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Meteorologie Saharastaub in Deutschland: Tritt das Wetterphänomen zukünftig häufiger auf?

Die Satellitenaufnahme vom 30. März 2024 zeigt dichte Schlieren von Saharastaub über dem Mittelmeer. Mit günstigen Winden schaffen es die winzigen Partikel bis in den Norden Deutschlands
Die Satellitenaufnahme vom 30. März 2024 zeigt dichte Schlieren von Saharastaub über dem Mittelmeer. Mit günstigen Winden schaffen es die winzigen Partikel bis in den Norden Deutschlands
© Nasa
Wüstenstaub trübt auch in Mitteleuropa immer wieder den Himmel. Zeigt sich das Wetterphänomen heute öfter als früher? Und könnte der Klimawandel dazu führen, dass es in Zukunft noch häufiger auftritt?

Ein milchig-trüber Himmel, eine matte Sonnenscheibe in München oder in Hamburg: In Deutschland staunen die Menschen immer wieder über den ungewöhnlichen Anblick. Ihren Ursprung haben solche Wetterereignisse in Staubstürmen im Norden Afrikas. Dort wirbeln starke Winde winzige Mineral-Partikel von durchschnittlich fünf bis zehn Mikrometern in Höhen von bis zu zehn Kilometern.

Sind die Bedingungen günstig, etwa bei einem Tief über dem nordöstlichen Atlantik und der Nordsee, können riesige Staubschlieren in nordöstlicher Richtung über das Mittelmeer bis nach Nordeuropa ziehen, die selbst auf Satellitenbildern gut zu erkennen sind.

Die Wolke eines Sandsturms türmt sich über flachem Land auf
Ein Staubsturm bildet in Mali, Westafrika, eine eindrucksvolle Front. Sind die Partikel einmal aufgewirbelt, können sie je nach Wetterlage in Höhen von bis zu zehn Kilometern gelangen
© Bluegreen Pictures / imago images

Neben der eigenartigen Trübung des Himmels hat die atmosphärische Mineralfracht auch für das Wetter in der jeweiligen Region Folgen. Denn zum einen verringern die Staubpartikel die Sonneneinstrahlung auf der Erdoberfläche. Das wirkt sich auf die Temperatur aus. Zum anderen sind sie hygroskopisch: Wassertröpfchen können an ihnen kondensieren und bilden ihrerseits Wolken – die die Sonneneinstrahlung noch weiter verringern.

In den vergangenen Jahren zeigte sich dieses Wetterphänomen fast regelmäßig. Hat es vielleicht etwas mit dem Klimawandel zu tun? Kommt es jetzt öfter vor als in der Vergangenheit? Andreas Walter vom Deutschen Wetterdienst (DWD) winkt ab: Sicher könne man das zwar nicht sagen, weil Messdaten für vergangene Jahrhunderte nicht vorliegen. "Aber Bezeichnungen wie 'Blutregen' und 'Blutschnee' lassen darauf schließen, dass es das Phänomen schon gab, als man es meteorologisch noch nicht korrekt erklären konnte", sagt Walter.

Wüstenstaub erreicht Deutschland an 60 Tagen im Jahr

In Deutschland gibt es nach DWD-Informationen durchschnittlich an etwa 60 Tagen Saharastaub in der Atmosphäre. Also verblüffend häufig – und im Süden doppelt so oft wie im Norden. Oft seien die Mengen allerdings so gering, dass sie ohne Instrumente gar nicht wahrgenommen werden können. Hinweise darauf, dass es heute mehr Wüstenstaub in der Luft gibt als früher, gebe es nicht, sagt Andreas Walter. Messungen an der Wetterstation Hohenpeißenberg zwischen 1997 und 2023 zeigen besonders viele Staubtage in den Jahren 1998 und 2015 – aber keinen einheitlichen Trend.

Saharastaub über München färbt den Himmel orange
Im März 2022 taucht Saharastaub das Münchener Rathaus in gelbliches Licht
© Christian Offenberg / Alamy Stock Photos / mauritius images

Und in der Zukunft? "Es könnte eine Veränderung geben, wenn es im Zuge des Klimawandels zu einer weiteren Ausbreitung der Wüsten kommt", sagt Andreas Walter. Weil dann eine größere Fläche als Quellgebiet infrage kommt. Das sei allerdings noch Spekulation.

Um "Saharastaub-Events" zu prognostizieren, hat der Deutsche Wetterdienst zusammen mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ein Vorhersagemodell entwickelt, das auf der Messung der Atmosphärentrübung durch Staubteilchen basiert. Relevant sind die Daten vor allem für die Energiewirtschaft und die Stromnetzbetreiber. Denn Sonnenstrom wird für die Stromversorgung der Zukunft immer wichtiger. Und der Wüstenstaub in der Atmosphäre und auf den Glasoberflächen der Module schmälert die Ausbeute.

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