Wir wollen gute Ernährung für alle Menschen in diesem Land leichter machen – jede und jeder soll eine echte Wahl haben.
Rede des Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft beim Politischen Erntedank mit Verleihung der Professor Niklas-Medaille am 17. Oktober 2023 in Berlin
Es gilt das gesprochene Wort!
Anrede,
wir kommen zusammen, um für die Gaben der Natur zu danken. Wenn wir ehrlich sind, dann wirkt diese Sprache – die Gaben der Natur – heutzutage doch fast schon etwas altmodisch. Das zeigt uns aber auch, wie sehr wir uns täuschen können. Denn gefüllte Teller sind eben alles andere als selbstverständlich. Dahinter steckt zum einen die Vielfalt der Natur, in Zeiten des Klimawandels vielleicht auch ihre Gnade. Zum anderen steckt dahinter die harte Arbeit der Bäuerinnen und Bauern. Vermutlich ist der Erntedank eines der ältesten Rituale der Menschheitsgeschichte. Denn als die Menschen um rund 10.000 vor Christus anfingen, ihr Land zu kultivieren und damit den Ursprung des Ackerbaus zu legen – da entschied jede Ernte über Leben oder Tod. Die Dankbarkeit für jede geerntete Feldfrucht war selbstverständlich! Und noch vor hundert Jahren war es bei einer schlechten Ernte auch bei uns nicht selbstverständlich, dass die Menschen im Winter genug zu essen haben würden. Man wusste, dass nur eine gute Ernte sie über die kalte Jahreszeit bringen oder die Ernährung der eigenen Familie sichern würde.
Heute ist das bei uns im Hinblick auf die allgemeine Versorgungssituation anders, allerdings nicht überall auf der Welt. Aber auch bei uns haben wir in diesem Sommer erlebt, dass Regen und Hagel ganze Felder oder Weinberge treffen – und damit die Arbeit eines Jahres zerstören. Das landet dann zwar über unseren jährlichen Erntebericht in den Medien – aber eben nur in einer Gesamtschau. Es sind dann aber immer ganz konkrete Höfe und Familien, deren Ernten durch Extremwetter ruiniert werden.
Meine Damen, meine Herren,
bei uns ist es mittlerweile durchaus so, dass Landwirtschaft als selbstverständlich gesehen wird. Ich würde ja nicht verlangen wollen, dass sich an jedem Wochenende die Menschen aufmachen, um unseren Feldern und Beeten zu huldigen - sicher nicht! Wenn ich aber lese, dass sich Leute darüber beschweren – gar die Polizei rufen –, wenn sie sich auf einem "FELD-Weg" von einem Trecker oder einer Erntemaschine in ihrem Freizeitvergnügen gestört fühlen, dann macht mich das kurz sprachlos. Wenn Bäuerinnen und Bauern mir erzählen, dass selbst Dorfkinder den natürlichen Bezug zur Landwirtschaft verlieren, macht das nachdenklich. Dann sollten wir uns die Frage stellen, wie wir die Distanz zwischen Konsument und Erzeuger, zwischen Teller und Acker wieder verringern können.
Ich möchte nicht gleich nach einem Schulfach für alle rufen – aber es wäre doch schon ein Gewinn, wenn jedes Kind in seiner Schulzeit mal einen Bauernhof besucht. Und dann dort übrigens auch erlebt, wie spannend, innovativ und technisch anspruchsvoll die Arbeit dort sein kann. Aber vor allem erlebt, wo das hoffentlich gute und leckere Mittagessen in der Kita und Schule seinen Ursprung hat. Dass es eben nicht im Supermarktregal wächst und gedeiht, sondern auf Acker, Weiden und in Ställen – und die Arbeit von Bäuerinnen und Bauern dahintersteckt.
