Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) am 24. Mai 2022 in Brüssel
Ergebnisbericht
Leitung der deutschen Delegation: Bundesminister Özdemir
Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der Tagung des Rates (Landwirtschaft und Fischerei) am 24. Mai 2022 stand erneut die Lage auf den Agrarmärkten infolge des Krieges in der Ukraine.
Wegen der Bedeutung für die Ernährungssicherung vieler Weltregionen befasste sich der Rat auch damit, wie die Getreideexporte aus der Ukraine erleichtert werden können.
Zudem wurden Ratsschlussfolgerungen über die Bekämpfung der hoch pathogenen Aviären Influenza (HPAI) einschließlich einer möglichen europäischen Impfstrategie verabschiedet.
Darüber hinaus führten die Ministerinnen und Minister eine Aussprache über die 12. WTO-Ministerkonferenz im Juni in Genf.
Bundesminister Özdemir berichtete über das G7-Treffen der Agrarministerinnen und Agrarminister in Stuttgart und sprach das Thema Torfreduzierung im Gartenbau an.
Im Einzelnen
TOP: Impfungen gegen hoch pathogene Aviäre Influenza (HPAI)
Die französische Ratspräsidentschaft berichtete über eine strategische Debatte zur Impfung gegen die HPAI und präsentierte die erarbeiteten Schlussfolgerungen des Rates.
Bundesminister Özdemir begrüßte diese Ratsschlussfolgerungen, welche auch die Vor- und Nachteile einer Impfung beleuchten. Die Impfung könne die Bekämpfung der HPAI sinnvoll begleiten, wobei aber einige technische und wissenschaftliche Voraussetzungen erst noch geschaffen werden müssten. Dies könne nur durch gemeinsames Vorgehen der EU erreicht werden. Zudem müsse sichergestellt werden, dass der Einsatz von Impfungen nicht zu Handelsbeschränkungen führt. Daher müssten sowohl auf bilateraler Ebene als auch auf multilateraler Ebene die wichtigsten Handelspartner über die weiteren Entwicklungen informiert werden.
Auch die übrigen wortnehmenden Mitgliedstaaten unterstützten die Ratsschlussfolgerungen.
TOP: Marktsituation
Kommissar Wojciechowski berichtete über die aktuelle Entwicklung auf den Märkten. Diese seien durch hohe Betriebsmittelkosten für die Erzeuger sowie durch viele Unsicherheiten durch die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine geprägt.
Die Kommission sieht die Lebensmittelversorgung in der EU nicht gefährdet, aber starke Unsicherheiten für andere Weltregionen. Die Ernährungssicherheit stehe weltweit im Fokus; auch die Kommission verfolge die Entwicklung mit Sorge. Kommissar Wojciechowski betonte, dass er in ständigem Austausch mit seinem UKR Amtskollegen stehe. Mit dem US-Landwirtschaftsminister habe er sich in Warschau getroffen, um Hilfen abzustimmen. Die Ukraine habe Bedarfe übermittelt, insbesondere müsse das Getreide aus der Ukraine ausgeführt werden, damit die neue Ernte eingelagert werden könne. Die Schwarzmeerhäfen stünden derzeit für eine Verschiffung nicht zur Verfügung.
Die bisher von der Kommission ergriffenen Maßnahmen seien erfolgreich von vielen Mitgliedstaaten genutzt worden. So würde die Private Lagerhaltung für Schweinefleisch in 17 Mitgliedstaaten genutzt. Es sei erfreulicherweise eine Preiserholung (+47%) zu verzeichnen.
Auch die Option des Anbaus auf ökologischen Vorrangflächen werde von den meisten Mitgliedstaaten genutzt.
Der Kommissionsvorschlag in Bezug auf die Nutzung nicht abgeflossener ELER-Mittel für die Gewährung von Hilfen an Landwirte, die von den Auswirkungen der Ukraine-Krise betroffen sind, liege vor. Die Verordnungsänderung müsse noch vom EU-Gesetzgeber (Rat und EP) angenommen werden; Pauschalbeträge könnten dann nach einer entsprechenden Programmänderung durch die Mitgliedstaaten ausgezahlt werden.
Zudem prüfe die Kommission eine Änderung des EU-Schulprogramms, damit die aus der Ukraine geflüchteten Kinder von dem Programm profitieren können.
