"Das Vergleichen ist das Ende des Glücks und der Anfang der Unzufriedenheit", sagte der Philosoph Søren Kierkegaard. Tatsächlich kann ein systematischer Vergleich aber auch motivieren. Unternehmen, die ihr eigenes CSR-Engagement und das von anderen untersuchen, erhalten eine Orientierung: In welchen Bereichen sind wir schon gut aufgestellt? Wo haben wir Nachholbedarf? Und was können wir von den Besten lernen?
Das Benchmarking, also die zielgerichtete und vergleichende Analyse, stellt Unternehmen oder auch Unternehmensbereiche einander gegenüber. Dadurch erkennen Manager, was die Vorreiter z.B. in einer Branche ausmacht und wo die eigenen Stärken und Schwächen liegen. Der Blick auf gute Referenzen kann so auch praxisnahe Lösungswege aufzeigen und Potenziale bewerten – etwa für Kostensenkung, Imagegewinn und Mitarbeiterzufriedenheit. So lässt sich Benchmarking als Methode für die strategische Ausrichtung, die Entscheidungsfindung und die operative Steuerung zur Leistungsoptimierung anwenden.
Abschauen hilft verstehen
Wer "abschaut", kann dabei viel lernen. Denn was in der Schule verpönt sein mag, kann im Wirtschaftskontext einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess anregen. Der Vergleich mit anderen stärkt das Verständnis für die eigenen Werte, Kernkompetenzen und Geschäftsabläufe. Manchmal stellt dies auch die Strategie auf den Prüfstand, so dass ein Unternehmen sich neu positioniert und dann mit geschärftem Profil seine Wettbewerbschancen verbessert.
Für eine ganzheitliche Einschätzung der eigenen Situation stellt sich zunächst die Frage, was man konkret vergleichen soll. Objekte des Benchmarkings können z.B. Prozesse, Strukturen, Produkte, Strategien, Methoden oder Leistungen sein. Während internes Benchmarking die Teile einer Organisation vergleicht (z.B. Standorte und Filialen), setzt externes Benchmarking verschiedene Unternehmen einer Branche oder branchenübergreifend zueinander in Beziehung.
Standards geben Orientierung
Um einen sinnvollen Vergleich zu gewährleisten, sollten sich Unternehmen bei der Erfassung ihrer Nachhaltigkeitsleistung an freiwilligen Standards und Rahmenwerken orientieren. Eine damit strukturierte CSR-Analyse dient dann dem Benchmarking und der Bewertung der eigenen Aktivitäten hinsichtlich bestehender Regelungen, Normen, Gesetze und freiwilliger Initiativen.
Für Verantwortungsthemen gibt es verschiedene branchenübergreifende Standards und Rahmenwerke. Der national wie international am weitesten verbreitete Standard sind die Leitlinien der Global Reporting Initiative (GRI). Kern des Standards GRI G4 ist das Thema Wesentlichkeit: Die Indikatoren, die der Standard für die Berichterstattung festgelegt hat, haben je nach Branche und Geschäftsfeld mehr oder weniger Relevanz für ein Unternehmen. Die Anwendung von G4 setzt deshalb voraus, dass Unternehmen, die GRI anwenden wollen, zunächst im Dialog mit ihren Stakeholdern ermitteln, wo sie wesentliche Auswirkungen auf Umwelt, Gesellschaft und im wirtschaftlichen Rahmen haben. Nur über diese Indikatoren soll ein Unternehmen nach G4 berichten.
Darüber hinaus gibt es noch weitere Standards und Rahmenwerke wie z.B. den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). Das IÖW/future-Ranking bewertet die Qualität von Nachhaltigkeitsberichten und wählt die besten Berichte in verschiedenen Kategorien z.B. für kleine und mittelständische Unternehmen.
Investoren fragen nach Risiken
Da CSR auch Risikothemen und Innovationschancen beleuchtet, erfreut sich eine Berichterstattung über ökologische und soziale Aspekte zunehmender Beliebtheit in der Finanzwirtschaft. Der Kapitalmarkt hat dafür Leistungskennzahlen zu Umwelt, Soziales und Management (Environment, Social, Governance – kurz: ESG) entwickelt. Zahlreiche institutionelle Investoren unterstützen z.B. das Carbon Disclosure Project (CDP). Die größte Datenbank zum Thema Klima erhebt Daten von Organisationen zu Treibhausgas-Emissionen und -Reduktionsstrategien sowie Klimarisiken. Der Carbon Performance Leadership Index (CPLI) listet daraus die Firmen mit den höchsten Bewertungen.
Das wohl bekannteste Ranking zu Unternehmensverantwortung ist der Dow Jones Sustainability Index (DJSI). Aufgenommen werden über den Best-in-Class Ansatz die jeweils als am nachhaltigsten bewerteten börsennotierten Unternehmen einer Branche. Zu den weltweit führenden CSR-Indizes gehören außerdem der MSCI World ESG und der FTSE4GOOD. Mittelständische Unternehmen mit hohen Leistungen finden sich dagegen im Naturaktienindex (NAI) oder - für Deutschland - im Umweltbank-Aktienindex (UBAI).
Vielfalt steht über Anpassung
ESG-Daten sind nicht nur bei Investoren gefragt, sondern auch bei vielen Unternehmen: Sie wollen ihre Leistungen mit denen von Konkurrenten vergleichen und sich gezielt im Wettbewerb um Geldgeber und Kunden positionieren. Branchenspezifische CSR-Analysen und detaillierte Bewertungen erhalten sie bei unabhängigen Research-Agenturen wie imug, oekom research und sustainalytics.
Der reine Vergleich mit anderen kann jedoch den Blick verengen. Deshalb kann es sinnvoll sein, die Ergebnisse des Benchmarkings vor dem Hintergrund der Erwartungen der jeweiligen Stakeholder zu bewerten. Letztendlich agieren Unternehmen wie Organismen in einem komplexen "Ökosystem" von Wirtschaft und Gesellschaft. Damit dieses "Ökosystem" widerstandsfähig z.B. gegen Krisen ist, braucht es vielfältige Lösungsansätze. Eine Gleichschaltung sollte deshalb nicht angestrebt werden. Dennoch können Vergleiche hilfreich sein, um Verbesserungen und Diskussionen anzustoßen.