Anzeige

Forschung Die Wissenschaft des Spielens: Brettspiele machen uns schlauer – und sensibler

In "Deck-Bau-Spielen" stellen sich die Spieler im Laufe einer Partie einen Kartenstapel zusammen, mit dem sie gegen die Karten der Gegner antreten. Bei "Dominion" gewinnt, wer die besten Kartenkombinationen sammelt und geschickt ausspielt
In "Deck-Bau-Spielen" stellen sich die Spieler im Laufe einer Partie einen Kartenstapel zusammen, mit dem sie gegen die Karten der Gegner antreten. Bei "Dominion" gewinnt, wer die besten Kartenkombinationen sammelt und geschickt ausspielt
© Benne Ochs
In unseren digitalen Zeiten sind ausgerechnet Brettspiele so beliebt wie nie zuvor. Aus gutem Grund: Sie machen uns klüger, sensibler und lehren uns, mit den Unwägbarkeiten der Welt umzugehen. Und dies eben ganz: spielerisch

Das Spiel beginnt. In einem Saal, der nach Staub und Schweiß riecht. Tief in den Sammlungen des British Museum in London lagern in Nischen 130000 Tontafeln mit eingeritzter Keilschrift, Tausende Jahre alt, die meisten handtellergroß. Das grüne Leder auf den Stüh­len und Tischen ist abgewetzt und rissig. Generationen von Studenten und Wissenschaftlern haben sich hier über die Tontafeln gebeugt. 

Irving Finkel sagt, er habe jede einzelne untersucht und ­viele von ihnen entziffert. Der Kurator sieht selbst aus wie ein Museumsstück, er erinnert an Dumbledore, den Leiter der Zauberschule Hogwarts aus den Harry-Potter-Romanen. Wallender weißer Bart, flinke schlaue Augen. Auf dem Tisch vor Finkel liegt eine Nachbildung des "Spiels von Ur", es wurde in den 1920er Jahren auf dem königlichen Friedhof der Sumerer­stadt Ur gefunden.

Das Original aus Holz und Lapislazuli wird im ersten Stockwerk in einer Glasvitrine ausgestellt. Unten in den Katakomben spielt Irving Finkel. Die Regeln des Spiels sind einfach. Die Form des Spielbretts erinnert an eine Sanduhr, darauf 20 Felder. Zwei Spieler treten gegeneinander an, sie müssen sieben Spielsteine mithilfe der Würfel erst auf das Brett und dann ins Haus bringen.

Villen des Wahnsinns
Entweder gewinnen alle – oder keiner: So funktionieren die meisten kooperativen Spiele. Als Team schlagen sich die Spieler durch imaginäre Szenarien, unterstützen sich gegenseitig. Bei "Villen des Wahnsinns" etwa müssen sie gemeinsam dunkle Geheimnisse aufklären
© Benne Ochs

Spieletheoretiker bezeichnen das als "Wettlaufspiel". Es ist alt. Sehr alt. Doch derartige 20-Felder-Spiele wurden vor circa 4500 Jahren im gesamten Vor­de­ren Orient, auf dem Gebiet der ­heutigen Staaten Ägypten, Saudi-Arabien und Irak gespielt. Die Würfel waren damals häufig aus Gelenkknochen von Schafen oder Ziegen gefertigt.

Menschen sind Spieler, seit sie Menschen sind. 

Mehr zum Thema