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Gene und Licht Von Braun bis Grün: Wie entsteht unsere Augenfarbe?

Auge einer Frau
Mit der Augenfarbe, die wir als Erwachsene haben, werden wir in der Regel nicht geboren. Sie verändert sich im Laufe des Lebens
© Maria Korneeva / Getty Images
Ob Blau, Grün, Braun oder Grau – das menschliche Auge gibt es in ganz unterschiedlichen Farbnuancen. Doch welcher Mechanismus bestimmt die Augenfarbe, was hat die Vererbung damit zu tun und warum haben Babys in der Regel blaue Augen? Wir beantworten diese Fragen

Das menschliche Auge ist eines der faszinierendsten und komplexesten Organe unseres Körpers. Es erlaubt uns nicht nur, die Welt in ihrer vollen Farbenpracht zu sehen, sondern ist auch dazu in der Lage, Millionen von Lichtreizen in Bruchteilen von Sekunden zu verarbeiten. Ohne dass wir es bewusst steuern, arbeiten pausenlos unzählige Zellen und Nervenfasern im Hintergrund zusammen, um scharfe Bilder, Bewegungen und sogar feine Unterschiede in Helligkeit und Kontrast wahrzunehmen.

Aber wie genau entsteht eigentlich unsere Augenfarbe, welche Rolle spielen genetische Faktoren und warum haben manche Menschen sogar zwei unterschiedlich gefärbte Augen?

Die Rolle der Iris: Wo die Farben entstehen

Die Augenfarbe wird von der Iris bestimmt, dem farbigen Ring, der die Pupille umgibt. Diese besteht aus mehreren Schichten. In einer davon, im sogenannten Stroma iridis, befinden sich die Melanozyten, die den Farbstoff Melanin produzieren. Dieses Pigment ist für all die verschiedenen Augenfarben verantwortlich, denn es absorbiert Licht und verleiht der Iris ihre Farbe.

Die Farbe der Iris hängt von der Menge und Verteilung des Pigments Melanin sowie von der Struktur der Iris ab. Melanin ist dasselbe Pigment, das auch Haut- und Haarfarbe beeinflusst. Je nachdem, wie hoch die Melaninkonzentration im Auge ist, ergibt sich eine andere Augenfarbe. In der Iris liegt Melanin in zwei Arten vor: Eumelanin, das für dunkle Farben wie Braun und Schwarz verantwortlich ist, und Pheomelanin, das rötliche und gelbliche Töne erzeugt.

Blaue, grüne und braune Augen: Wie Melanin die Farbe beeinflusst

  • Braune Augen haben die höchste Konzentration von Eumelanin in der Iris. Das Pigment absorbiert das Licht, was zu einer dunkleren Farbe führt. Braune Augen sind weltweit am häufigsten.
  • Blaue Augen hingegen enthalten nur wenig Melanin in der vorderen Schicht der Iris. Das Licht wird in der Iris gestreut, woraus die blaue Farbe resultiert – ähnlich wie der blau erscheinende Himmel, der durch Streuung von Licht entsteht.
  • Grüne Augen sind die Folge eines mittleren Melaninspiegels, wobei sowohl Eumelanin als auch Pheomelanin vorhanden sind. Das grüne Aussehen entsteht durch die Kombination der Pigmentierung und der Lichtstreuung.

Genetische Vererbung: Wie Gene die Augenfarbe steuern

Die Gene spielen eine zentrale Rolle bei der Bestimmung der Augenfarbe des Menschen. Früher dachte man, die Vererbung der Augenfarbe folge einem einfachen Mendel'schen Muster: Braun sei dominant, Blau rezessiv. Heute wissen wir, dass es komplizierter ist. Mehrere Gene arbeiten zusammen, um die genaue Augenfarbe zu bestimmen, und die Vererbung kann oft unvorhersehbare Ergebnisse bringen.

Die Augenfarbe wird von mehreren Genen beeinflusst, von denen das OCA2-Gen eine zentrale Rolle spielt. Es ist verantwortlich für die Produktion von P-Protein, das bei der Bildung von Melanin hilft. Eine Variation im OCA2-Gen kann die Menge an Melanin in der Iris beeinflussen und so zu helleren oder dunkleren Augenfarben führen.

Ein weiteres wichtiges Gen ist das HERC2-Gen. Wenn eine bestimmte Variante von HERC2 aktiv ist, blockiert es die Melaninproduktion im OCA2-Gen, was oft zu blauen Augen führt. Fehlt diese Blockierung, wird mehr Melanin produziert, was zu braunen Augen führt. Zusätzlich zu OCA2 und HERC2 gibt es weitere Gene, wie SLC24A4 und TYR, die die genaue Farbintensität und Schattierung beeinflussen können. Diese Gene wirken zusammen, um eine Vielzahl von Augenfarben zu erzeugen – von tiefem Braun über Grün bis hin zu Hellblau oder Grau.

Die Augenfarbe ist daher polygenetisch, das heißt, sie wird durch mehrere Gene gleichzeitig bestimmt. Das erklärt auch, warum Kinder manchmal eine andere Augenfarbe haben können als ihre Eltern, da verschiedene Genkombinationen zu unterschiedlichen Ergebnissen führen können.

Ein besonders faszinierendes Phänomen ist die Heterochromie, bei der die Augen einer Person unterschiedliche Farben haben. Bei der genetischen Heterochromie führt eine ungleichmäßige Verteilung von Melanin dazu, dass sich die Augen in der Farbe unterscheiden, was allerdings sehr selten ist.

