Die digitale Welt ist eine Chance für uns – wir haben es selbst in der Hand, was wir daraus machen.

Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft bei der Smart Country Convention am 7. November 2023 in Berlin

Es gilt das gesprochene Wort!

Anrede,

gerade in diesen Tagen spüren wir die Ambivalenz der digitalen Welt. Die Fülle an Desinformation und Hass hat nach dem bestialischen Terrorakt der Hamas gegen Israel nochmal zugenommen. Es ist eine immense Herausforderung, beim Blick auf das Handy den Durchblick zu bewahren und stets immer alles kritisch zu hinterfragen – das Gerät sicher auch mal wegzulegen. Aber klar ist auch: Wir dürfen den digitalen Raum nicht Leuten überlassen, die ihn missbrauchen! Gerade jetzt geht es darum, dagegenzuhalten, nachzufragen, klarstellen – nicht zu schweigen. Für mich ist das Glas stets halbvoll.

Die digitale Welt ist eine Chance für uns – wir haben es selbst in der Hand, was wir daraus machen. Auch in dieser Hinsicht haben mich meine ersten Einblicke in die diesjährige Smart Country Convention sehr beeindruckt. Es ist immer wieder erstaunlich, was digital möglich ist, wie aus Ideen Innovationen werden, die uns Menschen das Leben erleichtern. Es stimmt mich zuversichtlich, dass Digitalisierung, neben all den destruktiven Entwicklungen, eben doch das Zeug hat, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Global, aber eben auch regional und im ländlichen Raum. Die Digitalisierung bietet große Möglichkeiten und Potenziale für eine langfristig gute Entwicklung der ländlich geprägten Gebiete. So können ländliche Regionen durch Vernetzung und Zugang zu digitalen Technologien ihre Infrastruktur verbessern und neue Möglichkeiten für ein gutes und attraktives Leben auf dem Land schaffen. Gerade im Bereich der digitalen Verbindung und Verknüpfung steckt eine große Kraftreserve für die gesellschaftliche, soziale und wirtschaftliche Entwicklung vor Ort. Denken wir etwa an die

  • Telemedizin,
  • Homeoffice-Möglichkeiten,
  • Fernunterricht oder
  • die Stärkung von E-Commerce für lokale Unternehmen.

Digitale Plattformen erleichtern das gesellschaftliche Miteinander zum Beispiel im Vereinsleben. Sie bieten auch Möglichkeiten, den ländlichen Tourismus zu fördern, indem sie Informationen bündeln beziehungsweise überhaupt erst zugänglich machen. Darüber hinaus eröffnet die Digitalisierung neue Wege für die Landwirtschaft. Smart-Farming-Technologien ermöglichen effizientere Anbau- und Erntemethoden. Das steigert die landwirtschaftliche Produktivität und reduziert gleichzeitig den Ressourcenverbrauch.

Wir sehen also, dass bei der Zukunftssicherung der ländlichen Räume Digitalisierung eine entscheidende Rolle spielt. Umso wichtiger ist es, für die entsprechende Infrastruktur zu sorgen. Beim Ausbau geht es langsam, aber zumindest stetig voran: Rund 97 Prozent der Fläche Deutschlands sind beim Mobilfunk durch den LTE Standard über mindestens einen Netzbetreiber abgedeckt. Bei der 5G-versorgten Fläche sind es immerhin mehr als 86 Prozent durch einen Netzanbieter. Wenn Sie wissen wollen, wie es in Ihrem Landkreis konkret um die Mobilfunkversorgung bestellt ist, können Sie sich das am BMEL-Stand gleich selbst anschauen. Dort finden Sie unser neues "Funky Dashboard", das von unserem eigenen Datenlabor entwickelt wurde.

Leider gibt es auch nach wie vor ein großes Stadt-Land-Gefälle beim stationären Breitbandanschluss: Während im Bundesdurchschnitt rund 70 Prozent der Haushalte an Gigabit-Netze angeschlossen sind, sind es in den ländlichen Räumen nur 31 Prozent. Das reicht bei weitem nicht. Da muss unbedingt mehr Tempo rein. Da müssen wir schnell besser werden. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit.

