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Smartphone-Nutzung Handysucht und Prokrastination: Diese Tipps helfen, den Alltag in den Griff zu bekommen

Handysucht Mensch fällt in ein Smartphone
Das Smartphone bietet ständige Ablenkung von den lästigen Pflichten des Alltags – immer mehr Menschen verlieren sich in den digitalen Fluchten
© Klaus Vedfelt / Getty Images
Immer mehr Menschen fällt es schwer, sich für längere Zeit zu konzentrieren. Zu verlockend ist der Blick auf das Smartphone. Die Folge: Wichtige Aufgaben bleiben liegen, die Prokrastination nimmt zu. Wenn Unzufriedenheit und schlechtes Gewissen wachsen, ist es Zeit zu handeln. Ein paar praktische Tipps bieten vielversprechende Lösungen

Nur noch schnell ein Katzenclip! Und dann noch einer. Nur noch rasch ein Beauty-Tipp! Und dann noch einer. Nur noch kurz ein Chat! Und dann noch einer. Die digitale Welt bietet schier unbegrenzt viele Verlockungen, die weit angenehmer sind als die Seminararbeit, die Steuererklärung, das Büffeln für die nächste Klausur. Verlockungen, die Ablenkung verschaffen von den nervigen Pflichten auf dieser endlos langen, immer vollen To-do-Liste des Lebens. 

Und in puncto Zerstreuung steht wohl kein Gerät so hoch im Kurs wie das Smartphone. Es lenkt den ersten müden Morgenblick auf sich, begleitet uns den ganzen Tag, liegt bei der Arbeit, im Café, in der Bibliothek griffbereit auf dem Tisch – und spätabends neben uns im Bett, bis die Augen zufallen. "Heutzutage stellt das Handy das Universal-Tool schlechthin dar", sagt der Psychologe Hans-Jürgen Rumpf von der Universität zu Lübeck. "Und bietet oft die am schnellsten verfügbaren und umfangreichsten Möglichkeiten der Ablenkung."

Im Mittel rund drei Stunden täglich verbringen Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 29 Jahren mit ihrem Handy. Auch die 30- bis 64-Jährigen nutzen ihr Smartphone ausgiebig: durchschnittlich gut zweieinhalb Stunden am Tag. Viele Minuten, in denen sich jeder und jede auch anderen Aufgaben widmen könnte ­– mindestens theoretisch. 

Denn nicht wenige stellen fest, dass es ihnen immer schwerer fällt, ihre Aufmerksamkeit für längere Zeit von den ständigen Nachrichten, Lachern und Likes abzuwenden. Eine Whatsapp leuchtet auf? Schon ist die Konzentration für den Moment passé. Schon reizt die Versuchung, die mühsameren Angelegenheiten kurz liegen zu lassen – oder gleich ganz auf später zu verlegen.

Mehr und mehr junge Erwachsene – unter ihnen viele Studierende – klagen über ihren Hang zur Prokrastination

Mittlerweile zeigt eine Reihe von Studien: Die Nutzung von Smartphones und die Tendenz, Dinge aufzuschieben – zu prokrastinieren –, beflügeln sich gegenseitig. "Es ist eine positive Rückkopplung", sagt Rumpf, Experte für Internetnutzungsstörungen. "Menschen, die etwas nicht angehen wollen, verlieren sich in der digitalen Welt. Und Menschen, die sich in etwas verlieren, gehen die Dinge nicht an."

Inzwischen klagen mehr und mehr junge Erwachsene – unter ihnen viele Studierende – über ihren Hang zur Prokrastination, darüber, dass das schlechte Gewissen wächst und sie Schwierigkeiten haben, sich den ganzen Stoff anzueignen. Fakt ist: Wer komplexe Zusammenhänge in der Tiefe begreifen will, muss sich intensiv und oftmals eine Zeit lang am Stück mit den Inhalten beschäftigen. Permanente Ablenkung und die Zersplitterung von Aufmerksamkeit führen zu Frust – und rufen nicht selten unterschiedliche Ängste hervor. Einerseits FOMO ("fear of missing out"): Man möchte nichts verpassen, verspürt den Drang, ständig online zu gehen. Andererseits die Sorge, der Ausbildung nicht gerecht zu werden, Prüfungen nicht zu schaffen.

Freilich sind nicht all jene, die Schwierigkeiten mit der Konzentration haben, handysüchtig. "Doch ein Indikator dafür, dass die Smartphone-Nutzung in eine ungesunde Richtung weist, ist die eigene Unzufriedenheit", sagt Rumpf "Wenn ich merke, dass ich zu viel Zeit mit meinem Handy verbringe, dass ich immer wieder versacke, ohne das wirklich zu wollen, dann sollte ich dieses Gefühl ernst nehmen." 

