Plastik ist praktisch – und hält fast ewig. Genau das wird jetzt zum Problem. Denn wenn sich Kunststoffe unter UV-Licht zersetzen, sind sie nicht aus der Welt. Nano- und Mikroplastik reichert sich stattdessen in der Natur an – und im menschlichen Körper. Mikroskopisch kleine Kunststoff-Partikel wurden bislang nicht nur in der Tiefsee und auf dem Mount Everest nachgewiesen, sondern auch im menschlichen Blut und in Muttermilch.
Jetzt haben Forschende das Gewebe von 62 gespendeten Planzentas untersucht – und in jeder Probe Mikroplastik gefunden. Das Gewebe – auch Mutterkuchen genannt – bildet sich während der Schwangerschaft und dient als Schnittstelle für die Nährstoffversorgung des Fötus. Wie das Team in der Fachzeitschrift "Toxicological Sciences" berichtet, schwankte die Konzentration zwischen 6,5 und 790 Mikrogramm pro Gramm Gewebe (ein Mikrogramm entspricht einem Millionstel Gramm).
Für ihre Analysen verwendeten die Forschenden eine neuartige Methode: In einem chemischen Prozess "verseiften" sie zunächst das Fett und die Proteine. Im Anschluss schleuderten sie die Proben in einer Hochleistungs-Zentrifuge, wobei sich die Kunststoff-Partikel am Boden absetzten. Den so gewonnenen Plastik-"Pellet" erhitzte das Team auf 600 Grad Celsius und bestimmte die einzelnen Kunststoff-Arten anhand der entstehenden Dämpfe mit einem Massenspektrometer. Während in der Vergangenheit meist einfach Plastikpartikel unter dem Mikroskop gezählt wurden, konnten die Forschenden auf diese Weise nun erstmals konkrete Gewichtsanteile bestimmen.
Polyethylen am häufigsten vertreten – gesundheitliche Auswirkungen bislang weitgehend unklar
Mit 54 Prozent machte Polyethylen den größten Anteil der gefundenen Kunststoffe aus. Der Stoff wird für die Herstellung von Plastiktüten, -flaschen und anderem Verpackungsmaterial verwendet. Polyvinylchlorid (besser bekannt unter dem Namen PVC) und Nylon machten jeweils etwa zehn Prozent der Gesamtmenge aus.
Die gesundheitlichen Auswirkungen von Mikroplastik im Körper sind bislang noch wenig erforscht. Doch manche der Partikel sind mit wenigen Nanometern so klein, dass sie mühelos Zellmembranen durchdringen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass zunehmende Konzentrationen von Mikroplastik im menschlichen Körper für entzündliche Darmerkrankungen, Dickdarmkrebs bei unter 50-Jährigen oder auch für die Abnahme der Spermienzahl verantwortlich sein könnte, sagt der Erstautor der Studie, Matthew Campen von der University of New Mexico, in einer Pressemitteilung.
Die Anreicherung von Mikroplastik in der Plazenta sehen die Forschenden besonders kritisch – nicht nur, weil das Gewebe für die Versorgung des Fötus mit Nährstoffen verantwortlich ist. Im Unterschied zu anderen Organen bildet sich die Plazenta erst etwa einen Monat nach Beginn der Schwangerschaft. Ihr Gewebe hat also nur vergleichsweise wenig Zeit, Kunststoffpartikel aufzunehmen.
Was die Forschenden besonders beunruhigt: Während die gesundheitlichen Folgen für Mensch, Tier und Pflanze noch weitgehend unverstanden sind, explodiert die weltweite Plastikproduktion – und damit die Menge an Kunststoff, der nach und nach in die Umwelt gelangt – förmlich: "Die Tendenz geht dahin, dass sie sich alle zehn bis 15 Jahre verdoppelt", sagte Campen. "Selbst wenn wir die Produktion heute stoppen würden, gäbe es im Jahr 2050 dreimal so viel Plastik wie heute."