Kaum auf der Welt, schon müssen Neugeborene verschiedene, teils unangenehme Untersuchungen über sich ergehen lassen. Dass bestimmte Musik solche Erfahrungen für die Babys erträglicher machen kann, berichten US-amerikanische Forschende im Fachmagazin "Pediatric Research".
Das Team um Saminathan Anbalagan vom Lincoln Medical & Mental Health Center in New York untersuchte das Schmerzempfinden von gesunden, termingerecht zur Welt gekommenen Neugeborenen in einem Krankenhaus vor, während und nach der Blutentnahme im Rahmen eines Routine-Screenings. Dabei wird innerhalb der ersten zwei Lebenstage aus der Ferse der Babys Blut entnommen und analysiert, um schwere Erkrankungen wie Stoffwechselstörungen, hormonelle Entgleisungen oder schwere Immundefekte möglichst früh zu erkennen. Auch in Deutschland ist ein solches Screening Standard.
Die Forschenden teilten dazu 100 Neugeborene nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen: Eine Hälfte hörte 20 Minuten vor dem Einstich bis 5 Minuten danach ein instrumentales, beruhigendes Schlaflied über Lautsprecher. Der Kontrollgruppe wurde keine Musik vorgespielt. Kurz vor dem Eingriff erhielten alle Babys eine kleine Menge Zuckerlösung, die das Schmerzempfinden herabsetzen soll. Die Säuglinge hatten weder Schnuller noch Körperkontakt zu ihren Eltern. Die behandelnden Ärzt*innen trugen schalldichte Kopfhörer, sodass sie selbst nicht wussten, ob die Babys Musik hörten oder nicht.
Mit dem Schlaflied empfanden die Kinder den Fersenstich als deutlich weniger schmerzhaft als die Babys aus der Kontrollgruppe. Dies beurteilten die Mediziner*innen anhand eines standardisierten Systems ("Neonatal/Infant Pain Scale", kurz: NIPS), das den Schmerzpegel der Kinder anhand von Mimik, Weinen, Atmung, Bewegungen der Gliedmaßen und allgemeiner Erregung klassifiziert. Während die Kinder aus der Kontrollgruppe beim Einstich den maximalen Skalenwert 7 erreichten, lag er mit Musik bei durchschnittlich etwa 4.
Die ersten Schmerzerfahrungen können prägen
Schmerzempfinden bei Säuglingen sei lange unterschätzt worden, schreibt die Gruppe. Noch in den 1980er-Jahren wurden Babys ohne Schmerzmittel operiert. Mittlerweile sei aber bekannt, dass frühe Schmerzerfahrungen die Schmerzreaktionen im späteren Leben beeinflussen könnten. Daher sei die Etablierung einer einfachen und zuverlässigen Methode zur Schmerzlinderung bei Neugeborenen von entscheidender Bedeutung.
"Musikintervention ist ein einfaches, reproduzierbares und kostengünstiges Instrument zur Schmerzlinderung bei kleineren Eingriffen an gesunden Neugeborenen", schreibt die Gruppe. Die Ergebnisse könnten etwa auf Geburtsstationen für Neugeborene mit begrenzten Ressourcen angewendet werden. Zudem könnte man gezielt untersuchen, ob etwa vorher aufgenommene Sequenzen mit den elterlichen Stimmen ebenfalls Schmerzen lindern könnten.