Immerhin lebt die Mehrzahl der Menschen in Deutschland auf dem Land. Wir brauchen gleichwertige Lebensverhältnisse, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu sichern. Der bröckelt schon hier und da. Und wenn ganze Regionen auch noch digital abgehängt werden, dann wird die Kluft noch größer. Gerade in Zeiten, in denen sich wieder mehr Menschen überlegen, aufs Land zu ziehen – Homeoffice macht es möglich – müssen wir dafür sorgen, dass das nicht am lahmen Internet scheitert.
 
Ich bin viel im Land unterwegs, im Sommer habe ich eine Tour durch unterschiedliche ländliche Regionen gemacht. Aber ein Thema war überall gleich präsent: Immer wieder bin ich auf die Förderbürokratie angesprochen worden, die für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und Unternehmen eine Belastung ist. Auch das kann durch Digitalisierung deutlich vereinfacht werden. Die digitale Anbindung ist für ländliche Räume DIE entscheidende Zukunftsfrage. Wir beteiligen uns deshalb aktiv an der Umsetzung der Gigabit-Strategie der Bundesregierung. Um hier mal ein Beispiel zu nennen: Wir haben uns dafür eingesetzt, dass im Gigabitförderprogramm der Bundesregierung seit dem 1. April 2023 ländliche Räume mit besonderem Nachholbedarf in einer so genannten "fast lane" bevorzugt werden.

Zudem müssen wir die Verwaltungsdigitalisierung endlich ganzheitlich, nachhaltig und engagiert umsetzen. Die Änderungen des Onlinezugangsgesetzes werden uns dabei hoffentlich bald helfen. Mit der Ende-zu-Ende-Digitalisierung werden wir es schaffen, den zukünftigen Herausforderungen für unsere Verwaltung zu begegnen und gleichzeitig nutzerfreundlichen Service anzubieten.

Die Ukraine, als diesjähriges Partnerland der Smart Country Convention, zeigt, wie die öffentliche Verwaltung erfolgreich digitalisiert werden kann. Mit der Behörden-App der Ukraine kann man

  • die Steuererklärung machen,
  • den Pass, den Führerschein oder eine Baugenehmigung beantragen,
  • sein Auto registrieren sowie
  • Anträge auf Sozialleistungen oder Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen stellen.

Man hat auch seinen digitalen Pass immer dabei. Es ist spannend und inspirierend zu sehen, wie andere Länder digitale Lösungen gewinnbringend in ländlichen Gemeinden einsetzen. Da können wir uns sicher noch was abgucken!

Meine Damen, meine Herren,

als für die ländlichen Räume zuständiger Bundesminister ist es mir wichtig, die Menschen auf dem Land bei der Gestaltung der Digitalisierung in besonderem Maße zu fördern und zu entlasten. Aber natürlich gibt es nicht DEN einen ländlichen Raum: Es gibt prosperierende Landkreise (nicht nur) in den Speckgürteln der Ballungszentren, in denen es sich sehr gut leben lässt und die auch in Sachen digitale Infrastruktur keine Probleme haben. Aber es gibt eben auch sehr ländliche, abgelegene und oftmals strukturschwache Kommunen, in denen 2G die Regel und ein Balken auf dem Handy der Normalzustand sind. Das beraubt die Menschen, die dort leben, der Teilhabe am öffentlichen Leben. Es nimmt ihnen Chancen, die mit mobiler Arbeit einhergehen Es entfernt sie von modernen Standards der sozialen Daseinsvorsorge, die für andere selbstverständlich sind. Und deswegen unterstützen wir besonders strukturschwache Kommunen dabei, die Potenziale der Digitalisierung zur Verbesserung der Lebensbedingungen auf dem Land zu nutzen.