Kommissarin Vălean (Verkehr) ging im Einzelnen auf Maßnahmen ein, um die Ukraine beim Export dort lagernder Getreidebestände zu unterstützen. Am 12. Mai 2022 habe KOM einen Aktionsplan zur Schaffung von alternativen Verkehrswegen („Solidaritätskorridoren“) vorgelegt, der auf die Überwindung logistischer Probleme ziele.
Sie betonte, dass die Mitgliedstaaten aufgefordert seien, die Kontrollverfahren zu beschleunigen und die Verfahren flexibler zu gestalten, z. B. durch risikobasierte Stichproben. In der EU sollten Lagerbestände eruiert werden, möglichst an Orten, zu denen das ukrainische Getreide leicht geliefert werden könne. Ziel sei es, die UKR in das EU-Verkehrsnetz zu integrieren und eine Nahrungskrise in vielen Weltregionen zu vermeiden. Die EU müsse jetzt zeigen, dass sie auch unter großem Zeitdruck gute Lösungen finden könne.
Belgien führte zu der ungewöhnlichen Frühjahrstrockenheit und den Folgen für die Produktion von Nahrungs- und Futtermitteln aus. Die Kommission wurde aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, z.B. Ausnahmen von Greening-Verpflichtungen für 2022.
Die Agrarministerinnen und -minister tauschten sich auch über die Umsetzung der ergriffenen Maßnahmen zur Unterstützung der Landwirte in den Mitgliedstaaten aus.
Eine Reihe von Mitgliedstaaten forderte Ausnahmen von den Bracheregelungen und Verlängerung der Auszahlungsfristen im Rahmen der Maßnahme nach Artikel 219 GMO.
Bundesminister Özdemir führte aus, dass zügig Hindernisse und Flaschenhälse für Exporte von Agrargütern aus der Ukraine beseitigt werden sollten. Der Aktionsplan werde unterstützt. Die Ermöglichung von Exporten landwirtschaftlicher Erzeugnisse aus der Ukraine sei ein aktiver Beitrag der EU zur Vermeidung von Versorgungskrisen in anderen Weltregionen und sie stärke die Ukraine wirtschaftlich.
Bundesminister Özdemir sprach auch das Thema Fruchtwechsel auf Ackerland (sog. GLÖZ-Standard 7) an. Damit die Landwirtschaft angesichts der Marktsituation ausreichend Flexibilität für die Anbauplanung erhält, solle klargestellt werden, dass die neue Fruchtwechselverpflichtung erst im Jahr 2024 im Vergleich zum Jahr 2023 erfüllt sein müsse. Damit könnte die Getreideproduktion im Jahr 2023 deutlich erhöht werden.
Pragmatisch und flexibel sollten zudem alle Möglichkeiten geprüft werden, weiterhin eine tiergerechte Fütterung in der ökologischen Tierhaltung zu ermöglichen.
Bundesminister Özdemir befürwortete die Überlegungen, die Mittel für das EU-Schulprogramm mit Blick auf das kommende Schuljahr und die zusätzlichen ukrainischen Kinder in den Bildungseinrichtungen umzuverteilen. Er begrüßte die Aussetzung der Agrarzölle für die Ukraine für ein Jahr als wichtigen Beitrag der Solidarität. Die Märkte müssten offengehalten werden. Ein regelbasierter und funktionierender Welthandel sei die Basis für stabile Weltmarktpreise; Exportrestriktionen seien in der jetzigen Situation völlig kontraproduktiv und würden die Märkte nur zusätzlich verunsichern. Zudem betonte er, dass trotz der Krise unsere Ambitionen bezüglich Biodiversität und Klimaschutz nicht nachlassen dürften.
Die übrigen wortnehmenden Mitgliedstaaten berichteten teilweise sehr ausführlich über die angespannte Lage in ihren Ländern und dabei insbesondere über Schwierigkeiten wegen der gestiegenen Inputkosten und hoher Inflation. Die Mehrheit der Mitgliedstaaten unterstützte grundsätzlich die Maßnahmen der Kommission und sagte insbesondere zu, der Ukraine bei der Getreideausfuhr zu helfen.
Eine Reihe von Mitgliedstaaten betonte, dass angesichts des Kriegs in der Ukraine die Lebensmittelversorgung oberste Priorität haben müsse und daher der Zeitrahmen für die Umsetzung des European Green Deal angepasst werden sollte.
Kommissar Wojciechowski wies in seiner Replik darauf hin, dass die Sicherheit der Lebensmittelversorgung derzeit als Ziel der Gemeinsamen Agrarpolitik in den Vordergrund rücke.
