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Verhaltensforschung Warum Ihr Hund Ihre Stimmung spüren kann

Junge mit Hund
Dass über viele Generationen stets besonders kooperative Hunde für die Fortpflanzung ausgewählt wurden, scheint sich auf die Emotionale Intelligenz der Tiere auszuwirken
© Donatella Loi / plainpicture
Dass Hunde die Stimmung von Menschen deuten können, ist bekannt. Nun haben Forschende eine Erklärung dafür gefunden, woran das liegen könnte – und auch anderen Tiere zum Einfühlungstest geschickt

Hunde verstehen den Menschen wie kaum ein anderes Tier: Sie spüren, ob Herrchen oder Frauchen nach einem langen Tag gestresst sind, ob sie in ihrer Trauer Trost suchen oder vor Freude überschäumen. Studien zeigen, dass Hunde sogar die Stimmung fremder Menschen erfühlen können. Mehr noch: Sie lassen sich von der Stimmung eines Menschen emotional anstecken, interpretieren und übernehmen dessen Gefühle.

Aber warum ist das so? Und: Haben einzig Hunde diese Fähigkeit? Um das zu überprüfen, verglichen Forschende aus Ungarn die Reaktion von Haushunden (Canis familiaris) auf menschliche Laute mit denen von Hausschweinen (Sus scrofa domesticus). Letztere sind ebenfalls äußerst soziale Tiere, die seit Hunderten von Jahren vom Menschen gehalten werden und von klein auf in seiner Nähe aufwachsen. Doch es gibt einen Unterschied: Während die Schweine seit jeher reine Nutztiere waren, wurden beim Hund durch Zucht stets jene Individuen selektiert, die sich kooperativ verhielten und als treue Gefährten des Menschen besonders geeignet waren. 

Reicht also allein die Nähe zum Menschen aus, um universelle stimmliche Signale von Emotionen zu erlernen und sich von ihnen anstecken zu lassen – oder bedarf es mehr dazu?

Die Forschenden werteten für ihre im Fachmagazin "Animal Behaviour" veröffentlichte Citizen-Science-Studie Videos von Hunde- und Schweinebesitzern aus aller Welt aus. Darin filmten sich die Menschen mit ihrem Haustier in einem Raum und spielten dabei menschliche Laute ab: wenig emotionales, leicht positiv konnotiertes Brummen und hochemotionales, stark negativ bewertetes Weinen. Die Forschenden zählten dann, wie oft die Tiere in den Videos gestresst reagierten – bei Hunden äußert sich das durch Winseln, Jaulen oder Gähnen, bei den Schweinen durch ein schnelles Ohrenziehen.

Was Hunde stresst, beeindruckt Hausschweine kaum

Die Hunde reagierten wie erwartet: Hörten sie menschliches Weinen und Wimmern, verhielten sie sich gestresst und erregt, begannen zu winseln und zu gähnen, stupsten und berührten ihre Besitzerinnen und Besitzer. Auf die Brummtöne reagierten sie hingegen kaum. Die Forschenden schließen daraus, dass Hunde den emotionalen Inhalt menschlicher Äußerungen sehr gut erfassen und übernehmen können. 

Ganz anders die Schweine: Sie zeigten beim Weinen nur schwache Stresssignale, während sie das Brummen deutlich aus der Fassung brachte. Möglicherweise interpretieren die Schweine das Weinen nicht als negative Emotion – oder sie können den emotionalen Inhalt zwar entschlüsseln, aber nicht mit ihrem eigenen Empfinden in Einklang bringen. Das Brummen wiederum könnte in ihren Ohren so fremd und seltsam klingen, dass sie schlicht nicht wissen, wie sie es verarbeiten sollen – und mit Stress reagieren. 

"Die Tatsache, dass Hunde offenbar vom emotionalen Inhalt menschlicher Klagelaute beeinflusst wurden und entsprechend darauf reagierten, steht im Einklang mit früheren Arbeiten und der Theorie der emotionalen Ansteckung", schreiben die Forschenden in ihrer Studie. Im Gegensatz dazu lasse sich der erhöhte Stress, mit dem Schweine auf das Brummen reagierten, eher durch die Neuartigkeit der Geräusche erklären als durch emotionale Ansteckung. Möglicherweise waren solche menschlichen Sprachlaute für Schweine während ihrer Domestizierung weniger relevant.

"Die Selektion auf Kooperation mit dem Menschen könnte also der Schlüssel zur emotionalen Ansteckung durch menschliche Geräusche bei Haussäugetieren sein", schlussfolgern die Forschenden. Dass Hunde menschlichen Schmerz fühlen und nachempfinden können, könnte das Ergebnis einer über viele Generationen andauernden Selektion besonders empathischer und kooperativer Tiere sein – und inzwischen angeboren. Um diese Theorie zu stützen, sind weitere Untersuchungen notwendig, bei denen das Einfühlvermögen anderer Tierarten – selektierter und nicht selektierter Begleiter des Menschen – verglichen wird.

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