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Die Geschichte zum Namen Eine App verrät, welche Schicksale sich hinter den Stolpersteinen verbergen

Die App von Nicola Andersson scannt die Inschriften der Stolpersteine und verrät Informationen über die früheren Bewohner und Bewohnerinnen
Die App von Nicola Andersson scannt die Inschriften der Stolpersteine und verrät Informationen über die früheren Bewohner und Bewohnerinnen
© IMAGO / penofoto
Der Künstler Gunter Demnig erschuf das größte dezentrale Mahnmal für die Opfer des NS-Regimes: die "Stolpersteine". Nicola Andersson will die Namen auf den Gedenktafeln nun mit den Lebensgeschichten der Personen verknüpfen – per App

Wenn sich Nicola Andersson in ihrem Wohnviertel in Berlin-Kreuzberg auf den Gehweg kniet und beginnt, die kleinen Messingplaketten auf den Gedenksteinen mit einem Tuch zu reinigen, wundern sich die Vorbeigehenden: Ist das ein Akt des besonderen Respekts? Oder ist sie eine offizielle "Stolperstein-Pflegerin"?

"An beidem ist etwas dran", sagt die 36-jährige Expertin für kulturelles Erbe und lacht, "aber der eigentliche Zweck ist ein anderer." Andersson ist nämlich meistens dabei, einen neuen Prototypen ihrer "Stolperstein-App" zu testen: "Dafür müssen die Messingplatten einigermaßen sauber sein, sonst kann das Handy sie nicht erfassen."

Wenn das Smartphone die Inschriften lesen kann, gibt die App Informationen über die Menschen preis, deren Namen auf den kleinen Gedenktafeln verewigt sind: Verfolgte und Opfer aus der Zeit des Nationalsozialismus, die in den Gebäuden, vor denen die Steine platziert sind, ihren letzten frei gewählten Wohnort hatten.

Das Stolperstein-Projekt des Künstlers Gunter Demnig begeistert Nicola Andersson, seitdem sie 2011 von England nach Berlin zog. "Ich finde es toll, dass an ganz alltäglichen konkreten Orten an individuelle Menschen erinnert wird, auf eine ganz schlichte, unaufdringliche und doch sehr rührende Weise." Dabei fehlten Andersson jedoch die Lebensgeschichten hinter den Namen. Sie begann für eine App zu experimentieren, recherchierte Hintergründe und lernte zu programmieren.

Als herausfordernd empfand sie das Projekt aber vor allem inhaltlich. "Mit den Namen verknüpfen sich schreckliche Schicksale, die mich emotional immer wieder mitgenommen haben", erzählt Andersson.

30 Stolpersteine in Kreuzberg sind bisher im Prototyp ihrer App lesbar, ein Bruchteil der mehr als 75 000 Steine in Europa. Andersson verbindet sie zu einer per App geführten Tour durch den Stadtteil – und ermöglicht so den Menschen einen erinnernden Blick in die Vergangenheit.

GEO

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