Wenn wir heute Abend über den Dank für unser Essen reden, möchte ich damit auch den Dank dafür verbinden, dass wir hier in Frieden und Sicherheit leben können. Die Ereignisse der vergangenen Tage in Israel haben uns abermals vor Augen geführt, dass nur eines selbstverständlich ist: Dass nichts mehr selbstverständlich ist, wenn es das überhaupt jemals war. Es sind unerträgliche Bilder, die uns aus Israel erreicht haben. Bilder, die wir niemals hinnehmen dürfen. Wir stellen uns klar hinter Israels Recht auf Selbstverteidigung. Aber genauso wenig dürfen wir hinnehmen, dass der Terror der Hamas auf unseren Straßen auch noch bejubelt wird. Das Existenzrecht Israels ist für uns Staatsräson und unverhandelbar. Wer hier lebt, hat das zu respektieren – und zwar ganz egal mit welcher Biographie auch immer! Es ist unser aller Aufgabe, stets klar zu machen, dass diese Haltung für uns nicht zur Disposition steht – denn auch da gilt: Was selbstverständlich war, ist es deshalb nicht auf Dauer. Denn dass wir die mitunter arg naiven Scheuklappen endlich ablegen müssen, haben wir in den vergangenen Jahren ja nicht nur einmal festgestellt.
Eines hat uns unsere Geschichte doch schmerzhaft gelehrt: Es liegt an Ihnen, an mir, an uns allen. Wir müssen den Wert von Freiheit und Demokratie gegen die Angriffe und Bedrohungen noch aktiver verteidigen – nach innen wie nach außen. Die Gegner der Demokratie spekulieren doch nur darauf, dass liberale Demokratien weich sind und sich gerade angesichts ihrer humanitären Werte nicht zu wehren wissen. Umgekehrt muss es sein! Gerade, weil Menschlichkeit und Demokratie für uns unabdingbar sind, müssen wir uns zur Wehr setzen! Unser Grundgesetz hat eine wehrhafte Demokratie geschaffen. Wir sollten nie ignorieren, dass gerade in der Toleranz zugleich die Saat einer Selbsttäuschung steckt, wenn wir die Zeichen nicht ernst nehmen. Hier müssen wir Demokraten zusammenhalten, hier müssen wir gemeinsam Lösungen finden. Da geht es nicht um Entscheidungen mit 51 Prozent zu 49 Prozent. Das haben wir in der vergangenen Woche mit einer gemeinsamen Initiative von Regierung und Opposition deutlich gemacht. Wir stehen an der Seite Israels – Heute, Morgen und Übermorgen!
Frieden und Sicherheit ist auch das, was sich die Menschen in der Ukraine wünschen, die seit inzwischen 600 Tagen unter dem russischen Angriffskrieg leiden. Ich bin gerade erst kürzlich im Westbalkan, in der Ukraine und in der Republik Moldau gewesen. Ich habe dort viele gute Gespräche darüber geführt, welche Bedeutung Landwirtschaft für Frieden und Sicherheit hat, für gute Perspektiven und Wohlstand. Wenn man mit eigenen Augen sieht, wie Getreide verladen wird, um damit an anderen Orten auf der Welt Hunger zu lindern, weiß man, dass es richtig und wichtig ist, für jede Handvoll Getreide zu kämpfen. Es ging mir in diesen Ländern aber auch darum, gemeinsame Werte zu betonen, die europäische Idee zu stärken und sie weiterzutragen. Gerade in dem Bewusstsein, dass auch in diesen Regionen von außen versucht wird, sie zu destabilisieren.
Hier müssen wir uns als Partner für ein geeintes Europa anbieten, das der Demokratie den Rücken stärkt. Und mit dem Blick von außen wird einem eindrücklich bewusst, dass wir dankbar sein sollten, dass wir Teil einer starken europäischen Gemeinschaft sind. Ja, wir streiten leidenschaftlich über Details und sind nicht immer glücklich mit Brüssel. Gerade in der Landwirtschaft debattieren wir intensiv über Themen wie den Einsatz von Pestiziden und Dünger, über den richtigen Weg zu mehr Tierschutz und lebendige ländliche Räume. Aber trotz aller Emotion und Interessen bilden immer unsere gemeinsamen demokratischen Grundwerte die Basis des Handelns. Das sollten wir uns stets wieder vor Augen halten, denn es ist in vielen Teilen der Welt nicht selbstverständlich – und auch bei uns wird an den Rändern des politischen Spektrums daran gesägt. Wir haben mit der Europäischen Union eine Gemeinschaft geschaffen, für die wir sehr dankbar sein sollten – und für die wir deshalb auch immer eintreten und kämpfen sollten. Zum Wohle unserer Landwirtschaft, aber auch darüber hinaus.
Liebe Gäste,
wir feiern ja heute nicht nur den Erntedank, sondern verleihen drei herausragenden Persönlichkeiten die Professor Niklas-Medaille.
