Das Unternehmen elobau GmbH Co. & KG aus Leutkirch im Allgäu, Teil der ensian group GmbH, hat sich auf die Herstellung von berührungsloser Elektrotechnik spezialisiert. Mit rund 1.000 Mitarbeitenden ist das Unternehmen ab 2024 vom Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) betroffen. Das Nachhaltigkeitsmanagement von elobau berichtet, wie sich das Unternehmen auf das Gesetz vorbereitet.
Welche Risiken für Menschenrechtsverletzungen gibt es in Ihren Lieferketten und wie haben Sie diese ermittelt?
elobau: Wir unterscheiden zwischen drei Risikokategorien: Branchenrisiken, geographische Risiken und Produktrisiken. Was die erste Kategorie betrifft: Als Teil der Anlagen- und Maschinenbaubranche sind wir durch unsere Lieferkette mit vielen verschiedenen anderen Branchen verbunden, zum Beispiel Chemie, Automobil oder Elektronik. Viele der Risiken entstehen in der Vorlieferkette. Da geht es um den Abbau von Rohstoffen, aber auch um Arbeitsschutz, existenzsichernde Löhne, Umgang mit Migrantinnen und Migranten. Die geographischen Risiken beziehen sich auf die Herkunftsländer der Produkte. Der Großteil unserer eingekauften Produkte stammt aus Deutschland und Europa, bestimmte Rohstoffe beziehen wir aber auch aus dem asiatischen Raum. Um besser einschätzen zu können, welche Regionen besonders gefährdet sind, arbeiten wir mit einem sogenannten Risikoindikator. Dieser umfasst zwölf weltweit anerkannte Standards, die sich thematisch mit Menschenrechten, Freiheit, Gleichheit, Arbeitsrechten, Korruption und Umwelt befassen. Dazu gehören zum Beispiel der Human Development Index oder der Corruption Perception Index. Die Produktrisiken betreffen die Materialien der Produkte. Hier orientieren wir uns an den gesetzlichen Vorgaben, gehen aber auch darüber hinaus. Da zum Beispiel Blei schwere gesundheitliche Risiken verursacht, wollen wir bis 2024 komplett darauf verzichten.
Mit welchen Maßnahmen versuchen Sie, diesen Risiken zu begegnen?
elobau: Indem wir unsere Mitarbeitenden sensibilisieren und den Austausch stärken. Aktuell sind wir damit beschäftigt, eine Compliance-Abteilung und eine Lieferantenplattform aufzubauen. Dazu werden wir uns auch personell verstärken. Ziel dieser Bemühungen ist, unsere Nachhaltigkeitsanforderungen genauer zu überprüfen und weniger abhängig von Selbstauskünften der Lieferanten zu sein. Mit der Plattform können wir zum Beispiel Drittanbieterplattformen screenen, aber auch Social Media, Zeitungen und digitale Informationsportale. So gelangen wir schneller an Echtzeitinformationen und können im besten Fall präventiv agieren.
Wie gehen Sie vor, wenn doch ein Schaden eintritt?
elobau: Damit wurden wir im vergangenen Jahr zum ersten Mal konfrontiert. Wir erhielten den Hinweis einer Nichtregierungsorganisation (NGO), dass ein Geschäftspartner in unserer nachgelagerten Wertschöpfungskette keine ausreichenden Arbeitsschutzmaßnahmen getroffen hatte. Als die Mitarbeitenden von ihrem Streikrecht Gebrauch machten, drohte ihnen massive politische Verfolgung bis hin zu 25 Jahren Haft. Wir stoppten daraufhin alle ausstehenden Lieferungen und sprachen mit unserem Kunden sowie den Betroffenen und der NGO. Das ist wichtig, um den Vorfall zu überprüfen und sich ein umfassendes Bild der Situation zu verschaffen. Dabei verfolgen wir stets den Anspruch, den Dialog so lange wie möglich aufrechtzuerhalten. Nur so schaffen wir die Basis, um die Situation vor Ort tatsächlich zu verbessern.
