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Gesundheit Was sind "fleischfressende Bakterien" – und wie gefährlich sind sie?

Illustration eines Bakteriums der A-Streptokokken, bei Infektion durch fleischfressende Bakterien
Illustration eines Bakteriums der A-Streptokokken. Der Bakterienstamm löst häufig nekrotisierende Fasziitis aus - eine Infektion mit "fleischfressenden Bakterien"
© Kirsty Pargeter / Adobe Stock
Obwohl das Gewebe im eigentlichen Sinne nicht gefressen wird, brachte das rasante Absterben von Gewebe der nekrotisierenden Fasziitis auch den Namen "fleischfressende Bakterien" ein. Wie man sie erkennt und bekämpft

Sie sind für das menschliche Auge unsichtbar und richten dennoch großen Schaden im Körper an: fleischfressende Bakterien. Die Betroffenen erleiden einen rapiden Gewebeverlust und sterben oftmals. Einen Impfstoff gegen die Bakterien gibt es noch nicht.

Nekrotisierende Fasziitis ist der medizinische Begriff für die Gewebe-Erkrankung. Übersetzt: das Absterben einzelner Zellen oder mehrerer Zellen. Genau das passiert bei einer Infektion mit fleischfressenden Bakterien, denn genau genommen fressen die Bakterien das Fleisch nicht selbst. Sie produzieren ein Gift, welches das befallene Gewebe praktisch verflüssigt.

Streptokokken als Auslöser für nekrotisierende Fasziitis

Wie aber kommt die Infektion zustande und was sind das für Bakterien? Die gute Nachricht zuerst: Es gibt zwar verschiedene Bakterienarten, die ein Gewebesterben verursachen können – aber die häufigste Art darunter ist prinzipiell eher harmlos: A-Streptokokken. Sie kommen in der menschlichen Kehle vor, verursachen unter anderem Atemwegsinfektionen oder auch mal Scharlach. An einer nekrotisierenden Fasziitis hingegen erkranken statistisch gesehen bei einer Million Menschen nur vier Menschen.

Jetzt die schlechte Nachricht: Verändern sich Bakterien wie A-Streptokokken, können sie diese Krankheit mit größerer Wahrscheinlichkeit verursachen. Forschende haben herausgefunden, dass herkömmliche A-Streptokokken durch die Infektion mit Viren zu stärkeren Auslösern für nekrotisierende Fasziitis werden können. Dabei erhält das Streptokokken-Bakterium durch den Virus eine fremde DNA als Erbinformation, die den Code für die Produktion von entsprechenden Giften enthält.

Durch Schnitte in die Haut oder Stiche wie durch einen Dorn oder auch ein Insekt, können diese Bakterien dann über die Wunden in tiefere Hautschichten vordringen. Allerdings gibt es auch nachgewiesene Fälle von nekrotisierender Fasziitis, in denen von ärztlicher Seite keine Hautverletzung entdeckt werden konnte. Es wird deshalb davon ausgegangen, dass die entsprechenden Bakterien auch durch unversehrte Haut dringen können.

Infektion breitet sich schnell im Körper von Betroffenen aus

Die Geschwindigkeit beim Absterben der Körperzellen nach einer Infektion ist immens. Pro Stunde kann sich die Infektion bis zu 2,5 Zentimeter ausbreiten. Die Folge können eine Blutvergiftung und Organversagen sein – was zum Tod führt. Dabei ist der Beginn der nekrotisierenden Fasziitis eher harmlos. Die Betroffenen beschreiben einen sehr intensiven und lokal begrenzten Schmerz. Der Grund dafür ist, dass an der Stelle der harmlosen Erstverletzung bereits die Körperzellen zersetzt werden.

Das geschieht, weil das Gift aus dem Bakterium dem Gewebe den Sauerstoff nimmt. Die Folge ist das Absterben der Haut, der Unterhaut und der Faszien im Bindegewebe. Das infizierte Gewebe muss chirurgisch und vollständig entfernt werden, um die Infektion aufzuhalten. Zusätzlich können Antibiotika eingesetzt werden, um die Bakterien zu bekämpfen. Dafür muss aber zuerst herausgefunden werden, um was für Bakterien es sich handelt und vor allem müssen der Arzt oder die Ärztin überhaupt erkennen, dass es sich bei der Erkrankung um nekrotisierende Fasziitis handelt.

