Aktuelle Herausforderungen in der Schweinehaltung im Hinblick auf den Tierschutz

Nach den Ergebnissen der Landwirtschaftszählung 2020 gibt es in Deutschland 32.000 Betriebe, die Schweine halten. Das Gros davon sind Familienbetriebe. Rund 33 Prozent von ihnen haben weniger als 50 Tiere. Derzeit sehen sich die Schweinehalter mit mehreren Herausforderungen konfrontiert.

Im Tierschutzfokus stehen insbesondere zwei Themen: Die Kastenstandhaltung von Sauen und das Kupieren von Schwänzen.

Stichwort: Ferkelkastration

 Ferkel stehen im Stall Ferkel im Stall
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Lesen Sie hier in einem gesonderten Artikel, worum es geht:

Kastenstandhaltung von Sauen

Eine Sau wird in der Praxis üblicherweise während der Aufenthaltszeit im Abferkelstall (ca. 33 Tage) und direkt anschließend nach dem Absetzen in den Tagen vor der Besamung, während der Besamung sowie maximal vier Wochen nach der Besamung im Deckzentrum (ca. 33-35 Tage) in einem Kastenstand gehalten. Damit stehen Sauen im Durchschnitt mehr als 5,5 Monate im Jahr in einem Kastenstand. Der Bewegungsfreiraum der Sau ist ein einem Kastenstand deutlich eingeschränkt.

Mit der Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung im Februar 2021 wird die Kastenstandhaltung im Deckzentrum ab 2029 komplett verboten. Mit der Änderung der TierSchNutztV dürfen ab 2036 Sauen im Abferkelbereich dann nur noch maximal fünf Tage um den Zeitraum der Geburt in einem Kastenstand gehalten werden. Hier soll der Kastenstand helfen, die Ferkel vor dem versehentlichen Erdrücken durch das Abliegen der Sau zu schützen. Studien sowie Erfahrungen aus anderen Länder haben gezeigt, dass bis zu drei Tagen nach der Geburt das Erdrückungsrisiko neugeborener Ferkel am höchsten ist.

Da der Umbau der Ställe und insbesondere der Umbau der Abferkelbuchten sehr teuer ist, können die Regelungen zum Verbot bzw. zur Reduzierung der Kastenstandhaltung nicht sofort in Kraft treten, sondern werden erst nach einer angemessenen Übergangszeit in Kraft treten (Deckzentrum: 8 Jahre; Abferkelbereich: 15 Jahre).

Kupieren der Schwänze

In der konventionellen Schweinehaltung in Deutschland und in vielen anderen Staaten – abgesehen von Finnland, Norwegen Schweden und der Schweiz – werden überwiegend kupierte Schweine gehalten, um das Risiko des Schwanzbeißens zu reduzieren. Aus Sicht des Tierschutzes ist das Hauptproblem nicht der Eingriff (das Kupieren) selbst, der zwar mit Schmerzen und Schäden beim Tier einhergeht, sondern das Leid der Tiere, das aufgrund unzureichender Haltungsbedingungen und der damit verbundenen Überforderungen der Tiere, die auch zu Schwanzbeißen führen, entsteht. Die Gründe, warum es zum Schwanzbeißen kommt, sind unterschiedlich und vielschichtig. So kann unter anderem die Belegdichte, das Stallklima, die Fütterung oder das Beschäftigungsmaterial eine Rolle spielen. Das Auftreten von Schwanzbeißen kann also als ein wichtiger Tierschutzindikator betrachtet werden, da Schweine mit unkupierten Schwänzen nur unter sehr guten Haltungsbedingungen gehalten werden können.

Laut dem europäischen und deutschen Tierschutzrecht ist aber dieses routinemäßige Kupieren der Schwänze verboten und nur in Ausnahmefällen erlaubt. Die Europäische Kommission hat angekündigt, 2023 eine Änderung des Europäischen Tierschutzrechts vorzunehmen und dabei auch diese Problematik zu lösen.

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