Es gibt Dinge, die im Laufe des Lebens nie an ihrer Faszination verlieren. Zu diesen gehören die großen Vogelschwärme, die mal in Trauben, mal in Formationen durch die Lüfte fliegen und dabei die unterschiedlichsten Bilder in den Himmel zeichnen. Künstler haben die großen Vogelgruppen zu eigenen Musikstücken und Gemälden inspiriert, Fotografen wie Xavi Bou zu ganzen Fotoprojekten und Naturfreunde machen sich jedes Jahr zum Flug der Zugvögel auf zu den besten Beobachtungs-Spots.
Gerade zu Frühlingsbeginn und im Herbst ist die beste Zeit, um Zugvögel wie Kranich, Star, Gans, Weißstorch oder Rauchschwalbe am Himmel zu beobachten - ob einzeln, in Formationen oder in dichten Schwärmen.
Viele Vogelarten tun sich für ihren Flug in Richtung Süden zusammen. Es beginnt mit vereinzelten Vögeln, die sich zu einer kleinen Schar vereinigen, die immer größer wird und bisweilen zu einer Tausende von Vögeln umfassenden Gruppe anwächst. Starenschwärme können gar mehr als eine Millionen Vögel umfassen. Und plötzlich weht ein riesiger Schwarm über den Himmel, der mal nach oben und mal nach unten steigt, sich in die Länge zieht und wieder zu einer dunklen Wolke verdichtet.
Besonders Stare sind für ihre beeindruckenden Schwärme bekannt, die im September und Oktober einzigartige Naturschauspiele am Himmel bieten. Mit der Schwarmbildung schützen sich die Vögel vor Angreifern aus der Luft: Greifvögel wie der Wanderfalke haben es so schwer, einen einzelnen Vogel innerhalb des Schwarms zu fixieren und zu jagen.
Die größten Starenschwärme mit über einer Million Vögel gibt es alljährlich in Rom und an anderen Orten in ihren Überwinterungsgebieten. Der dort durch das Vogelgeschrei entstehende Geräuschpegel kann ohrenbetäubend sein.
Vogelschwärme kennen keine Anführer
Im Gegensatz zu Vogelformationen wie denen der Kraniche, die meist in V-Formationen fliegen, um durch den so entstehenden Luftsog Kräfte zu sparen, fehlt in Vogelschwärmen ein Leitvogel. Trotzdem scheint jeder Vogel innerhalb des Schwarms zu jeder Sekunde zu wissen, was die anderen tun und in welche Richtung er zu fliegen hat. Zusammenstöße - so groß der Schwarm auch ist - gibt es keine. Wie schaffen die Tiere dieses Kunststück?
Die Antwort lautet: Mit einer präzisen Organisation und Zusammenarbeit! Auch wenn die Koordination von Vogelschwärmen noch nicht in Gänze erforscht ist, scheint es einige Prinzipien zu geben. Damit das Fliegen im Schwarm funktioniert, arbeiten Schwarmvögel wie Stare stets zusammen und halten sich an ein paar simple Verkehrsregeln.
Jeder Vogel eines Schwarms hat durchschnittlich 15 andere Vögel in seinem Sichtfeld. Orientieren tut sich ein Individuum aber nur an seinen sechs bis sieben unmittelbaren Nachbarn. Er kommuniziert mit diesen und versucht, zu ihnen immer die ungefähr gleiche Position zu halten. Dabei spielt der Abstand eine untergeordnete Rolle, was zu den typischen Wogen der Schwärme führt, die sich manchmal am Himmel beobachten lassen.
Im Schwarm kann jeder Vogel ein Flugmanöver initiieren, das dann wie eine plötzliche Welle den gesamten Vogelschwarm durchläuft. Durch konzentriertes Beobachten der anderen Schwarmmitglieder können Vögel auf diese Weise Richtungsänderungen schon früh erahnen - etwa so, wie Fußballfans eine wogende La-Ola-Welle erkennen und koordinieren.
Um unentschlossenes und hektisches Flugverhalten einzelner Vögel zu vermeiden, was zum Beispiel als Folge einer Greifvogelattacke auftreten kann, folgen Vögel im Schwarm allerdings eher den Flugbewegungen, die zur Mitte des Schwarms hin gerichtet sind.