Am 17. Mai 2024 sind die drei Rechtsverordnungen in Kraft treten, die den Schwerpunkt des sogenannten Zertifizierungspakets ausmachen. Das Zertifizierungspaket besteht aus der Novellierung der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV) durch zwei Änderungsverordnungen (erste und zweite NELEV-ÄndVO) und Änderungen des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sowie der neuen Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung (EAAV). Die EAAV ergänzt die nachweisrechtliche NELEV um geringfügige materielle technische Anforderungen.

Mit dem Zertifizierungspaket wird ein Konzept für ein massentaugliches, digitaleres und dabei nach wie vor den Anforderungen an die Systemsicherheit entsprechendes Zertifizierungsverfahren für Energieanlagen (Erzeugungsanlagen und Speicher) umgesetzt. Dieses hatten das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und die Bundesnetzagentur (BNetzA) in den vergangenen Monaten unter intensiver Beteiligung der Energiebranche erarbeitet. Es bringt deutliche Vereinfachungen beim Zertifizierungsverfahren und führt so zu einer nachhaltigen Beschleunigung und Vereinfachung der Netzanschlüsse. Zugleich werden Aspekte, die für die Wahrung der Systemsicherheit unentbehrlich sind, berücksichtigt. Im Zusammenspiel mit einem entstehenden, über das Internet zugänglichen Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate (ZEREZ) werden Grundlagen für digitale Prozesse im Netzanschlussverfahren geschaffen.

In einem Webinar am 28.05.2024 hatte das BMWK der Öffentlichkeit und insbesondere der Branche das Zertifizierungspaket vorgestellt. Die FGW e.V. hatte im selben Seminar das zentrale Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate vorgestellt. Die Tagesordnung sowie die Präsentationen sind weiter unten abrufbar.

Zentrale Punkte des Zertifizierungspakets:

  • Erhebliche Ausweitung der bisherigen Ausnahme von der Zertifizierungspflicht (bisher nur Anlagen mit Anschluss an ein öffentliches Niederspannungsnetz) in der Elektrotechnische-Eigenschaften-Nachweis-Verordnung (NELEV):
    • Kein Anlagenzertifikat mehr für Anlagen mit bis zu 270 Kilowatt Einspeiseleistung und 500 Kilowatt installierter Gesamtleistung unabhängig von der Netzanschlussebene, sondern einfacher Nachweis über Einheiten- und Komponentenzertifikate (durch Hersteller) entsprechend der um Systemsicherheitsaspekte zu überarbeitenden anwendbaren Technischen Anschlussregel (TAR) Niederspannung des Forum Netztechnik/Netzbetrieb im Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik (VDE-FNN).
    • Bei Anlagen mit einer kumulierten installierten Leistung von über 270 Kilowatt ist zusätzlich der Nachweis eines übergeordneten Entkupplungsschutzes oder einer gleichwertigen technischen Einrichtung durch ein Prüfprotokoll erforderlich.
  • Neue Verordnung mit technischen Anforderungen (Verordnung über technische Anforderungen an Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie (Energieanlagen-Anforderungen-Verordnung – EAAV)):
    • Um ein sofortiges Inkrafttreten der Erleichterungen zu ermöglichen, also noch bevor die einschlägigen Technischen Anschlussregeln (TAR) durch das VDE-FNN überarbeitet werden, wird für die betroffenen Anlagen eine Verordnung mit technischen Anforderungen zeitgleich zur NELEV-Änderung erlassen – quasi eine Übergangslösung.
  • Schaffung eines Registers für Einheitenzertifikate:
    • Die erste NELEV-ÄndVO sieht u.a. die Schaffung eines Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate in Form einer über das Internet zugänglichen Datenbank vor. Dadurch wird der Netzanschlussprozess für die Anlagenbetreiber und Netzbetreiber vereinfacht. Gleichzeitig wird mehr Verbindlichkeit bei der Einhaltung der technischen Anforderungen erreicht. Die Anlagenbetreiber müssen beispielsweise zukünftig dem Netzbetreiber nur noch die Zertifikatenummer des Wechselrichters nennen, der Netzbetreiber holt sich alle notwendigen Daten dann aus dem neu zu schaffenden Register für Einheiten- und Komponentenzertifikate.
    • Mittels der zweiten NELEV-ÄndVO wird die NELEV lediglich punktuell dahingehend angepasst, dass die Pflicht zur Nutzung dieses Registers rund acht Monate nach der Verkündung der zweiten NELEV-ÄndVO greift, mithin zum 1. Februar 2025. Damit wird gewährleistet, dass die Energiebranche genug Zeit für einen zunächst rechtlich unverbindlichen Probebetrieb des neuen Registers für Einheiten- und Komponentenzertifikate in dem genannten Zeitraum hat.
  • Klarstellung der Rechtsfolgen bei Verstößen vor und während der Betriebsphase:
    • Zur Wahrung der Systemsicherheit müssen Anlagen, die Nachweispflichten und/oder die technischen Anforderungen nicht einhalten, nach einer Frist von zwei Monaten vom Netz getrennt oder die Einspeisung anderweitig unterbunden werden. Bisher war in der NELEV hierfür keine vorherige Fristsetzung vorgesehen. Die Frist kann einmalig verlängert werden. Eine Nichttrennung durch den Netzbetreiber stellt (wie bereits nach geltender Rechtslage) weiterhin eine Ordnungswidrigkeit dar.