Sehr geehrte Frau Professor Arens-Azevêdo,
sehr geehrter Herr Professor Dr. Mettenleiter,
sehr geehrter Herr Dr. Prinz zu Löwenstein,
Sie haben in Ihren Themen unser Ministerium auf vielfältige Weise unterstützt, bereichert und Impulse gesetzt. Sie waren gleichzeitig Beraterin und Berater, Kritikerin und Kritiker, um für gesundes Essen, für wissenschaftlichen Fortschritt und Expertise sowie eine zukunftsfähige, nachhaltige Landwirtschaft zu kämpfen. Auch heute Abend wird es sicher bei jedem Gespräch um Themen und Entwicklungen gehen, die Sie drei mit viel Leidenschaft und Expertise vorangetrieben haben. Ich möchte Ihnen allen an dieser Stelle von Herzen für Ihre wertvolle Arbeit und Ihr Wirken zum Wohle unserer Gesellschaft danken, bevor wir später zur Verleihung kommen.
Liebe Gäste,
es geht hier und heute ums Essen – und machen wir uns nichts vor: Essen ist auch eine politische Frage. Kaffeetrinken übrigens auch, wie mir ja kürzlich Uli Hoeneß eindrücklich verdeutlicht hat. Er hat kürzlich in einer Talkshow behauptet, ich würde ihm die Zuckerwürfel im Kaffee verbieten. Man hat ihm direkt widersprochen, er meinte dann: "Doch!" Als Pädagoge kann ich so ein stures "Doch" ja ganz gut einordnen. Die Wahrheit ist: Er kann seinen Kaffee von mir aus auch mit Speckwürfeln würzen – wie es ihm beliebt, das entscheidet er ganz allein. Und wenn es nicht so bitter wäre, könnte man ja drüber lachen – aber das ist dann schon auch ein Wettlauf des Irrsinns, wo man früher mit Maß und Mitte reagiert hat. Und ich möchte mich ausdrücklich nicht an diesem Wettlauf und Kulturkampf beteiligen – ich möchte, dass wir Möglichkeiten schaffen.
Was Sie sich heute Abend also auf den Teller legen oder an den anderen Tagen in den Einkaufswagen, was sie im Kühlschrank haben, ist nur Ihre Entscheidung! Jede und jeder kann essen, was sie oder er will – und ich möchte, dass Sie es mit Genuss tun. Auch heute Abend bieten wir Ihnen dafür ein vielfältiges Angebot. Auch mit bestem Brandenburger Fleisch – natürlich nachhaltig erzeugt! Miteinander über Ernährung zu reden, ist wichtig. Wichtig ist aber auch, dass wir diese Diskussion konstruktiv und ohne Unterstellungen führen. Es ist nun mal so: Was und wie wir essen, bleibt eben nicht ohne Folgen für unsere Gesellschaft. Was und wie wir unser Essen produzieren, betrifft nicht nur uns selbst, sondern hat auch Auswirkungen auf andere.
Unser Ziel ist klar: Wir wollen gute Ernährung für alle Menschen in diesem Land leichter machen – jede und jeder soll eine echte Wahl haben. Ich betone: eine echte und faire Wahl! Das muss in der Schule, der Kantine und im Supermarkt gleichermaßen gelten. Dass gerade diese so genannte Außer-Haus-Verpflegung den Unterschied zwischen gesunder und nicht gesunder Ernährung ausmachen kann, hat gerade Frau Professor Arens-Azevêdo immer in den Mittelpunkt Ihrer Arbeit gestellt. Für Sie war schon früh klar, dass es anspruchsvolle Qualitätsstandards in der Gemeinschaftsverpflegung braucht. Sie haben sich immer dafür eingesetzt, dass für Kinder, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Seniorinnen und Senioren eine gute und faire Ernährungsumgebung geschaffen wird. Damit möglichst viele und am besten alle die Möglichkeit haben, gut und gesund zu essen – gerade auch dann, wenn die Verhältnisse zuhause nicht immer einfach sind.
Ernährungsgewohnheiten haben sich schon immer gewandelt. Und auch heute ist ein Wandel auf unseren Tellern ist in vollem Gange – ein Wandel zu mehr Nachhaltigkeit. Und das doch nicht, weil es der Minister so angeordnet hat. Gerade die Jüngeren treiben Veränderungen voran, denn sie wissen, dass mehr Nachhaltigkeit gut ist für die Gesundheit, aber gleichzeitig eben auch für den Planeten - und auch noch gut schmeckt. Das bestätigt auch unser Ernährungsreport, den ich am vergangenen Freitag vorgestellt habe.
