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Immunsystem Was macht Vogelgrippe-Viren für Menschen gefährlich?

Mann läuft mit Eimer zwischen weißen Hühnern
Wo Menschen engen Kontakt mit Vögeln haben, etwa auf Geflügelfarmen, ist die Gefahr einer Übertragung besonders groß
© pixdeluxe / Getty Images
Menschen infizieren sich nur sehr selten mit der Vogelgrippe. Dafür sorgen unter anderem Immunproteine. Forschende in Schottland haben nun ein wichtiges Eiweiß dieser Art identifiziert. Sie warnen: Gelingt es dem Virus, den Schutzmechanismus zu umgehen, steigt die Gefahr einer Pandemie

Seit 2021 grassiert unter Wildvögeln weltweit die größte jemals dokumentierte Vogelgrippewelle. Die infizierten Tiere stecken nicht nur Nutzgeflügel wie Enten und Gänse an. Auch Säugetiere sind gelegentlich betroffen, darunter Füchse im Bundesland Niedersachsen. Bei einem Ausbruch auf einer spanischen Nerzfarm im Oktober 2022 steckten sich die Nerze sogar untereinander an. Das ist problematisch, denn ein Virus, das von Säugetier zu Säugetier weitergegeben wird, überwindet womöglich auch die Barriere zum Menschen leichter.  

Unsere Spezies blieb bislang weitgehend von Ansteckung verschont. Seit 2020, so meldet das Friedrich-Loeffler-Institut auf der Ostseeinsel Riems, wurden in Europa und Nordamerika weniger als zehn Fälle bekannt. Alle Betroffenen seien nur leicht oder gar nicht erkrankt. Zwei schwere Fälle von Vogelgrippe seien aus Ecuador und Chile gemeldet worden. Beide Personen hätten engen Kontakt mit infiziertem Geflügel oder anderen erkrankten Tieren gehabt, etwa weil sie auf einer Hühnerfarm arbeiten. Derzeit bestehe deshalb nur eine geringe Gefahr für die öffentliche Gesundheit.

Hinzu kommt, dass die menschliche Immunabwehr Vogelgrippe-Viren mit speziellen Eiweißen außer Gefecht setzt. Ein Team um den Virologen Massimo Palmarini und die Virologin Rute Maria Pinto von der Universität Glasgow nahm diese Mechanismen jüngst unter die Lupe. Die Forschenden infizierten menschliche Zellkulturen mit verschiedenen Grippeviren und gaben eine Reihe von Proteinen hinzu, die der menschliche Körper als Reaktion auf eine Virusinfektion produziert. Unter diesen Eiweißen stach das Butyrophilin 3A3 (BTN3A3) hervor: Es blockte Vogelgrippe-Viren, nicht aber menschliche Grippeviren.

Die Forschenden halten BTN3A3 für einen Schlüsselfaktor der menschlichen Immunabwehr gegen die Vogelgrippe. In den seltenen Fällen, in denen die Viren einen Menschen infizierten, wiesen sie offenbar fast immer eine BTN3A3-Resistenz auf. 

Die gefährlichsten Influenza-Viren enthielten Erbgut aus der Vogelgrippe

Eine eben solche Resistenz scheinen allerdings viele derzeit zirkulierende Varianten zu besitzen. Das bedeutet nicht, dass die Influenzaviren aus den Vögeln zwangsläufig zur Gefahr für Menschen werden. Dazu wären weitere Veränderungen ihres Erbguts nötig. Doch es ist möglicherweise ein Schritt in diese Richtung.

Grippeviren, die aus der Tierwelt auf unsere Spezies überspringen, entstehen beispielsweise, wenn ein Individuum sich mit zwei Influenzaviren gleichzeitig ansteckt. In diesem Fall können die Erreger Erbgut austauschen. Die weltweiten Grippe-Pandemien in den Jahren 1918 (Spanische Grippe), 1957 (Asiatische Grippe), 1968 (Hongkong-Grippe) und 2009 (Schweinegrippe) wurden allesamt von Influenzaviren ausgelöst, die genetisches Material aus Vogelgrippeviren enthielten. Die Influenza-Viren der Schweinegrippe waren außerdem resistent gegen das Immunprotein BTN3A3.

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