Verbreitung der Augenfarben: Wie häufig sind Blau, Grün, Braun und Grau?

Die Verteilung der Augenfarben variiert weltweit stark je nach Region und genetischem Hintergrund. Sie ist ein prägnantes Beispiel für die genetische Diversität des Menschen und spiegelt oft klimatische und geografische Bedingungen wider, die sich über Jahrtausende hinweg entwickelt haben.

Braune Augen sind mit Abstand die häufigste Augenfarbe weltweit und kommen vor allem in Afrika, Asien, Südamerika und Südeuropa vor. Rund 55 bis 79 Prozent der Weltbevölkerung hat braune Augen. Die dunkle Augenfarbe ist auf die hohe Konzentration von Melanin in der Iris zurückzuführen. Historisch gesehen war dies ein Vorteil in Regionen mit starker Sonneneinstrahlung, da Melanin als Schutz gegen UV-Strahlung wirkt.

Blaue Augen sind eine genetische Seltenheit und dominieren hauptsächlich in Nordeuropa, insbesondere in Ländern wie Estland, Finnland, Schweden und Norwegen. In diesen Regionen haben bis zu 90 Prozent der Bevölkerung diese Augenfarbe. Auch in Ländern wie Deutschland, Irland und den Niederlanden sind blaue Augen relativ häufig, obwohl die Häufigkeit hier bei etwa 30 bis 50 Prozent liegt – wobei auch das im weltweiten Vergleich noch sehr hoch ist, denn von der Weltbevölkerungen insgesamt besitzen nämlich nur etwa acht bis zehn Prozent blaue Augen. Die Verbreitung blauer Augen geht vermutlich auf eine genetische Mutation zurück, die vor etwa 6000 bis 10.000 Jahren in Europa auftrat. Sie verbreitete sich aufgrund des Bevölkerungswachstums und des genetischen Erbes, bleibt aber größtenteils auf europäische Populationen beschränkt.

Grüne Augen sind noch seltener: Nur rund zwei Prozent der Weltbevölkerung haben diese Augenfarbe. Grüne Augen sind vor allem in Europa zu finden, insbesondere in Ländern wie Irland, Schottland und Island, wo bis zu 20 Prozent der Bevölkerung diese Augenfarbe haben. Grüne Augen entstehen durch eine geringe Menge Melanin und eine Mischung der Melanine Pheomelanin und Eumelanin, was sie zu einer der seltensten Augenfarben weltweit macht.

Graue Augen, die seltenste aller Farben, sind fast ausschließlich in Nordeuropa zu finden, vor allem in Skandinavien und dem Baltikum. Nur etwa ein Prozent der Weltbevölkerung haben diese Farbe. Die graue Augenfarbe wird durch eine sehr geringe Melaninkonzentration in der Iris verursacht.

Die Augenfarbe verändert sich im Laufe des Lebens

Viele Babys haben zu Beginn blaue Augen. Doch mit der Zeit verändert sich die Augenfarbe, viele Augen werden mit zunehmendem Alter dunkler. Der Grund hierfür liegt – wer den Text bis hierhin gelesen hat, ahnt es sicher – im Melanin, dem Pigment in der Iris des Auges. 

Bei der Geburt ist die Produktion von Melanin oft noch nicht vollständig entwickelt. Die Melanozyten, die Zellen, die Melanin produzieren, beginnen erst nach und nach mit der Produktion des Pigments. In den ersten Monaten haben viele Babys deshalb nur wenig Melanin in ihrer Iris, was dazu führt, dass ihre Augen blau erscheinen.

Der Tyndall-Effekt: Wenn Augen blau wirken

Dieses physikalische Phänomen beschreibt auch der sogenannte Tyndall-Effekt: Das Licht, das in die Iris eindringt, wird gestreut. Da Babys zu diesem Zeitpunkt nur wenig Melanin in der Iris haben, wird das Licht überwiegend gestreut und das reflektierte Licht erscheint blau. Dieser Effekt ist vergleichbar mit dem Phänomen, das den Himmel blau erscheinen lässt.

Mit der Zeit beginnen die Melanozyten, mehr Melanin zu produzieren. Die endgültige Augenfarbe eines Kindes hängt davon ab, wie viel und welche Art von Melanin in der Iris vorhanden ist:

  • Wenig Melanin führt zu blauen Augen.
  • Mehr Melanin resultiert in grünen oder haselnussbraunen Augen.
  • Viel Melanin erzeugt braune oder schwarze Augen.

Die Melaninproduktion und damit die Augenfarbe eines Kindes wird durch die genetische Veranlagung der Eltern bestimmt. Die endgültige Augenfarbe ist also genetisch festgelegt. Wenn die Eltern dunklere Augen haben, ist es wahrscheinlicher, dass das Kind mit zunehmendem Alter ebenfalls dunklere Augen entwickelt. Blau bleibt jedoch möglich, vor allem wenn in der Familie blaue Augen vorkommen.

Insgesamt ist die Augenfarbe ein faszinierendes Beispiel dafür, wie komplex genetische Vererbung sein kann und seine Entstehung ist weitaus komplizierter, als viele denken. Kein Wunder also, dass viele Menschen von besonderen Augenfarben fasziniert sind – sie machen uns einzigartig.

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