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Naturphänomen Ringstruktur in grönländischem Fjord gibt weiter Rätsel auf

Deutlich zu erkennen ist die kreisförmige Struktur links der Bildmitte: die Schockwelle eines kalbenden Gletschers?
Deutlich zu erkennen ist die kreisförmige Struktur links der Bildmitte: die Schockwelle eines kalbenden Gletschers?
© NASA Earth Observatory images/ Wanmei Liang via Landsat data from the U.S. Geological Survey
Auf einem Satellitenfoto der NASA ist in einem Fjord eine kilometerlange, ringförmige Struktur zu erkennen. Um was es sich handelt, ist bis heute unklar. Doch unter den Hypothesen gibt es einen klaren Favoriten

Was der Erdbeobachtungssatellit Landsat 9 im August vergangenen Jahres zur Erde funkte, löste bei Fachleuten Staunen aus. Und gibt bis heute Anlass zu Spekulationen: Der etwa fünf Kilometer breite Fjord Itilliarsuup Kangerlua im Westen Grönlands erscheint auf dem Foto übersät von kleinen und großen, unregelmäßig geformten Eisstücken – Bruchstücken der nahe gelegenen Gletscherfront des Kangilleq-Gletschers. Doch in westlicher Richtung zeigt sich im offenen Wasser des Fjords eine feine, helle Linie, die annähernd einen Viertelkreis beschreibt. Um was es sich dabei handelt, ist nach wie vor unklar.

Eine bis heute viel diskutierte Hypothese stammt von dem Geomorphologen Dan Shugar, wie die NASA auf der Website earthobservatory.nasa.gov berichtet. Demnach ist der Viertel-Ring auf das Kalben eines Gletschers in der näheren Umgebung zurückzuführen: Verdrängen große Eismassen plötzlich das umgebende Meerwasser, bildet sich eine Schockwelle, die sich konzentrisch ausbreitet. Das Phänomen lässt sich schon beim Steinwurf in ein Gewässer beobachten.

Auch Josh Willis, Ozeanograph bei der NASA, und Mike Wood von der San Jose State University favorisieren diesen Erklärungsansatz. "Es ist ein perfekter Kreis. Für mich sieht es aus wie eine Welle, die von einem kalbenden Gletscher verursacht wurde, sagt Willis laut earthobservatory.nasa.gov.

Herabfallendes Eis oder aufsteigende Süßwasserwolke?

Es gibt allerdings noch mindestens eine weitere mögliche Erklärung für das ungewöhnliche Phänomen. Es könnte sich nämlich auch um Schmelzwasser handeln: Wenn geschmolzenes Süßwasser an der Unterseite der Gletscherfront stoßartig austritt, drängt es, weil es leichter ist als Meerwasser, an die Oberfläche. Denkbar wäre also zumindest, dass der konzentrische Kreisabschnitt nicht durch herabfallendes Eis – sondern durch eine Wolke aufsteigenden Süßwassers gebildet wurde.

Das Foto zeigt, wie sich beim Sturz von Gletschereis ins Meer an der Wasseroberfläche konzentrische Kreise bilden
Das Foto zeigt, wie sich beim Sturz von Gletschereis ins Meer an der Wasseroberfläche konzentrische Kreise bilden
© Josh Willis / NASA Jet Propulsion Laboratory

In beiden Fällen wäre die ungewöhnliche Struktur im Fjord eine Folge der arktischen Gletscherschmelze. Und damit ein Hinweis auf eine dramatische Entwicklung in der Klimakrise: Zwei Jahre zuvor, am 14. August 2021, fiel der Niederschlag – zum ersten Mal seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – überall auf der Insel als Regen. Selbst an der mit 3216 Metern höchsten Stelle Grönlands. An einem einzigen Tag gingen rund 12,5 Kubikkilometer Eis verloren.

Was sich wirklich am 3. August 2023 im Itilliarsuup Kangerlua ereignete, wird sich aber wohl nicht aufklären lassen: An diesem Tag befand sich offenbar kein Mensch auf oder an dem Fjord, der das Naturphänomen hätte beobachten können.

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