: Besitz bedeutet immer Krieg. "Wir haben in unser Inneres geschaut, da war Gier, Besitzfaschismus und Kapitalismus. Das verhindert Liebe." Also war das Ziel, besitzlos zu leben. Jede Hose und jeder Gedanke sollte geteilt werden. "Alles teilen, alles mitteilen", bringt es Langhans auf den Punkt. Als er einzog, hätte jemand sein Hemd angezogen. "Das hat mich geärgert." Doch der Mitbewohner sagte zu Langhans: "Warum dein Hemd? Das lag da, das hat mir gefallen, also habe ich es angezogen."

Noch eine Annahme: Das Private ist politisch. Die Erfahrung im Privaten ist die Politik von morgen. Langhans erklärt: "Wenn du selbst voller Liebe bist, bist du auch gegen Krieg."

Ebenfalls auf der Agenda: allgemeine Zärtlichkeit. Es sollte keine Kleinfamilie, keine Zweierbeziehung mehr geben. "Daraus machte die Presse dann Rudelbumsen, Orgien, ‘Wer zweimal mit derselben pennt, der gehört schon zum Establishment’", sagt sich Langhans verärgert.

Das höchste Ziel der Kommune: Nie wieder in den Faschismus oder in den Krieg zurückkehren. Oder, wie Langhans es sagt: "Der neue, wahrhaft liebende Mensch, und eine Welt umfassender Liebe."

Wo wohnte die Kommune 1?

Die Kommunarden wechselten die Wohnungen häufig, alle befanden sich jedoch in Berlin. Die ersten Wohnsitze der Kommune 1 befanden sich in der Fregestraße 19 sowie in der Niedstraße 14. Der bekannteste Wohnsitz der Wohngemeinschaft befand sich am Stuttgarter Platz, von der die meisten Aktionen ausgingen.

Später, als die Kommune sich aus der Offentlichkeit zurückzog, bauten sie eine Wohnung im zweiten Stock des Hinterhauses der Stephanstraße 60 in einer aufgelassenen Fabrik im Stephankiez (Moabit) aus. Sie war eine Art Loft.

Die Kommune 1 in der Wohnung in Moabit
Mitglieder und Besucher der Kommune 1 sitzen im Loft im Stephankiez (Moabit) auf dem Boden
© Rainer Langhans und Christa Ritter, privat

Wer war alles in der Kommune 1? Wer waren die Mitglieder?

Zu den Gründungsmitgliedern und Kommunarden der ersten Stunde gehörten Dieter Kunzelmann, Fritz Teufel, Ulrich Enzensberger, Volker Gebbert, Dagrun Enzensberger, Tanquil Enzensberger (die neunjährige Tochter von Dagrun Enzensberger), Dorothea Ridder, Dagmar Seehuber und schließlich Rainer Langhans.

Eines der bekanntesten Mitglieder der Kommune 1, das Model Uschi Obermaier, stieß erst später hinzu, weil sie sich in Rainer Langhans verliebte.

Wie war der Alltag in der Kommune 1? Rainer Langhans erinnert sich

Die Zeit der Kommune 1 lässt sich ziemlich genau in drei Phasen einteilen:

  1. die Anfangsphase: Vom Suchen und Finden der Liebe
  2. die Phase der politischen Aktionen: Pudding-Attentat und Verhaftungen
  3. Sex, Drugs, und Rock 'n' Roll: Uschi Obermaier, Rockstars und LSD

In der Anfangsphase der Kommune 1 sprachen die Kommunarden miteinander über ihr Inneres. "Das war ein ziemlicher Horror für uns, den wir aber für nötig hielten." Auf dem Boden lagen mehrere Matratzen, darauf saßen die Kommunarden Tag und Nacht. Es gab keine Kontakte mit der Außenwelt. Jeder erzählte seine Lebensgeschichte, seine Ansichten, und was ihn oder sie geprägt hat. Das alles wurde von dem Mitbewohnern kommentiert, analysiert und außeinander genommen. Und das brutal ehrlich.

Kunzelman, Teugel, Langhans aus der Kommune 1 am Stuttgarter Platz
Die Kommune 1 in der Wohnung am Stuttgarter Platz in Berlin: Hier planten Kunzelmann, Teufel und Langhans (v.l.n.r.) die berühmten, politischen Aktionen
© Michael Ruez

"Wir haben uns pausenlos kritisiert über das Zeug, was wir in unserem Kopf hatten", erzählt Langhans. "Es war wie eine Marathon-Therapie. Wir sind uns auf der intimsten Ebene begegnet. Das war alles ein Versuch, unsere Vergangenheit zu verarbeiten, alles zu überwinden, was nicht Liebe war."

Zur Liebe zu gelangen hieße, dass man erstmal durch den Horror gehen muss. Den Horror des schlechten alten Lebens. Wie in einer Therapie. "Die meisten zucken davor zurück, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen", so Langhans. 

"Doch wenn du die Horrorgeschichten des anderen kennst, erst dann kannst du ihn wirklich lieben", sagt Langhans. Erst dann könne er einem nicht mehr gefährlich werden. "Sonst musst du immer auf der Hut sein. Ich habe die anderen geliebt, wie wir das mit einer allgemeiner Zärtlichkeit umschrieben haben. Das befreit dich von allem. Am Ende der Anfangsphase war nur Liebe."