Er betonte, dass die Kommission eine Vielzahl von Maßnahmen ergriffen habe. Die Produktion dürfe in dieser schwierigen Situation nicht gedrosselt werden, sondern müsse ausgeweitet werden. Die Farm-to-Fork-Strategie könne dazu führen, dass kurzfristig weniger produziert werde; es seien aber in dieser Strategie auch Ausnahmen vorgesehen. Der Antrag einiger Mitgliedstaaten zur Anforderung des Fruchtwechsels werde geprüft. Die Mitgliedstaaten sollten ihre GAP-Strategiepläne darauf hin überprüfen, ob sie der aktuellen Situation angemessen Rechnung tragen.
Der französische Ratsvorsitz fasste zusammen, dass die von der Kommission ergriffenen Maßnahmen mehrheitlich unterstützt würden. Dies gelte auch für die neu vorgeschlagene Maßnahme betr. Verausgabung der ELER-Mittel. Er regte hinsichtlich der Anforderung des Fruchtwechsels eine Folgenabschätzung an.
TOP: 12. WTO Ministerkonferenz
Kommissar Wojciechowski unterrichtete den Rat über den Stand der Vorbereitungen der Agrarverhandlungen im Hinblick auf die 12. WTO-Ministerkonferenz (Juni 2022). Dabei dämpfte er die Erwartungen hinsichtlich der erzielbaren Ergebnisse. Die Interessenlagen der WTO-Mitgliedstaaten seien unterschiedlich und die Differenzen hätten sich zum Teil wegen der Krisen verstärkt. Eine Reihe von Themen – Nahrungsmittelhilfe, Transparenz, öffentliche Lagerhaltung, schädliche Fischereisubventionen – seien strittig.
Die Kommission setze sich für ein Arbeitsprogramm im Bereich öffentliche Lagerhaltung und das World Food Program im Hinblick auf die 13. WTO Ministerkonferenz ein. Denn gerade im Bereich der öffentlichen Lagerhaltung sei es schwer, Fortschritte zu erreichen, da die Ernährungssicherheit derzeit im Fokus stehe.
Die Kommission sagte zu, die Mitgliedstaaten über den handelspolitischen Ausschuss und die Ständigen Vertretungen in Genf zeitnah über den Stand der Verhandlungen zu informieren.
Bundesminister Özdemir unterstützte die Kommission nachdrücklich darin, für ein funktionierendes Welthandelssystem einzutreten. Das sei gerade für die globale Ernährungssicherung von hoher Bedeutung. Er unterstützte die Kommission auch darin, kurzfristig eine Einigung z.B. bei den schädlichen Fischereisubventionen und Ausnahmen von Beschaffungsprogrammen des World Food Programs von Exportbeschränkungen anzustreben. Anschließend sollten dann weiterreichende Reformen diskutiert werden. Die EU müsse sich so flexibel wie möglich zeigen und einen Beitrag leisten, dass der multilaterale Rahmen der WTO gestärkt oder zumindest nicht weiter beschädigt werde. Denn Länder wie Indien würden durch Exportbeschränkungen für Weizen die Lage auf dem Weltmarkt zusätzlich verschärfen. Deswegen sei der Fokus auf das Thema Exportrestriktionen der richtige Weg. Auch im Rahmen der G7 sei vereinbart, bei der WTO dem ungerechtfertigten Einsatz von Ausfuhrbeschränkungen entgegenzuwirken. Der Bundesminister sprach sich nachdrücklich für Fortschritte in der Frage der schädlichen Fischereisubventionen aus.
Viele Mitgliedstaaten unterstützten ebenfalls den Ansatz, das World Food Program von Exportrestriktionen auszunehmen, um die Welternährung sicherzustellen. Einige Mitgliedstaaten betonten zusätzlich die Bedeutung der WTO gerade angesichts des Angriffs Russlands auf die Ukraine.
Einige Mitgliedstaaten betonten die Bedeutung offener Märkte und die Angleichung von Umweltstandards im Hinblick auf Reziprozität.
Eine Reihe von Mitgliedstaaten betonten die Absicherung der GAP insbesondere im Hinblick auf nationale Stützungen und die Notwendigkeit von Fischereisubventionen.
Der französische Ratsvorsitz fasste zusammen, dass die Mehrheit eine ambitionierte Erklärung zur Ernährungssicherheit und ein Arbeitsprogramm fordere, ohne dass die GAP infrage gestellt werde.