Viele Bürgerinnen und Bürger sind weiter, als es so manchem Verband lieb ist in Sachen nachhaltiger, gesunder, regionaler, saisonaler und Bio-Ernährung. Und auch viele Unternehmen haben sich längst auf den Weg gemacht. Die können nun mal rechnen. Sie sehen wichtige Märkte, Zukunftsmärkte, die sie erschließen wollen. Gerade als Ernährungsminister möchte ich, dass unsere Ernährungswirtschaft eine starke, wirtschaftlich erfolgreiche Branche bleibt. Die Ernährungsindustrie ist mit einem jährlichen Umsatz von 185 Milliarden Euro der viertgrößte Industriezweig Deutschlands. Über 610.000 Beschäftigte in mehr als 6.000 meist mittelständischen Betrieben versorgen unsere Verbraucherinnen und Verbrauchen mit hochwertigen Lebensmitteln. Wir brauchen gerade in dieser Branche weiter innovative Unternehmen, die sich neuen Realitäten und Verbraucherwünschen anpassen und zugleich nach vorne denken.
Und was diese neuen Realitäten und Verbraucherwünsche angeht, fällt doch eines besonders ins Auge: Die Zahl der Flexitarier nimmt zu. Sie wollen nicht auf Fleisch verzichten, sondern weniger Fleisch essen. Und sie wollen nicht einfach nur weniger Fleisch essen, sie wollen gutes Fleisch essen. Der Landwirtschaftsminister sagt natürlich: gerne auch gutes Fleisch aus unserem Land. Auf der anderen Seite gibt es einen immer größer werdenden Markt: für Fleischalternativen, wie ich gerade eindrucksvoll auf der Anuga sehen konnte.
Darum passt doch die gesellschaftliche zur politischen Entwicklung, wenn wir auf der einen Seite mit dem Tierhaltungskennzeichen ein Angebot für all jene machen, die sagen: Wir wollen Fleisch essen, aber wissen, wie das Tier gehalten wurde. Und ich unterstütze diese Weiterentwicklung der Tierhaltung auch im Bewusstsein, dass sie ein Muss für eine gelingende Kreislaufwirtschaft ist. Dazu brauchen wir dann natürliche auch Bäuerinnen und Bauern, die diese Tiere halten. Deshalb fördern wir eine zukunfts- und krisenfeste Tierhaltung in den kommenden Jahren mit mindestens einer Milliarde Euro. Und natürlich weiß ich, dass diese Milliarde nicht das Ende vom Lied ist, wenn wir wirklich vorankommen wollen. Wir arbeiten daran.
Und auf der anderen Seite wollen wir auch denjenigen gerecht werden, die sagen, dass sie kein Fleisch essen wollen. Denen machen wir ein Angebot mit der Eiweißpflanzenstrategie, von dem auch zugleich unsere heimische Landwirtschaft profitiert. Das ist doch der Weg: Alle Bedürfnisse ernst nehmen und echte Wahlfreiheit schaffen, so dass die Menschen letztlich selbst entscheiden, in welche Richtung die Märkte sich entwickeln. Denn am Ende steht doch eine tolle Botschaft: Mit so etwas Großartigem wie gutem, leckerem Essen können wir einen großen Unterschied machen – für unsere Gesundheit und Wohlbefinden ebenso wie für den Schutz unserer Lebensgrundlagen.
Und einen Unterschied muss auch unsere Landwirtschaft machen, um ihren Beitrag zum Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu leisten. Wir wollen bewahren, was uns wichtig ist – und dafür müssen wir auch offen sein für Veränderungen. Professor Dr. Mettenleiter weiß am besten, dass Erfindergeist, Erkenntnisse aus der Forschung und Ideen aus der Praxis schon immer treibende Kräfte einer zukunftsfesten Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft waren. Und auch heute brauchen wir Innovationen und Ideen, die Perspektiven schaffen. Es ist doch kein Zufall, wenn auf deutschen Äckern mehr und mehr Kichererbsen und Hirse zu sehen sind. Gerade von der Qualität der Brandenburger Hirse können Sie sich nachher am Buffet überzeugen.