Diese Liebe wollten die Mitglieder der Kommune 1 dann mit anderen teilen. Um zu zeigen: Wir haben die Lösung, ihr könnt das auch! Deswegen sei eine der ersten Aktionen der Kommune 1 ein Tanz auf der Straße gewesen. Ähnlich wie bei den Hippies. Doch die Menschen hätten die Kommunarden nicht wirklich verstanden. Also wollten sie ihre Ziele deutlicher machen – der Start für die berühmten, politischen Aktionen der Kommune 1.

Was waren die Aktionen der Kommune 1?

Die wohl bekannteste Aktion der Kommune 1 war das "Pudding-Attentat", was Langhans mit Fritz Teufel, anlässlich des Besuchs des US-Vizepräsidenten Hubert H. Humphrey geplant hatte: Als Protest gegen den Vietnamkrieg wollten die Kommunarden den US-Politiker mit Pudding bewerfen. "Wir wollten seine Hohlheit sichtbar machen. Uns war es sogar das Risiko wert, erschossen zu werden. Wir waren damals so naiv, am Telefon darüber zu sprechen. Da hat uns dann der Verfassungsschuss abgehört. Die hörten vor allem Anschlag und Bombe! Und nahmen Langhans und andere Kommunarden in Polizeigewahrsam. Die Szene stellten Kommunarden später für die Presse nach – und es entstand das bekannte, nackte Rückenfoto.

Kommune 1 Mitglied Dieter Kunzelmann wird von Polizisten weggetragen
Kommune 1 Mitglied Dieter Kunzelmann wird von Polizisten weggetragen
© picture-alliance / dpa

"Fritz Teufel und andere waren schon zum Puddingwerfen üben in den Grunewald gefahren, wir waren zum Pudding-Kochen in der Wohnung. Da haben die uns an beiden Orten hochgenommen, bevor wir überhaupt zu einer Aktion kamen. Wir wurden festgenommen. Und waren ganz groß in der Presse." Die Bild-Zeitung (Axel-Springer-Verlag) titelte damals:  "Geplant: Berlin – Bombenanschlag auf US-Vizepräsidenten, elf Attentäter gefasst". Obwohl die "Bomben" nur Pudding, Joghurt und Mehl enthielten, wurden sie von der Axel-Springer-Presse als "Horror-Kommunarden" beschimpft.

Der Kommunarde Rainer Langhans wird nach seiner Festnahme von zwei Polizeibeamten abgeführt
Der Kommunarde Rainer Langhans wird nach seiner Festnahme von zwei Polizeibeamten abgeführt
© picture-alliance / dpa

Die Folgen:

  • Der Schriftsteller Günther Grass schmiss sie aus Uwe Johnsons Wohnung (sie zogen an den Stuttgarter Platz).
  • Sie wurden unter Studenten, auch wegen weiterer Aktionen, zu Helden und verehrt wie Rockstars.

Die Kommune 1 und die RAF

In der neuen Wohnung waren auch die späteren RAF-Mitglieder Andreas Baader und Gudrun Ensslin zu Gast. Damals hatten diese unter Studenten noch sehr viele Anhänger, waren noch nicht gewalttätig. "Andreas war oft da, mit dem war ich auch befreundet", erzählt Langhans. "Wir hatten ja auch die gleichen Ziele: Wir wollten weg von dem Besitz des Wirtschaftwunders, raus aus dem Kapitalismus."

Irgendwann hätten Baader und Ensslin sich immer mehr abgesondert, in der Kommune 1 in der Ecke gesessen und getuschelt. Langhans: "Auch, wenn wir mit dem sogenannten "Kaufhausbrand-Flugblatt" 1967 dazu aufgerufen haben, sich im Kaufhaus eine Zigarette anzuzünden – wir von der Kommune 1 wollten damals nie Krieg, oder dass jemand verletzt wird." Mit dem Flugblatt wollten die Kommunarden die Konsumgesellschaft und die Napalm-Attacken der US-Amerikaner im Vietnamkrieg kritisieren.

Monate später zündete die RAF in Frankfurt tatsächlich ein Kaufhaus an. Und Langhans wurde durch das Berliner Kammergericht, vor dem er wegen Anstiftung zur Brandstiftung angeklagt war, freigesprochen. "Wir haben damals in einem Interview mit dem Spiegel gesagt: Es geht uns nicht um Krieg! Darum geht es uns eben nicht!" Die Kommunarden hätten Baader und Ensslin zu Beginn gemocht, aber sich bereits damals klar von deren Aktionen distanziert.

Summer of Love: Das Lebensgefühl der 67er und 68er

Mit ihren Aktionen hatte die Kommune 1 nicht erreicht, was sie eigentlich erreichen wollte: Mit Liebe wirklich etwas in den Köpfen der Menschen zu verändern – und dass der Krieg endlich aufhört. Denn stattdessen gab es im Jahr 1968 Straßenschlachten zwischen Studenten und Polizisten.