TOP: Sonstiges
Treffen der G7-Agrarministerinnen und Agrarminister (DEU)
Bundesminister Özdemir berichtete über das G7-Treffen am 13. und 14. Mai 2022 in Stuttgart. Die deutsche G7-Präsidentschaft habe Schwerpunkte bei der Förderung von nachhaltigen – insbesondere entwaldungsfreien – Agrarlieferketten und der Kohlenstoffspeicherung in der Landwirtschaft gesetzt. Zudem stand der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine mit seinen verheerenden Auswirkungen auf die globale Ernährungssituation im Fokus der Beratungen. Der ukrainische Agrarminister, Mykola Solskyj, habe dem G7-Kreis einen ausführlichen Bericht über die aktuelle Lage gegeben. Die G7 hätten – wie bereits im Rahmen des G7-Sondertreffens am 11. März 2022 – ihre Solidarität mit der Ukraine ausgedrückt und sich u.a. auf eine Offenhaltung und Überwachung der Agrarmärkte sowie Vermeidung von Exportrestriktionen geeinigt. Eine finanzielle Unterstützung für eine Ausweitung des G20 Agrarmarktinformationssystems (AMIS) auf Betriebsmittelmärkte sei vereinbart worden.
Es bestand Einigkeit, dass die Lösung der anderen Krisen – wie Klimakrise und Biodiversitätsverlust – nicht vernachlässigt werden dürfe. Dabei sei die Transformation zu nachhaltigen Ernährungssystemen Schwerpunkt der Diskussionen gewesen.
Das Abschlusskommuniqué der G7 Agrarministerinnen und -minister behandele daher Themen wie den Klimaschutz, Schutz der biologischen Vielfalt, Reduzierung von Antibiotikaresistenzen sowie von Lebensmittelverlusten und -verschwendung.
Torfreduzierung in Kultursubstraten für den Gartenbau (DEU)
Bundesminister Özdemir betonte, dass Moore zu den wichtigsten Kohlenstoffsenken gehören, weil sie bis zu 30 % des gesamten organischen Kohlenstoffs der Böden speichern. Er sprach sich für eine EU-weite Strategie bei der Torfminderung aus. Um den Abbau von Moorböden einzudämmen und um die CO2-Emissionen zu reduzieren, setze Deutschland im Rahmen freiwilliger Maßnahmen u. a. auf eine Minderung der Torfverwendung im professionellen Gartenbau wie auch im Hobbygartenbau.
Ein einheitliches Vorgehen auf EU-Ebene und gemeinsame Anstrengungen seien notwendig, um die Torfverwendung zu reduzieren und klimafreundliche Alternativen für Torf zu finden.
Unter den wortnehmenden Mitgliedstaaten zeichnete sich zwar eine grundsätzliche Offenheit für alternative Lösungen ab, allerdings wurde auch die Sorge vor einem vorschnellen Ausstieg aus der Torfnutzung geäußert.
Viele der wortnehmenden MS erkannten allgemein die Bedeutung von Feuchtgebieten als wichtige Ökosysteme und die Suche nach Alternativen für die Torfnutzung an. Einige Mitgliedstaaten, in denen der Torfabbau ein Wirtschaftsfaktor ist (baltische Staaten, Finnland), wiesen auf die gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise sowie den Mangel an gleichwertigen Ersatzstoffen hin.
Kommissar Wojciechowski betonte, dass ein Ausgleich zwischen der notwendigen Treibhausgasreduzierung und der gerade aktuell sehr wichtigen Ernährungssicherheit hergestellt werden müsse.
Mögliche EU-Positivliste für die Haltung von Heimtieren
Zypern stellte ein Positionspapier vor, das gemeinsam mit Luxemburg, Malta und Litauen entwickelt wurde. Durch den Handel mit exotischen Wildtieren und ihre Haltung als Haustiere gebe es Verstöße gegen den Tierschutz. Daher werde die Kommission aufgefordert, den potentiellen Nutzen einer EU-Positivliste für die Haltung von Wildtieren zu prüfen.
Bundesminister Özdemir unterstützte das Anliegen, weil der Handel mit Wildtieren zu Problemen im Bereich des Artenschutzes, des Tierschutzes und der menschlichen und tierischen Gesundheit führe. Daher werde die Bitte an die Kommission, sich der Problematik anzunehmen und geeignete Maßnahmen auf europäischer Ebene zu prüfen, begrüßt.
Die meisten Mitgliedstaaten unterstützten ebenfalls das Positionspapier. Einige Mitgliedstaaten verwiesen aber auf mögliche Probleme bei der Umsetzung einer Positivliste und auf die Subsidiarität, weil sie bereits auf nationaler Ebene erfolgreich Maßnahmen ergriffen hätten, beispielsweise eine Eignungsprüfung der Tierhalter.