Junge Frau sitzt am Tisch  mit Unterlagen vor sich und starrt in ihr Handy
Die Ablenkung ist meist nur einen Griff weit entfernt. Wer ungestört arbeiten möchte, sollte daher sein Smartphone an einem entfernteren Ort plazieren
© Olga Pankova / Getty Images

Denn es gibt verschiedene Möglichkeiten, praktische Tipps, wie jeder und jede wieder die richtige Balance gewinnen kann. Um ein Gespür zu bekommen, wann und in welchen Situationen die Aufmerksamkeit auf das mobile Gerät gerichtet ist und wieviel Zeit man am Tag mit dem digitalen Allrounder verbringt, lohnt es sich, eine Art Nutzungstagebuch zu führen. Inzwischen bietet auch eine Vielzahl von Tracking-Apps die Möglichkeit, den Gebrauch des Handys automatisch zu protokollieren.

Und wer einen oder mehrere der folgenden fünf Praxis-Tipps beherzigt, bemerkt meist schon nach einiger Zeit eine deutliche Verbesserung.

Push-Nachrichten ausschalten

Unentwegt blitzen sie auf, blinken und piepen – und lenken uns ab. Es ist so trivial wie wirksam: Wer in den Einstellungen seiner Apps die Funktion "Push-Nachrichten" abstellt, wird mehr Ruhe haben. Dabei hilft auch der Gedanke: Ich muss nicht sofort auf jede Nachricht reagieren, ich gönne mir den Freiraum. 

Handy aus dem Raum verbannen

"Studien zeigen, dass bereits die physische Nähe und Anwesenheit eines Smartphones Aufmerksamkeit frisst", sagt Hans-Jürgen Rumpf. Daher gilt: Wer sich für eine gewisse Dauer auf eine bestimmte Aufgabe konzentrieren möchte, sollte sein Handy weder in die Schublade noch hinter sich legen, sondern am besten in ein anderes Zimmer, ins Auto, in den Briefkasten. 

Tabu vor dem Zubettgehen

So sehr es verlocken mag, auch kurz vor dem Wegschlummern noch Nachrichten zu schreiben und auf Social Media aktiv zu sein: Wer in der Nacht wirklich auftanken möchte, sollte mindestens eine Stunde vor dem Einschlafen das Handy ausschalten. "Zum einen verbessert sich die Schlafqualität dadurch, dass kein blaues Monitorlicht in müde Augen fällt", sagt Rumpf. "Zum anderen profitiert man allein dadurch, dass die Gedanken, die einen in den Schlaf begleiten, nicht mehr mit den Inhalten des Smartphones verknüpft sind." 

Die Nutzungszeiten reduzieren

Müssen es wirklich vier Stunden jeden Tag sein? Es lohnt sich, den Versuch zu unternehmen und die Handyzeiten zu begrenzen. Zum Beispiel schrittweise: auf dreieinhalb, drei, zweieinhalb, schließlich auf zwei Stunden. Unterstützend können dabei auch digitale Tools wirken – Apps, die den Konsum zu begrenzen helfen.

Regeln für handyfreie Aktivitäten aufstellen

Wenn ich im Hörsaal sitze, schalte ich mein Smartphone aus. Wenn ich meine Hausarbeit schreibe, lege ich das Handy in ein anderes Zimmer. Wenn ich mit meiner Familie oder Freunden esse, kommt das Smartphone nicht auf den Tisch. Klare Regeln verschaffen mehrfach Erleichterung: Sie beschränken den Konsum und obendrein muss man sich nicht jedes Mal aufs Neue für oder gegen das Smartphone entscheiden.

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Klar, so einfach diese Tipps klingen mögen: Die Umsetzung – vor allem die dauerhafte – ist alles andere als leicht. Und doch lohnt sich der Versuch, einen gewissen digitalen Detox in den Alltag zu integrieren, allemal. 

Was man sich dabei bewusst machen sollte: Es geht nicht darum, gänzlich auf das Smartphone zu verzichten. Natürlich kann man sich weiterhin an den kleinen Glücksmomenten erfreuen – an lustigen Videos, Memes und Nachrichten, die unser Hirn einen Schuss Dopamin ausschütten lassen. Ziel ist: ein gesundes Maß zu finden.

Und für alle jene, die generell zur Prokrastination neigen, gilt: Wer es geschafft hat, smartphonefreie Zeiten und Räume zu etablieren, sollte darauf achtgeben, nicht automatisch zu anderen Ersatzhandlungen zu greifen – also stattdessen zum Beispiel Serien zu streamen. 

Was hilft, ist: Größere Angelegenheiten in gangbare Schritte aufzuteilen, sich nicht zu überfordern, sondern längerfristige Aufgaben zu strukturieren. Sich zum Beispiel vorzunehmen: Von 14 bis 15 Uhr setze ich mich an die Hausarbeit. Dann noch einmal von 16 bis 17 Uhr. Dazwischen und danach braucht einer auflockernden Beschäftigung – auch mit unserem Smartphone – nichts im Weg zu stehen. Im Gegenteil: Allein die Aussicht darauf, dass nach einer Anstrengung eine Belohnung wartet, kann unser Durchhaltevermögen stärken. Kann also schließlich dabei helfen, dass wir auch die schwierigeren Angelegenheiten im Leben meistern. Und so von jenem Glück der Erleichterung profitieren, das sich zuverlässig immer dann einstellt, wenn wir einen eher lästigen Punkt von der To-do-Liste streichen können.

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