Fleischfressende Bakterien: Kolibakterien, Clostridien und Klebsiella

Eindeutige Anzeichen für eine solche Erkrankung sind, dass die infizierte Hautstelle heiß und rot wird und sichtbar Blasen entwickelt. Bei der Behandlung hilft auch die direkte Zufuhr von Sauerstoff, da die beteiligten Bakterien meist anaerob leben – das heißt, sie bevorzugen eine sauerstoffarme Atmosphäre und sterben beim Kontakt mit Sauerstoff. Dazu gehören auch Kolibakterien, Clostridien oder Klebsiella.

Ein weiteres Bakterium ist Clostridium perfringens. Es gilt als der häufigste Erreger von so genanntem Gasbrand. Meist ausgelöst durch Verletzungen entwickelt sich ein sauerstoffarmes Milieu im Gewebe, in dem sich die Bakterien vermehren können. Clostridium perfringens kommt im Erdboden vor, aber auch in Wasser, Staub, Lebensmitteln und im menschlichen Darm. Kommt es zum Gasbrand im Gewebe, kann die Infektion heutzutage durch Antibiotika und chirurgische Versorgung zumeist gestoppt werden.

Kein Impfstoff

Eine allgemeine Impfung gegen nekrotisierende Fasziitis gibt es bisher nicht. Der Grund: Ein solches Mittel würde nicht gegen alle Bakterienstämme schützen, die diese Krankheit auslösen können. Woran gearbeitet wird, ist eine Impfung gegen A-Streptokokken, da diese Bakterienart verschiedene Krankheiten auslösen kann – vor allem bei Säuglingen und Kindern im Alter von einem bis zehn Jahren.

Das Robert-Koch-Institut hat erst im Dezember 2022 von einer Zunahme von Infektionen durch invasive A-Streptokokken berichtet – vor allem in Frankreich, Irland, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich.

"Vibrio vulnificus": Vibrionen verbreiten sich in der Ostsee

Auch in Deutschland breiten sich fleischfressende Bakterien aus. Die Bakterie Vibrio vulnificus kommt vor allem in salzigen Gewässern vor. Durch Verletzungen beim Baden im Meerwasser oder auch durch den Verzehr von rohen Meeresfrüchten wie Austern oder Krabben inklusive Verletzungen bei der Verarbeitung entsteht die Erkrankung. Im Sommer 2022 meldeten deutsche Behörden eine Vermehrung von Vibrionen (Vibrio vulnificus) in der Ostsee. In Mecklenburg-Vorpommern gab es drei Infektionen mit diesen fleischfressenden Bakterien.

Bekannt ist die Existenz von Vibrionen in der Ostsee bereits seit 1994. Zwischen 2003 und 2019 sind in Mecklenburg-Vorpommern laut Landesamt für Gesundheit und Soziales insgesamt 45 Menschen an fleischfressenden Bakterien erkrankt und sieben Menschen daran gestorben. Als ein Grund für die Zunahme der Bakterien wird der Klimawandel und die Erwärmung des Merwassers angenommen. Liegt die Temperatur im Sommer längere Zeit über 20 Grad Celsius, bietet das optimale Bedingungen für die Vermehrung.

Richtige Diagnose rettet Leben

Wie aber lässt sich nun eine Infektion mit neokritisierender Fasziitis vermeiden? Nach Ansicht und Aussage von Ärztinnen und Ärzten schwierig bis gar nicht. Der Grund dafür sind die äußeren Umstände. Dringen entsprechende Bakterien durch die intakte Haut oder eine kleine Verletzung ein, ist das nicht bemerkbar. So ging es auch einer 48-jährigen Australierin, die sich mit einem fleischfressenden Bakterium bei der Gartenarbeit infiziert hatte – offenbar über einen Kratzer, den ihre Katze ihr zuvor an der Hand zugefügt hatte.

Die Frau hat die Krankheit trotz Leber- und Nierenversagen durch das Wissen der Ärztinnen und Ärzte und die gute Behandlung überlebt. Ein Arzt auf der Intensivstation hatte das Bakterium in ihrem Blut entdeckt und die richtige Diagnose gestellt. Der Präventionstipp von Mediziner-Seite in diesem Fall: Bei der Gartenarbeit unbedingt Handschuhe anziehen. Bei allen anderen Fällen hilft nur eines: Auf die Symptome achten, schnellstens einen Arzt aufsuchen und hoffen, dass die Infektion noch aufgehalten werden kann.

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