Kommissarin Kyriakides betonte, sie sei sich der Risiken der Haltung von Wildtieren für die tierische und menschliche Gesundheit sehr bewusst. Fragen des Tierwohls hätten für die Kommission Priorität. Die EU habe 2014 die Verordnung zur Vermeidung nachteiliger Auswirkungen invasiver Arten auf die biologische Vielfalt in der EU beschlossen. Auch die EU-Biodiversitätsstrategie habe sich diesem Ziel verpflichtet. Die EU wolle zudem die Rote Liste bedrohter Tier- und Pflanzenarten halbieren und fühle sich dem Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (Washingtoner Artenschutzübereinkommen) verpflichtet.
Vor diesem Hintergrund werde KOM eine Positivliste genau prüfen, wobei die Handelsregeln berücksichtigt werden müssten und diese neue Liste wirksamer sein müsste als die bestehenden Regelungen. Ohne einheitliche EU-Regelung könnten die Mitgliedstaaten nationale Regelungen erlassen. KOM bat die MS, ihre bewährten Praktiken auszutauschen und sagte zu, sich mit dem Thema weiter zu befassen.
Bodenschutz – Bodengesundheit (SVK)
Die slowakische Delegation berichtete über eine am 27. April 2022 in Brüssel durchgeführte Veranstaltung über die Zukunft des Bodenschutzes in der EU und sein Potenzial, zur Erreichung der Ziele des Europäischen Grünen Deals beizutragen. Dabei sei auch über das künftige Bodengesundheitsgesetz (Soil Health Law) diskutiert worden.
Der französische Ratsvorsitzende (Minister Fesneau) dankte der slowakischen Delegation für die Initiative zur Befassung des Agrarrates mit der Bodengesundheit, die vor dem Hintergrund der am 17.11.2021 veröffentlichten EU-Bodenstrategie für 2030 eine besondere Bedeutung habe.
Anhand eines kurzen Videos stellte die slowakische Delegation die Inhalte der am 27.04.2022 organisierten Veranstaltung vor. Es habe eine offene Diskussion mit verschiedenen Interessenträgern mit Schwerpunkt auf dem für 2023 angekündigten KOM-Legislativvorschlag zur Bodengesundheit gegeben. Herausforderungen bestünden wegen Wüstenbildung, Erosion oder Versalzung. Zudem stellten sich Fragen zum Landerwerb. Dem Boden kämen zur Abfederung des Klimawandels in seiner Funktion als Kohlenstoff- und Wasserspeicher wichtige Ökofunktionen zu. Es bedürfe daher integrierter Bewirtschaftungspläne auf allen Verwaltungsebenen. SVK entwickele zudem derzeit einen nationalen Klimafonds zur Aufrechterhaltung und Erholung der Bodenfunktionen.
Kommissar Wojciechowski dankte im Namen von Kommissar Sinkevičius für die Veranstaltung und Unterstützung der Arbeiten der KOM zum Bodenschutz als wesentlichen Beitrag für den Green Deal, die VN-Nachhaltigkeitsziele und die Ernährungssicherheit. Nach der EU-Bodenstrategie seien alle Böden bis 2050 in einen gesunden Zustand zu versetzen. Dafür müsse die nachhaltige Bodenbewirtschaftung zur neuen Normalität werden.
Unter den Teilnehmern der Veranstaltung habe Einvernehmen bestanden, dass es erforderlich sei, ehrgeiziger und harmonisierter zu verfahren hinsichtlich der Anforderungen an organische Bodenbestandteile und den Schutz der Bodenartenvielfalt. Dies sei in alle relevanten Politikbereiche aufzunehmen. Entsprechend habe es auch breite Unterstützung für die Entwicklung eines EU-Rechtsrahmens gegeben, der für die Böden das gleiche Schutzniveau etabliere, wie es für Luft und Wasser bereits bestehe.
Der Kommissar versicherte, dass der Entwurf in enger Abstimmung mit MS, Sachverständigen und Interessenträgern ausgearbeitet werde und von einer Folgenabschätzung begleitet werde. Beiträge der MS und im Rahmen der öffentlichen Konsultation seien willkommen, um gemeinsam an gesunden Böden und Ökosystemen zu arbeiten, damit die Landflächen auch zukünftigen Generationen noch zur Nutzung zur Verfügung stünden.
