Anzeige

Biologie Sie umzingeln Seelöwen und rammen Walkälber: So jagen Orcas große Meeressäuger

Ein Orca springt aus dem Wasser
Kluger Jäger mit raffinierter Taktik: Ein Orca springt aus dem Wasser  (Foto: Josh McInnes, CC-BY 4.0)
Wandernde Schwertwale sind dafür bekannt, Jagd auf große Meeressäuger zu machen. Auf dem offenen Meer ist das kein leichtes Unterfangen, weshalb die Tiere ausgefeilte Jagdtechniken entwickelt haben

Auf dem offenen Meer setzen wandernde Orcas neuen Analysen zufolge spezielle Jagdtechniken ein, um Meeressäuger zu erbeuten: Seelöwen, so schreibt es ein Forschungsteam im Fachjournal "Plos One", werden meist von mehreren Orcas umzingelt, die das Beutetier mit ihrem Kopf oder Körper rammen. Häufig schlagen sie einen Seelöwen dabei auch mit dem Schwanz oder katapultieren ihn gar in die Luft.

Bei der Jagd nach Grauwalkälbern hingegen verfolgten die Orcas Walmutter und Kalb zunächst so lange, bis das Jungtier ermüdet und sie es von der Mutter trennen können. Gemeinschaftlich attackierten die Jäger dann das Kalb, wobei sie es meist von oben rammten und so daran hinderten, an der Oberfläche Luft zu holen. Die Kälber ertrinken dann. In einigen Fällen brächen die Orcas dem jeweiligen Jungtier auch gezielt den Kiefer, schreiben die Forschenden. 

An den Küsten lassen sich Meeressäuger in die Enge treiben. In den Weiten der Ozeane ist das unmöglich

Orcas, auch Schwertwale genannt, kommen in Ozeanen auf der ganzen Welt vor, bilden aber getrennte Ökotypen mit eigener Sozialstruktur, speziellen Nahrungsvorlieben und abweichendem Jagdverhalten. Die Population der wandernden Schwertwale bildet einen solchen Ökotyp und ist die einzige, die vorwiegend Meeressäuger jagt. Ein Teil der Population bevorzugt dafür flache Küstengewässer (Inner-Coast-Orcas), ein anderer die hohe See (Outer-Coast-Orcas).

An den Küsten lassen sich Meeressäuger wie Seelöwen in die Enge treiben. In den Weiten der Ozeane sei das jedoch nicht möglich, schreiben die Forschenden um Josh McInnes von der University of British Columbia in Vancouver. Sie trugen Daten aus Untersuchungen von Meeressäugern zwischen 2006 und 2018 und Whale-Watching-Touren zwischen 2014 und 2021 zusammen, um das Jagdverhalten von Orcas am Monterey Submarine Canyon in Kalifornien zu analysieren. Diese Schlucht zieht sich am Meeresboden über 150 Kilometer weit und teils mehr als 3000 Meter tief in den Pazifik hinein.

In der Region leben eine Vielzahl von Meeressäugern wie Delfine, Seehunde, Seeotter und See-Elefanten. Wale ziehen auf ihren Wanderungen vorbei. Orcas begegnet man dem Forschungsteam zufolge häufig im Frühjahr, wenn Grauwale von Mexiko, wo sie ihre Kälber gebären und aufziehen, nach Norden wandern. 

Insgesamt zogen die Forschenden 87 erfolgreiche Beutezüge in die Analyse ein. Outer-Coast-Orcas setzen demnach Jagdtechniken ein, die sich von denen anderer Schwertwale unterscheiden. Hauptsächlich erbeuteten sie Kalifornische Seelöwen, Grauwalkälber und Nördliche See-Elefanten. Wie die jeweilige Beute erlegt werden muss, werde womöglich kulturell von Generation zu Generation weitergegeben, vermutet das Team um McInnes.

Oft leitete ein Orca-Weibchen die Jagd auf Grauwalkälber ein 

Kalifornische Seelöwen jagten die Orcas den Beobachtungen zufolge überwiegend gemeinsam in der Gruppe, wobei die Jungtiere abseits blieben und die Männchen und Weibchen das Beutetier abwechselnd rammten. Zudem wurden Angreifer beobachtet, die Seelöwen packten und in die Luft warfen. Die Jagd auf solche Beutetiere dauerte zwischen 18
Minuten und anderthalb Stunden, den Kadaver teilten die Orcas jeweils untereinander auf. 

Ein Jagdzug auf Grauwalkälber und ihre Mütter wurde den Ergebnissen zufolge oft von einem Orca-Weibchen eingeleitet. Die Orca-Gruppe trieb die Wale so lange, bis das Jungtier ermüdete. Dann versuchten die Jäger, es von der Mutter zu trennen – etwa, indem sie es an der Flosse fortzogen. Auch hier rammten die Angreifer ihre 900 bis 1000 Kilogramm schwere Beute immer wieder, bissen die Kälber gebissen und drückten sie unter Wasser. Eine solche Jagd dauerte gut anderthalb bis mehr als fünf Stunden. 

Weitaus kürzer geriet meist die Jagd auf Nördliche See-Elefanten und Delfine. Bei Letzteren versuchte die Orca-Gruppe jeweils, einzelne Tiere aus der Schule zu separieren. Mehrfach konnten die Forscher auch vor allem junge Schwertwale dabei beobachten, wie sie Seevögel fingen, mit ihnen spielten und sie dann schwerverletzt oder tot zurückließen.

Luisa Heyer dpa

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel