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"Fisch-Türklingel" So helfen Internetnutzer in aller Welt Fischen in einer Utrechter Gracht beim Wandern

Ein Zander "klingelt" nach dem Schleusenwärter
Ein Zander "klingelt" nach dem Schleusenwärter
© Visdeurbel.nl/Gemeente Utrecht
Wandernde Fischarten schwimmen an Schleusen oft vor verschlossener Tür. In der niederländischen Grachtenstadt Utrecht haben sich Ökologen eine charmante Lösung dafür einfallen lassen

Manche Fische wandern verblüffend weite Strecken. Europäische Aale etwa legen mehr als 5000 Kilometer in ihr Laichgewässer, die Sargassosee, zurück. Doch was, wenn der Weg verbaut ist? Stauwehre und Schleusen machen es für viele wandernde Fischarten unmöglich, ein normales Leben zu führen – besonders dort, wo künstliche Gewässer vor allem menschlichen Zwecken dienen. In der niederländischen Stadt Utrecht mit ihren kilometerlangen Grachten haben sich Ökologen etwas Besonderes einfallen lassen, um auf dieses Problem aufmerksam zu machen: eine Visdeurbel, zu Deutsch Fischtürklingel.

Die 200 Jahre alte Weerdsluis, eine Schleuse im Stadtzentrum von Utrecht, ist im Winter und im Frühjahr monatelang geschlossen: Es gibt in dieser Zeit auf dem Wasser einfach keinen Bootsverkehr. Das Problem unter  Wasser: Wandernde Fische schwimmen in dieser Zeit buchstäblich vor verschlossener Tür. Und manche von ihnen werden auch noch Fressfeinden wie Kormoranen, Haubentauchern oder Hechten zur leichten Beute. Darum installierten die Initiatoren der Fischtürklingel vor drei Jahren eine Unterwasserkamera. 

Selfies vor der Unterwasserkamera

Im Livestream auf der Seite visdeurbel.nl können Interessierte in aller Welt verfolgen, ob und wie viele Fische sich gerade vor der Schleuse aufhalten – beziehungsweise von ihr aufgehalten werden. Wer Fische entdeckt hat, kann einen Knopf drücken. Eine Meldung und ein Screenshot gehen dann an den Schleusenwärter, der aufgrund der Meldungen entscheidet, wann er das alte Schleusentor von Hand öffnet.

Zu den Highlights des Projekts zählen Schnappschüsse von Flussbarschen, Welsen, Hechten – und ein jagender Haubentaucher. Auch menschliche Spaßvögel haben schon vor der Kamera posiert. Und wurden "gemeldet".

Die meisten Fische sind, so erzählt der Initiator Mark van Heukelum im Video, in der Morgen- oder Abenddämmerung unterwegs, wenn ihre Fressfeinde noch nicht aktiv sind. Etwa Mitte April, wenn die Wassertemperaturen steigen, beginnt die Hauptwanderzeit für die Fische in der Gracht.

Allerdings können nur etwa 950 Menschen den Stream gleichzeitig schauen und den Klingelknopf bedienen. Sind es mehr, fehlt der Klingelknopf. Und oft sind es mehr: Selbst auf den Philippinen und in Australien genießen die Menschen offenbar den Anblick der trüben, graugrünen Unterwasserwelt, berichtet die Ökologin Anne Nijs aus dem Projektteam der Visdeurbel im "Spiegel"-Interview.

Die meisten Fans hat das Projekt allerdings nicht in den Niederlanden – sondern in Deutschland.

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