Die Ernte hat begonnen in Stellenbosch, eben ist die Sonne aufgegangen. Frühnebel steigt aus den Weinbergen, Kinder wandern zwischen den Rebstöcken zur Schule in ihren gelben und grauen Uniformen, während ihre Mütter violette Trauben pflücken. Die Frauen haben sich Lehm ins Gesicht geschmiert gegen die Sonne, sie scherzen auf Xhosa. In der Ferne könnten sie den Tafelberg sehen, aber sie stehen tief gebückt in ihren Gummistiefeln, sie schneiden und rupfen, und wenn die Kiste voll ist, schütten sie die Trauben in den Anhänger hinter dem blubbernden Traktor. Es riecht scharf nach den geschnittenen Reben.
Stellenbosch am frühen Morgen wirkt wie ein Gemälde. Wenn die Traktoren nicht wären und die Heißluftballons mit Touristen über dem Horizont, könnte die Szene auch in einem anderen Jahrhundert spielen. Zwischen Weinhügeln stehen Häuser mit weißen Giebeln, manche vor mehr als 300 Jahren von Niederländern erbaut. Hier wohnen einige der reichsten Menschen Südafrikas, eines der ungleichsten Länder der Welt. Die Stadt, 40 Kilometer östlich von Kapstadt, gilt als Wiege des Afrikanerdom, des stolzen Nationalismus der Buren. In Stellenbosch studierten die Architekten der Apartheid.