Unsere Bäuerinnen und Bauern passen sich den neuen Realitäten an, weil es für sie Sinn macht, neu zu denken. Da ist vermutlich die Vernunft der Praxis der Vernunft der Politik schon einen Schritt voraus. Viele Landwirtinnen und Landwirte engagieren sich bereits für eine Zukunft, in der wir Klima und Umwelt schützen, unsere Tiere besser halten, die biologische Vielfalt erhalten und weiterhin ertragreich gute Lebensmittel erzeugen können.
Gerade gesunde Böden sind die Grundlage für jegliche landwirtschaftliche Produktion und die Grundlage für unsere Ernährung. Denn nur gesunde, fruchtbare Böden können ihr ökologisches Potenzial vollständig entfalten und dauerhaft Nahrungsmittel produzieren. Und ich muss in manch hitziger Debatte immer mal daran erinnern, dass meine Verantwortung als Minister weiterreicht, als nur an die nächste Ernte zu denken. Ich muss auch an die Ernten in zehn, zwanzig und fünfzig Jahren denken – das ergibt sich doch zwingend aus meinem Amtseid! Und diese künftigen Ernten sind eben nicht selbstverständlich, wenn ich kurzfristig Erträge steigere – koste es, was es wolle. Daher müssen wir die Interessen der Gegenwart mit den Interessen der Zukunft so in Einklang bringen, dass auch unsere Kinder und Enkel gute Ernten einfahren können. Hier wie auch anderswo auf der Welt. Genau diese Denkweise finde ich im ökologischen Landbau, wie ihn mit Dr. Prinz zu Löwenstein nun schon seit Jahrzehnten lebt und fördert. Dieser ökologische Landbau ist unser Leitbild und entsprechend stärken wir ihn auch.
An dieser Stelle möchte ich aber auch klar sagen, dass mir nicht an einer Debatte gelegen ist, die die ökologische und konventionelle Landwirtschaft gegeneinander in Stellung bringt. Mir geht es grundsätzlich um Nachhaltigkeit und ich bezweifle, dass wir sie mit Lagerdenken voranbringen. Ich plädiere für eine Landwirtschaft, die die Vorteile beider Landwirtschaftssysteme erkennt und anerkennt. Die konventionelle Landwirtschaft kann beispielsweise von der Kulturpflanzenvielfalt und den umweltschonenderen Praktiken des Biolandbaus lernen. Und der Ökolandbau steht vor der Herausforderung, Erträge durch eine erhöhte Effizienz zu steigern. Für eine zukunfts- und krisenfeste Landwirtschaft brauchen wir Lösungen, die auf einer breiten gesellschaftlichen und politischen Basis stehen. Auch hier geht es nicht um 51 zu 49 Entscheidungen, sondern um einen gemeinsamen Grundkonsens im Sinne der Zukunftskommission Landwirtschaft. Damit wir unseren Bäuerinnen und Bauern Planungssicherheit und gute Einkommen, den Hofnachfolgerinnen und -nachfolger motivierende Perspektiven bieten können.
Meine Damen, meine Herren,
das Erntedankfest ist für uns ein fester Bestandteil des Jahreskalenders. Gerade in Zeiten, in denen Wertschätzung dafür fehlt, viele hinterfragen, ob es denn den Erntedank wirklich braucht, er gerne mal als antiquiert bezeichnet wird. Das will ich deutlich verneinen! Für mich ist es ein Ereignis, das Identität und Sinn stiftet. Es ist ein Fest, das Verbundenheit schafft, Dank ausdrückt und auch den Zusammenhalt unserer Gemeinschaft prägt. Ein Fest, das ein Gegengewicht zum Trend des immer schnelleren, sicher auch mal unreflektierten Konsums schafft. Ich finde, dass man Bräuchen und Traditionen Unrecht tut, wenn man sie als etwas Altbackenes bezeichnet oder bloß in der Vergangenheit verortet. Denn Traditionen und Bräuchen wie dem Erntedank wohnt eine Kraft inne, die Halt gibt – und auch über soziale Grenzen und Milieus hinweg Gemeinschaft schaffen kann.
Lassen Sie uns diese Idee bewahren und auch zukünftig gemeinsam für gute Ernten danken! Und unseren Landwirtinnen und Landwirten dafür, dass sie unser Land ernähren. Denn das ist alles andere als selbstverständlich.
Vielen Dank!
Ort: Berlin