Auswirkungen des Ukraine-Krieges: BMEL bringt erste Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirtschaft auf den Weg
Özdemir warnt davor, Krisen gegeneinander auszuspielen
Die Auswirkungen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine betreffen neben dem Energie- und Wirtschaftssektor insbesondere die internationalen Agrarmärkte.
Kernanliegen des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung (BMEL) ist es, auch die Folgen für die deutsche Landwirtschaft schnell und pragmatisch abzupuffern und gleichzeitig relevante Nachhaltigkeitsziele aufrechtzuerhalten. Denn neben den Kriegsauswirkungen bleiben die unmittelbaren und sich verschärfenden Folgen der Klimakrise und des Artensterbens eine Gefahr für den gesamten Agrarsektor und damit die Versorgung der Weltbevölkerung.
Bundesminister Cem Özdemir erklärt dazu: "Putins Krieg gegen die Ukraine führt uns die verletzlichen Stellen unseres Agrarsystems vor Augen. Unsere Maßnahmen haben deshalb schnelle Hilfen zum Ziel – und die Landwirtschaft insgesamt weniger krisenanfällig aufzustellen. Wir prüfen natürlich fortlaufend weitere Maßnahmen im Lichte der aktuellen Entwicklungen.
In der Diskussion der letzten Tage wurden verschiedene Aspekte, Argumente und Interessen vermengt. Ich rate vor Scheinlösungen und Aktionismus ab, das hilft den Betroffenen nicht. Wir brauchen aufrichtige und effektive Lösungen. Und ich will nochmals deutlich betonen: Die Versorgung in Deutschland mit Lebensmitteln ist sichergestellt. Wer anderes behauptet, handelt gegen die Fakten – und politisch verantwortungslos."
Zentrale Herausforderungen für die Landwirtschaft stellen derzeit vor allem die hohen Energiepreise und Engpässe auf dem Futtermittelmarkt dar. Vor allem befürchtete Ausfälle bei den Getreideernten in der Ukraine sowie bei Lieferungen von Ölsaaten, Eiweißpflanzen und Getreide aus der Ukraine bereiten Sorgen. Bundesminister Cem Özdemir hat deshalb folgende erste Maßnahmen auf den Weg gebracht.
Das BMEL wird …
- … sich im Rahmen der deutschen G7-Präsidentschaft dafür einsetzen, dass die Märkte offenbleiben und der globale Handel funktioniert, um weiteren Preissteigerungen für landwirtschaftliche Betriebe sowie Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland und weltweit entgegenzuwirken.
- … für 2022 als Ausnahmeregelung den Aufwuchs auf ökologischen Vorrangflächen der Kategorien "Brache" und "Zwischenfrüchte" als Futter freigeben. Damit kann ein Beitrag zur Futterversorgung geleistet und die Wirkungen der steigenden Futtermittelpreise für die Landwirtinnen und Landwirten abgemildert werden.
Zum Hintergrund: Das, was auf diesen Flächen aufwächst, darf normalerweise nicht genutzt werden, sondern wird untergepflügt für die Bodenverbesserung. Der Flächenumfang lag dafür 2021 bei 1,06 Millionen Hektar Zwischenfrüchte-Flächen und 0,17 Millionen Hektar Brache. - … die bestehende Eiweißpflanzenstrategie ausbauen und finanziell stärken, um u.a. das Angebot an regional erzeugten Futtermitteln und damit die Unabhängigkeit Deutschlands bei der Versorgung mit GVO-freien Eiweißfuttermitteln auszubauen.
- … bestehende Programme zur Förderung von Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien in der Landwirtschaft entbürokratisieren und attraktiver wie breiter bekannt machen, damit Geld besser bei den Betrieben ankommt. Damit soll die Landwirtschaft von fossilen Energien unabhängiger werden. Zudem soll für Verbraucherinnen und Verbraucher die Kostensteigerung bei Lebensmitteln gedämpft werden, für die Energiepreise ein relevanter Faktor sind.
Zum Hintergrund: Es stehen allein 2022 voraussichtlich 48 Millionen Euro bereit. Gefördert werden weitgehend technologieoffen Maßnahmen zur Energieeinsparung und Erzeugung erneuerbarer Energie zur Verwendung in der landwirtschaftlichen Produktion. Bei mobilen Maschinen werden Investitionen in alternative Antriebe gefördert (Elektro, Biomethan, Pflanzenöle). - … sich auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass pragmatisch und flexibel alle Möglichkeiten geprüft werden, weiterhin eine tiergerechte Fütterung in der ökologischen Tierhaltung zu ermöglichen. Der Ökolandbau ist vom Wegfall der Futtermittel aus der Ukraine in besonderem Maße betroffen.
Zum Hintergrund: Tiere im Ökolandbau müssen seit 2022 mit 100% ökologisch erzeugtem Futter versorgt werden. Das ist in Normalzeiten auch richtig, aber durch den Ausfall von Ökofutter aus der Ukraine schwierig umzusetzen. Das BMEL setzt sich deshalb auf EU-Ebene in dieser besonderen Situation für Ausnahmen ein. - … die Diskussion über Krisenmaßnahmen der EU-Kommission ("Maßnahmen gegen Marktstörungen") konstruktiv und im Sinne einer zielgerichteten Unterstützung der betroffenen landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland begleiten.
Bundesminister Özdemir weiter: "Wir können es uns aber nicht leisten, dass wir jetzt andere Krisen ausblenden, die schon heute für Hungersnöte auf der Welt sorgen. Auch wenn manche das gerne ausblenden, Klimakatastrophe und Artensterben sind real existierende Probleme, die wir lösen müssen. Alles, was wir heute aufschieben, rächt sich morgen doppelt und dreifach.
Nahrungssicherung und Ressourcenschutz bedingen einander. Wem Nahrungssicherung wirklich ein Anliegen ist, der schützt die Ressourcen, die die Landwirtschaft braucht, um gut und ausreichend produzieren zu können – nicht nur heute, sondern auch künftig! Sicherheit kann es vor dem Hintergrund der zahlreichen Krisen nur durch Veränderung zu geschlossenen Kreisläufen und nachhaltiger Produktion geben. Das eine Ziel gegen das andere auszuspielen, bedeutet, eine Krise mit der nächsten zu bekämpfen zu wollen – das ist weder klug noch effektiv."