Wer in die Höhle von Lascaux im französischen Departement Dordogne hinabsteigt, dem stockt der Atem: Er steht inmitten der Großtierwelt der Eiszeit. Dicht gedrängt, oft einander überlappend, ziehen Stiere, Wildpferde, Hirsche über Wände und Decke einer mächtigen Rotunde. Beginnend vor rund 21.000 Jahren haben Jäger und Sammler ihre Mitkreaturen in leuchtendem Rot, Ocker, Schwarz auf die kalkigen Flächen gemalt. Ungeheuer plastisch wirken die Tiere, in flackerndem Licht scheinen sie sich zu bewegen, zu galoppieren. So eindrücklich haben die Eiszeitkünstler gearbeitet, dass Prähistoriker die Höhle "eine Sixtinische Kapelle der Frühzeit" nannten. Rechter Hand von der Decke blickt das größte Tier von Lascaux: ein gewaltiger Auerochse, 5,5 Meter lang vom Schwanz bis zu den Hörnern. Über seinem Rücken sind sechs schwarze Tupfen gruppiert, in seinem Gesicht rund um das Auge sitzen weitere Punkte.
Diese Muster interpretieren manche Archäoastronomen als Beleg dafür, dass die Wurzeln der Himmelskunde weit, sehr weit zurückreichen – und dass unsere Ahnen schon vor vielen Jahrtausenden zumindest einfache astronomische Kenntnisse besaßen. Die Forscher deuten das Punktsextett nämlich als die Plejaden, eine Sternengruppe, die in mehreren Kulturen wegen ihrer Auffälligkeit mit Mythen beladen ist. In den Sprenkeln rund um das Auge sehen sie die Hyaden: einen Sternhaufen, der Teil des heutigen Sternbilds Stier ist.