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Influencerin JANAklar "Aufs Fliegen zu verzichten, ist viel leichter als gedacht"

Jana Kaspar
Flugzeuge schaut sie sich nur noch aus der Entfernung an: Vor einem knappen Jahr hat Jana aufgehört zu fliegen
© Jana Kaspar / Faiz Muhammad / Unsplash
Unter dem Namen JANAklar thematisiert die österreichische Influencerin Jana Kaspar Nachhaltigkeit und Minimalismus auf Youtube und Instagram. Vor einem knappen Jahr hat sie aufgehört zu fliegen

GEO: Früher haben Sie Comedy gemacht, heute ist Ihr Thema Nachhaltigkeit. Wie kam es zu der Wandlung?

Jana Kaspar: Ich habe immer schon ­meine persönlichen Interessen auf meinen Kanälen thematisiert. Vor fünf Jahren habe ich damit begonnen, auf Fleisch zu verzichten. Ich hatte Doku­mentationen gesehen, nach denen mir der Appetit vergangen ist. Später verzichtete ich auch auf andere tierische Lebensmittel, mein Lebensstil wurde bewusster. Inzwischen frage ich mich bei allem, was ich tue: Macht das für mich Sinn?

Sie haben zum Beispiel beschlossen, nicht mehr zu fliegen.

Meinen Aha-Moment hatte ich auf dem Rückflug von Hawaii. Eine Reise mit Freunden lag hinter mir, es war wirklich schön. Aber eine Woche an einem österreichischen See hätte mir wahrscheinlich mehr gegeben. In diesem Moment entschied ich mich für die ­Challenge: Ich steige in kein Flugzeug mehr. Erst nur bis zum Ende des Jahres, weil ich es sicher schaffen wollte. Dass es dann doch nicht geklappt hat, hat mich wahnsinnig geärgert: Es gab einen Termin mit einem Kunden, der den Flug schon ein halbes Jahr vorher für mich gebucht hatte. Ich habe das Problem auf Youtube thematisiert und mich auf dem Flug unwohl gefühlt. Immerhin hat mir das Erlebnis klargemacht, dass ich wirklich nicht mehr fliegen möchte.

Man trifft Sie jetzt also vor allem im Zug?

Man trifft mich vor allem in meiner Heimatstadt Steyr in Oberösterreich, wo ich nach einigen Jahren in Wien wieder wohne. Ich bin gern zu Hause. Und ja, wenn ich überhaupt reise, dann mit dem Zug. Das kann toll sein. Aber 14 Stunden mit dem Nachtzug nach Berlin, das finde auch ich nicht mehr so geil. Neulich ist der Strom ausgefallen, wir standen drei Stunden lang. Ohne Licht, die Türen offen. Aber ich dachte mir: ­abwarten, geht auch vorbei. Und nächstes Mal werde ich wieder den Zug nehmen.

Wie sah denn Ihr Alltag vor dem Flugverzicht aus?

In meiner Comedy-Karriere hatte ich zum Beispiel mit »Österreichisch für Anfänger« Erfolg, einer Serie, in der ich österreichische Begriffe erklärt habe. »Schnackerlstoßen« heißt Schluckauf, wussten Sie das? Die Zahl meiner Abonnenten stieg, es kamen Werbeverträge und Fernsehauftritte. Eine Zeitlang saß ich mehrmals pro Monat im Flieger. Zu meinem Management in Berlin, ich war aber auch in Südafrika, Namibia und viel in Europa unterwegs. Mit Anfang 20 hatte ich einen Burn-out. Mancher, der noch viel mehr reist, wird das nicht verstehen. Aber bei mir ist das so: Je weiter ich von zu Hause weg bin, desto anstrengender empfinde ich es. Ist das nachvollziehbar oder bin ich ein Alien?

War Ihnen denn schon immer klar, dass Sie gar nicht so gern unterwegs sind?

Ich ­würde sagen: Ich habe herausgefunden, dass es mir schon immer klar war. Früher habe ich ­darauf geachtet, was andere auf Instagram ­machen: Was ist angesagt? Heute halte ich mich nicht mehr mit Kanälen auf, auf denen herum­gejettet wird. Je nach Tagesform würde es mich nerven. Oder ich würde vielleicht doch wieder denken: »Da müsste ich noch mal hin ...« Auch wenn ich weiß, dass auf Instagram extrem geschönte ­Bilder gezeigt werden. Keine der Reisen ist so ­prickelnd, wie es die Fotos glauben ­machen. Trotzdem wirken sie – mit dem Ergebnis, dass man glaubt, alles gesehen und geteilt haben zu müssen. Dabei sollten wir uns alle darauf ­besinnen, wofür ein Urlaub eigentlich da ist.

JANAklar

Die 24-Jährige ist seit 2014 als Influencerin aktiv, seit vier Jahren hauptberuflich. Mit 468000 Abonnenten gehört sie zu den Top-Youtubern in Österreich

Versuchen Sie, andere zu überzeugen?

Ich inspiriere lieber als zu missionieren. Wenn sich mir jemand anschließt, freue ich mich. Wenn nicht, dann eben nicht. Übrigens folgen mir nicht nur junge Leute, wie man meinen könnte, sondern auch immer mehr, die deutlich älter als ich sind. Die schreiben mir dann: »Ich bin 50, aber du bist mein Vorbild.« Das finde ich toll.

Auf den Mallorca-Kurztrip zu verzichten ist das eine. Aber wie cool ist es denn, stattdessen mit dem Zug durch Europa zu fahren?

Natürlich nicht besonders. Schon gar nicht, wenn der Flug gerade halb so viel ­kostet wie die Bahnfahrt! Früher fand man es cool, sich einen Urlaub im Jahr zu leisten und hat lange darauf hingefiebert. Heute fliegt man drei- oder viermal im Jahr. Und was es in der ­eigenen ­Umgebung zu entdecken gibt, lässt man links ­liegen.

Jetzt klingen Sie ein bisschen wie die eigene Oma.

Manchmal sehen Omas die Welt eben sehr klar. Mein Hauptappell an alle ist tatsächlich, auf die Schönheit im Nahen zu achten. Nehmen Sie Steyr, es gibt so viel, was ich von meiner Heimat nie gesehen habe. Chinesen kommen in ganzen Reisebussen her – und ich habe keine Ahnung.

Das Jahr der Challenge ist vorbei. Wie geht es weiter?

Aufs Fliegen zu verzichten, ist viel leichter als gedacht, und ich mache damit weiter. Mein Management übernehme ich inzwischen selbst, da fallen Meetings schon mal weg. Im vergangenen Jahr habe ich ein Buch geschrieben; der Verlag sitzt in München. Natürlich wollte der mich gern kennenlernen. Aber als ich erklärt habe, warum ich mich nicht auf den Weg machen möchte, haben wir eben telefoniert. Im Sommer geht es für zwei Wochen in ein Surfcamp in Südfrankreich – mit dem Zug. Fliegen werde ich nur im Notfall. Aber bisher wüsste ich nicht, warum der eintreten sollte.

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