Ich kann nichts erkennen. Wie gut, dass man mir ein Fernglas reicht. Jetzt sehe ich es: Lachmöwen rammen ihre karminroten Schnäbel in den Schlick. Nicht weit von ihnen, darauf weist uns Joanna Kubiczek hin, die hier als Bundesfreiwillige auf Sylt arbeitet, tummeln sich Krickenten im Rantumbecken. Mein Mann und ich machen beim Verein Jordsand die Führung "Speisekammer Wattenmeer" mit; nur für uns zwei läuft Joanna los. Gratis! Klar, dass wir am Schluss spenden – so anschaulich hat mir noch niemand die Vogelwelt erklärt, mir, die ich gerade einmal eine Blaumeise von einer Amsel unterscheiden kann.
Das ornithologische Null-Euro-Event passt perfekt zu unserer wochenendlichen Sylt-Mission: Auch hier versuchen wir, mit 500 Euro zu zweit hinzukommen – und das auf dem wohl teuersten Inselpflaster Deutschlands. Quadratmeterpreise von 12.000 Euro und mehr zahlen Hausbesitzer, und in der legendären "Sansibar" in den Dünen geht nicht selten die Magnumflasche Dom Pérignon für schlappe 4.900 Euro über den Tresen. So viel sei verraten: Wir haben es, wie in Oslo und Zürich, geschafft. 497 Euro lautet zum Schluss unser Saldo, ohne Dom Pérignon, aber mit viel Spaß.
Dass unser Budget im Rahmen bleibt, damit hat auch ein Ort auf Sylt zu tun, der sich jedem Klischee von der Luxusinsel widersetzt: "Susi’s Sylt Kantine" ist Inbegriff der nordischen Beständigkeit. Hier gibt es lange Holztische und gemütliche Samtsofas, Handwerker vom Festland und rüstige Gästinnen wie Inge Sadlak: "Das ist mal ein reeller Laden!" Wir entscheiden uns für Sylter Pannfisch mit Bratkartoffeln für 9,80 Euro, und als wir mit unseren Kaffeepötten zu je 2,20 Euro in einem der Sofas versinken, fühlen wir uns Sylt recht zugehörig. Nur gut, dass die Kantine bereits um 15 Uhr schließt – sonst würden wir es am ers ten Tag unserer Billignummer garantiert nicht mehr bis an den Weststrand von Westerland schaffen.
Wir lassen einige wenige hässliche Hochhäuser in Westerland hinter uns, laufen zum Meer – Kostenpunkt: Kurtaxe! Aber für die gibt es auch viel. 40 lange Kilometer Sand misst der Weststrand. Jetzt, im Frühling, haben wir den Sand fast für uns und laufen gemeinsam auf den zum Glück nicht gebührenpflichtigen Sonnenuntergang zu. Passt, Sylt!
Ein Wochenende auf Sylt für 497 € – die Rechnung, bitte
Rumkommen für 32€
Entweder per Rad (ab 8 €/Tag, etwa über veloquick.de) oder Bus: Sylt hat sechs Linien, die tags im 15-bis-20-Minutentakt fahren (Tageskarte 19,50 € p. P.). Oder: Eine von 14 Mitfahrbänken nutzen. Neben der Bank zeigt ein Schild, wohin man mitgenommen werden will – gratis!
Mehr Infos unter: aktivregion-uthlande.de/projekte/mitfahrbank
Schlafen für 240€
Hotel 54° Nord: Sicht auf Leuchtturm und Meer im Ex-Reederei-Haus am südlichen Sylt-Ende in Hörnum.
Mehr Infos unter: hotel54gradnord.de, DZ/F ab 120€
Lunch für 57€
Susi’s Sylt Kantine, 24€: Mehr Lokalkolorit geht nicht: Susanne Brammsen und Team bieten in Westerland Hausmannskost. Frühstück ab 4 €, Sonntags geschlossen!
Mehr Infos unter: susis-sylt-kantine.de
Hafenkneipe SSC Munkmarsch, 33€: Kutterfangfrisches an der Munkmarscher Bucht und Clubhaus des lässigen Sylter Segelclubs. Bi Heef 2
Kaffeepausen für 34€
Lund, 17€: Julia und Jens Lund betreiben die fröhliche Einkehr am Inselende. Gediegenheit trifft Schichtfriesentorte mit Pflaumenmus.
Mehr Infos unter: lund-sylt.de
Hafenkiosk Rantum, 17€: Aalbrötchen und Räucherfisch, dabei den Schafen beim Grasen auf dem Deich zugucken.
Mehr Infos unter: hafenkiosk24.de
Dinner für 85€
Die Seenot, 55€: Geselliges Lokal in den Westerländer Dünen. Super: Labskaus "Seenot Art" mit Bismarckhering.
Mehr Infos unter: restaurant-seenot.de
Hotel Miramar Bar, 30€: Stilvoller Insel-Absacker an der Jugendstilbar des familiengeführten Hauses in Westerland: Dry Martini mit Nüsschen.
Mehr Infos unter: hotel-miramar.de