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Umweltverschmutzung Die Geschichte der Giftmacher: Als Deutschlands Flüsse nach Verwesung stanken

Der Hafen in Dortmund, 1899
Der Hafen in Dortmund. - Holzstich, 1899, nach einer Zeichnung von Fritz Stoltenberg
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Künstlich hergestellte Farbstoffe begründen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts den Aufstieg der deutschen Chemieindustrie an Main, Rhein und Wupper. Stinkend und gefährlich aber sind die Abwässer, die die Betriebe ungeklärt in die Ströme leiten

Der Main stinkt nach Verwesung. Fischkadaver treiben im Sommer 1884 den Fluss hinab. In der Gemeinde Höchst läuft ein Bote der Stadtverwaltung mit Schellen durch die Straßen und warnt Einwohner vor dem Verzehr der verendeten Tiere. Denn dem Gewässer entströmt ein starker Teergeruch; offenbar hat eine chemische Substanz die Fische vergiftet.

Viele Menschen verdächtigen die Fabrik Dittler & Co, die hier Fuchsin produziert, einen roten Farbstoff. Er entsteht, wenn man Anilin, einen aus Teer gewonnenen Stoff, zusammen mit giftiger Arsensäure erhitzt. Bei dem Verfahren entsteht arsenhaltiges Abwasser, das selbst in 100-facher Verdünnung Fische tötet. Die Indizien sind eindeutig. Schließlich gibt ein Vertreter von Dittler & Co gegenüber den Behörden ein "Versehen" zu: Ein Arbeiter habe irrtümlich eine Abwasserschleuse geöffnet. Doch das erste Massensterben im Main bleibt juristisch folgenlos. Weil die Farbenfabrik den Fischern in Höchst eine Entschädigung für entgangene Fänge zahlt, erstattet niemand Anzeige.

Im Sommer darauf schwimmen wieder tote Fische im Main, der Fluss ist dunkelrot gefärbt. 

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