Mit dem Bundesprogramm Ländliche Entwicklung und Regionale Wertschöpfung, dem BULEplus, fördern wir gezielt Projekte, die ganz konkrete Probleme in einer ländlichen Region mithilfe neuer digitaler Technologien lösen. Mit "Land.Funk" stärken wir die Nutzung der Möglichkeiten der neuen Mobilfunktechnologie 5G. Dafür unterstützen wir Projekte, die einen Beitrag zur Sicherung von Teilhabe und Daseinsvorsorge auf dem Land leisten. Zum Beispiel fördern wir die Entwicklung einer 5G-Anwendung zur Verbesserung der Kommunikation und Koordination bei Such- und Rettungseinsätzen in ländlichen Regionen. Durch ein 5G-Hilfsmobilfunknetz über Drohnen wird sichergestellt, dass dies auch in Funklöchern funktioniert.

Mit unseren Modellvorhaben, wie Smarte.Land.Regionen, fördern wir Ideen für zukunftsrelevante Bereiche. Es geht etwa E-Mobilität, E-Learning und Bildung. Aber auch um Telemedizin oder die flexible, ortsunabhängige Gestaltung von Arbeit. Und natürlich profitieren auch soziale und kulturelle Angebote auf dem Land von digitalen Ideen. Ich denke etwa an den Landkreis Greifswald-Vorpommern. Dort wurde mit dem von uns geförderten und betreuten Projekt "kuubu" eine Vernetzungsmöglichkeit zwischen weit abgelegenen Kitas und Kultur- und Bildungseinrichtungen Mecklenburg-Vorpommerns geschaffen. Das sind von außen betrachtet alles eher kleine Projekte, aber sie sind zielgerichtet und machen einen Unterschied in der Lebensqualität vor Ort.

Wir fördern auch nicht nur mit finanziellen Mitteln: Uns ist vor allem wichtig, den Wissenstransfer aus den Modellprojekten in nicht geförderte Landkreise und Kommunen sicherzustellen: So bauen wir beispielsweise in unserem Modellvorhaben "Smarte.Land.Regionen" eine Plattform auf, die bundesweit Landkreise mit bereits erprobten digitalen Diensten versorgt. Denn: Warum soll sich ein Landkreis mit einem Problem bei der Umsetzung des Dienstes mühen, wenn ein anderer für genau dieses Problem schon die Lösung hat?

Mit dem Programm "Ländliche Räume in Zeiten der Digitalisierung" fördern wir 14 Forschungsprojekte, die aktuelle wirtschaftliche, gesellschaftliche und räumliche Veränderungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung analysieren. Eines der Projekte, OpenDataLand, untersucht die besonderen Potenziale von Open Data für die Daseinsvorsorge in ländlichen Räumen. Mit dem Vorhaben "Künstliche Intelligenz" unterstützen wir insgesamt 36 Verbundprojekte dabei, digitale Anwendungen wie Deep Learning, maschinelles Lernen oder Robotik in der Landwirtschaft, der Lebensmittelkette, der gesundheitlichen Ernährung und den ländlichen Räumen zu etablieren.

Meine Damen, meine Herren,

das war jetzt ein Ritt durch unsere konkreten Maßnahmen. Aber meinen Sie nicht, dass ich nicht sehe, dass wir besser und schneller werden müssen. Als ich Oppositionspolitiker war, habe ich gefordert, dass wir besser werden müssen, um den Menschen das Leben leichter zu machen – und Digitalisierung ist hier ein entscheidender Schlüssel. Das hat sich jetzt nicht quasi über Nacht geändert, nur weil ich jetzt Teil der Regierung bin. Wir müssen besser und schneller werden. Es braucht ein digitales Ökosystem mit speziell auf die Bedürfnisse von Landkreisen und ländlichen Kommunen zugeschnittenen Anwendungen. Wir arbeiten daran, dass die Entwicklung smarter Lösungen für mehr Lebensqualität auf dem Land an Fahrt aufnimmt. Wir arbeitend daran, dass neuartige Technologien dort zum Einsatz kommen, wo sie für ein zukunftssicheres Leben auf dem Land gebraucht werden. Ich freue mich auf den Rundgang.

Ich wünsche Ihnen allen eine erfolgreiche und inspirierende Smart Country Convention.

Vielen Dank.

Erschienen am im Format Rede

Ort: Berlin


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