Können sich Menschen, die von Menschenrechtsverletzungen oder Umweltverstößen in Ihren Lieferketten betroffen sind oder von Missständen erfahren haben, beschweren?
elobau: Unsere Abteilung für Human Relations erarbeitet aktuell ein Hinweisgebersystem, das sowohl über unser Intranet abrufbar ist als auch über die Webseite. So können Mitarbeitende und Dritte künftig anonym Hinweise eingeben. Zudem wird es eine Hotline geben, unter der Betroffene geschultes Personal erreichen, das die Beschwerden an uns weiterleitet. Dann ziehen wir die jeweils passenden Stakeholder aus dem Unternehmen hinzu, zum Beispiel die Personal- oder die Nachhaltigkeitsabteilung oder auch den Vertrieb.
Sind sich die Menschen in Ihrer Wertschöpfungskette immer bewusst, in wessen Auftrag sie gerade produzieren? Wie sorgen Sie dafür, dass Ihr Beschwerdemechanismus auch wirksam ist?
elobau: Sicherlich ist die Kontrolle für Unternehmen einfacher, die eine eigene Produktion im Ausland haben. Wir setzen auf eine Mischung aus Push und Pull. Das bedeutet, wir streuen die Information auch an unsere Lieferanten und NGOs, die bei Bedarf darauf verweisen können. Außerdem erfragen wir im Rahmen unserer regelmäßigen und anlassbezogenen Audits, ob der Mechanismus in der Produktionsstätte bekannt ist. Zudem werden wir den Prozess engmaschig kontrollieren, zum Beispiel durch Reportings an die Geschäftsführung, die ja ebenfalls ein Interesse daran hat, Beschwerden zu reduzieren und aufzuarbeiten.
Wie stellen Sie sicher, dass das Thema menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in Ihrem Unternehmen fest verankert ist und sich die Mitarbeitenden in den relevanten Geschäftsbereichen auch wirklich verantwortlich fühlen?
elobau: Wichtig ist das Bekenntnis der Geschäftsführung, damit überhaupt die notwendigen Ressourcen und Kapazitäten bereitgestellt werden. Dazu gibt es auch eine Grundsatzerklärung. Dann kommt es darauf an, Vertreter*innen der einzelnen relevanten Geschäftsbereiche wie Einkauf oder Nachhaltigkeitsmanagement konsequent miteinzubeziehen. Künftig wollen wir auch den Dialog zu unseren Lieferanten intensivieren. Und wir werden den externen Austausch weiter stärken, zum Beispiel im Arbeitskreis für Wirtschaft und Menschenrechte des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau: Dort tauschen wir uns regelmäßig mit anderen Unternehmen aus und lernen voneinander.
Wie informieren Sie die Belegschaft und die Öffentlichkeit über die Umsetzung Ihrer Sorgfaltspflicht und was macht gute Kommunikation für Sie aus?
elobau: Intern kommunizieren wir über das Intranet, extern ist unser Nachhaltigkeitsbericht nach dem Gemeinwohlökonomiestandard maßgeblich. Im Zuge des LkSG werden wir darin erneut intensiver über Menschenrechte kommunizieren. Uns ist wichtig, dass unsere Kommunikation verständlich ist. Wir wollen mit verschiedenen Beispielen zeigen, was das Thema konkret für uns bedeutet. Wir haben beispielsweise eine separate Einkaufsschulung erarbeitet. Eine angepasste Version für den Vertrieb ist bereits in Planung, auch eine allgemeine Fassung für die komplette Belegschaft. Denn oft bleiben Menschenrechtsverletzungen hierzulande abstrakt: Man denkt, das seien Probleme, die in der vorgelagerten Lieferkette stattfinden oder ausschließlich unsere Lieferanten betreffen. Doch hinter jedem dieser Fälle stecken persönliche Schicksale und wir als Unternehmen haben Einfluss darauf. Es ist deshalb unsere Pflicht, diesen Einfluss bestmöglich geltend zu machen.
Das Interview führte Katharina Dippold im Februar 2022 im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).