Bundesminister Özdemir dankte für die Informationen. Der Schutz der Böden sei ein wichtiges Anliegen der Bundesregierung und eng mit dem Klimawandel, dem Verlust der Biodiversität und der weltweiten Ernährungssicherung verknüpft. Er begrüßte die Vorlage des für 2023 angekündigten Rechtsaktes als Umsetzung des Green Deal. Dazu gehöre auch eine Reduzierung der Flächenversiegelung sowie der Erhalt land- und fortwirtschaftlicher Böden als natürliche CO2-Speicher. Er kündigte an, sich konstruktiv bei den Arbeiten im Bereich Bodenschutz einzubringen. Er unterstützte die Aktivitäten zum Bodenschutz auf EU-Ebene mit dem Ziel eines verbesserten verbindlichen Regelungsrahmens.
Auch die übrigen wortnehmenden Mitgliedstaaten unterstrichen die Bedeutung des Bodenschutzes. Gesunde Böden stellten die Lebensgrundlage der Landwirtschaft dar und seien wesentlich für die weltweite Ernährung. Auch auf die immer deutlicher werdenden Probleme durch Dürren und Waldbrände gerade im Mittelmeerraum wurde hingewiesen.
Einige Mitgliedstaaten betonten jedoch, dass sie Maßnahmen zur verbesserten Resilienz der Böden im Rahmen ihrer nationalen Strategiepläne fördern würden. Zusätzliche Regelungen auf EU-Ebene seien jedoch nicht erforderlich, Doppelregulierungen durch den angekündigten EU-Rechtsrahmen müssten vermieden werden.
Der französische Ratsvorsitz beglückwünschte KOM zur Vorlage der EU-Bodenstrategie. Mit der Ankündigung der Rechtssetzungsvorschläge für 2023 und dem Anliegen, vermehrt Kohlenstoff in Böden zu speichern, setze KOM ein starkes Signal zur Umsetzung des Pariser Übereinkommens.
Pflanzengesundheitskontrollen bei Einfuhren in die EU: Die Notwendigkeit für effektive Schutzsysteme (Spanien)
Spanien forderte den effektiven und strengen Schutz vor einer Einschleppung des Pflanzenschädlings Falscher Apfelwickler (Thaumatotibia leucotreta). Denn die Larven würden sich in verschiedenen Früchten, insbesondere Orangen, entwickeln. Bei Einschleppung könnten besonders schwere ökologische und wirtschaftliche Schäden entstehen. Die Importkontrollen der vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die angewandten Maßnahmen der Exportländer nicht wirksam oder nicht korrekt angewandt wurden.
Für Orangen werden verschiedene Maßnahmen vorgeschrieben. Kritisch dabei ist ein sog „pre cooling“, bei dem das Fruchtfleisch der Orangen auf eine Temperatur von -1°C bis +2°C herabgekühlt werden muss. Die betroffenen afrikanischen Staaten können nach eigenen Aussagen diese Anforderung nicht umsetzen; dies würde den Export von Orangen in die EU deutlich einschränken. Zudem stellt die Implementierung in der laufenden Exportsaison die Exportländer vor große Kapazitätsprobleme.
Kommissarin Kyriakides betonte, es müsse ein angemessener Schutz unter Berücksichtigung der Umsetzbarkeit in den Exportländern erreicht werden. Bereits am 25.5.2022 werde dieses Dossier im zuständigen Ausschuss beraten.
Kostensteigerungen für ELER-Projekte (Rumänien)
Rumänien thematisierte die aktuell schwierige Situation der Begünstigten von ELER-geförderten Projekten. Die Covid19-Pandemie und die Folgen des Kriegs in UKR hätten zu erheblich Kostensteigerungen für Baumaterialien (über 60 %) und Treibstoffe (über 40 %) geführt, so dass der Abschluss vieler Projekte gefährdet sei.
Rumänien nannte einen möglichen finanziellen Effekt von 2,6 Mrd. Euro für die ländliche Wirtschaft in Rumänien; für den Abschluss dieser Projekte seien danach 400 Mio. Euro erforderlich.
Alle wortnehmenden Mitgliedstaaten äußerten Verständnis für das rumänische Anliegen angesichts der stark gestiegenen Kosten für Baumaterialien und forderten die Kommission auf, hier eine sachgerechte Lösung zu finden. Die ELER-Regelungen sollten flexibel ausgelegt werden.
Kommissar Wojciechowski betonte, dass die schwierige Situation bekannt sei und eine sachgerechte Lösung eruiert werde.