Desillusioniert wollten die Mitglieder der Kommune 1 sich wieder auf sich konzentrieren, wie im Jahr 1967, dem Summer of Love. "Das Gefühl von 1967 lässt sich schwer in Worte fassen", versucht es Rainer Langhans. "Es kam einfach herübergeschwappt von den Hippies in den USA."

"Mitte 1968 wollten wir wieder dieses Gefühl erfahren, das voller Liebe war. Wie zu unserer Anfangsphase. Aber so sehr wir es versucht haben, die Erleuchtung hatte uns verlassen. Das Gefühl war so schnell gegangen, wie es gekommen war."

Die Zeit mit Uschi Obermaier: Sex, Drugs and Rock 'n' Roll

Die Mitglieder der Kommune 1 zogen im Spätsommer 1968 in die Wohnung am Stephanskiez in Berlin Mitte, bis heute der bekannteste Wohnsitz der K1. Hier kamen die Groupies aus aller Welt, die vor allem Fritz Teufel verehrten. Dieser war mit seinem humorigen Protest gegen die Politik schon damals eine Ikone der 68er. Irgendwie waren die Kommunarden zu "Popstars der Studentenbewegung" geworden.

Bald zog das Model Uschi Obermaier ein, bis heute eines der großen Sex-Symbole Deutschlands. Auch aus dem Grund, weil sich die Freundin von Rainer Langhans Oben-Ohne für Zeitschriften ablichten ließ. Für die einen ein Skandal – für die anderen der Inbegriff von Revolte und Coolness.

Uschi Obermaier und Rainer Langhans ziehen sich an
"Das schönste Paar der APO": Uschi Obermaier und Rainer Langhans ziehen sich in der Kommune 1 in Moabit etwas über
© Rainer Langhans und Christa Ritter, privat

"Ich habe die Uschi damals beim deutschen Woodstock 68 beim Essener Songfestival kennengelernt. Sie war in der ersten Musikkommune Deutschlands, ‘Amon Düül’, und spielte in der Band Rhythmusinstrumente. Wir haben uns sofort ineinander verliebt. Bei Plattenaufnahmen in Berlin hat sie uns in der Wohngemeinschaft besucht – und ist gleich geblieben."

Doch die sexy Brünette wurde in der Kommune nicht mit offenen Armen empfangen. "Sie hatte keine Ahnung von Politik", sagt Langhans. "Daher konnte Dieter Kunzelmann sie immer wieder runtermachen. Als ich bei aggressiveren Aktionen nicht mehr mitmachen wollte, schrie er: "Die blöde Obermaier hat dir das Gehirn weggefickt."

Doch Uschi und Rainer wollten lieber mit Liebe und Sex wieder zu dem Hippie-Gefühl zurückfinden. Und mit Musik. Freie Liebe wurde praktiziert, öffentlich auf Matratzen der Kommune. Musik-Stars gingen bei der mittlerweile weltweitberühmten Kommune 1 ein und aus. Darunter auch Jimy Hendrix und zwei Mitglieder der Rolling Stones: Mick Jagger und Keith Richards. Alle fingen etwas mit "der Obermaier" an. Dennoch sei sie eifersüchtiger als er gewesen, wie Langhans betont. "Mick Jagger war für mich nur ein BWLer, der musikalisches Talent hat."

Mitglieder der Kommune 1 kiffen
Mitglieder der Kommune 1 kiffen
© Rainer Langhans und Christa Ritter, privat

Die anderen Mitglieder der Kommune versuchten, das vermisste Lebensgefühl anderweitig wieder herzustellen. Dieter Kunzelmann hätte es mit Heroin versucht, erzählt Langhans. "Aber das wollte ich nie, das ist Krieg gegen den eigenen Körper." Nachdem Kunzelmann wegen der Beziehung zu Uschi Obermaier Langhans einen Verräter nannte, war die Freundschaft vorbei. "Dass ich nicht den Krieg, die Gegengewalt gegen die Eltern mitmachen wollte – und die Beziehung zu Uschi – hat mich meine ganzen geliebten Freunde gekostet."

Wie Dieter Kunzelmann, der die Kommune 1 frühzeitig verließ. Eine Bombe, die er bestellt hatte, und die in der Wohnung "so rumlag", führte zu Einsätzen der Polizei gegen die Kommune und zur U-Haft von Langhans und Kunzelmann. Als die Wohnung danach von Rockern zerstört wurde, bedeutete dies das endgültige Ende der Kommune 1.

Auch Fritz Teufel wurde wie Dieter Kunzelmann ein gewaltbereiter "Terrorist", der später acht Jahre im Gefängnis verbrachte. Uschi Obermaier und Rainer Langhans gründeten die Highfish-Kommune in München. Und trennten sich etwa ein Jahr und einige Kommunen später. Uschi Obermaier wurde zum Sex-Symbol einer ganzen Generation. Und Rainer Langhans fand endlich die Liebe wieder – in der Spiritualität. Bis heute lebt er in einer Art Kommune mit vier Frauen (Webseite "Nach Innen"), unter anderem mit Christa Ritter, in der jeder seine eigene Wohnung hat.

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