Entwicklungen am deutschen Milchmarkt – ein Überblick
Die Milcherzeugung ist der wichtigste Produktionszweig der deutschen Landwirtschaft und die deutsche Molkereiwirtschaft die größte Branche innerhalb der deutschen Ernährungsindustrie.
Im Jahr 2020 erzeugten rund 57.000 Betriebe mit 3,9 Millionen Tieren 33,1 Millionen Tonnen Milch, davon wurden 31,8 Millionen Tonnen Milch an Molkereien geliefert. Der Milchertrag pro Kuh liegt durchschnittlich bei rund 8.457 Kilogramm pro Jahr. Damit trugen die Milcherzeugung in 2020 mit rund 10,8 Milliarden Euro zum Produktionswert der deutschen Landwirtschaft bei. Ihr Anteil betrug bei den tierischen Erzeugnissen 41,2 Prozent und für die Landwirtschaft 18,9 Prozent.
Diese Zahlen unterstreichen die wirtschaftliche, politische und öffentliche Bedeutung dieses landwirtschaftlichen Sektors.
Strukturwandel auf Erzeugerebene setzt sich fort
Der Strukturwandel der vergangenen Jahre betrifft insbesondere die Erzeugerebene. Die Zahl der Milchbetriebe ist kontinuierlich, vornehmlich im Generationswechsel, zurückgegangen. Diese Entwicklung wird sich auch weiter fortsetzen. Gleichzeitig ist die Zahl der Milchkühe je Halter kontinuierlich gestiegen, was bedeutet, dass die Produktionskapazitäten der aufgebenden Betrieben von den Wachstumsbetrieben übernommen werden. Ein Konzentrationsprozess ist auch bei den Molkereien zu verzeichnen.
In der Vergangenheit war der Sektor politisch stark administriert. Vor allem die Reformen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) seit 2003 und der Ausstieg aus der 1984 eingeführten "Milchquote" im Jahr 2015, haben die Rahmenbedingungen des EU-Milchmarktes neu bestimmt. Durch die schrittweise Liberalisierung wirken sich Veränderungen auf den Weltmärkten für Milch und Milcherzeugnisse seither direkter und stärker auf die heimischen Märkte aus. Dies führte zu verschiedenen Milchmarktpreiskrisen in den Jahren 2009, 2012 und 2015/16.
Deutschland unterstützte die Branche in diesen herausfordernden Zeiten, indem es Interventions- und Krisenmaßnahmen der EU national umsetzte, durch nationale Maßnahmen ergänzte und den Betrieben finanziell und marktentlastend zu Seite stand.
Preise unterliegen relativ großen Schwankungen
Die Entwicklungen auf dem EU- und dem Weltmarkt schlagen sich in den Milchauszahlungspreisen der deutschen Molkereien nieder. Während sich der Tiefstwert für Milch im Rahmen der Milchkrise 2015/ 16 auf 22,8 Cent/kg im bundesweiten Durchschnitt[1] belief, erreichte der höchste durchschnittliche Erzeugerpreis Ende 2017 38,98 Cent/ kg. Der Auszahlungspreis in Deutschland für das Jahr 2020 lag im Jahresdurchschnitt bei 32,84 Cent/kg.
Globale Milcherzeugung steigt stetig
Seit Auslaufen der Milchquote ist die Kuhmilcherzeugung in der EU-27 auf rund 152,3 Millionen Tonnen in 2020 gestiegen. Der meistproduzierende Mitgliedstaat war 2020 Deutschland mit jährlich rund 33,1 Millionen Tonnen Milch, gefolgt von Frankreich (25,0 Millionen Tonnen). Wie schon in den vergangenen Jahren erzeugt die EU mehr Milch, als sie selbst verbraucht. Im Vereinigten Königreich sind in 2020 rund 15,7 Millionen Tonnen Kuhmilch erzeugt worden.
Auch die globale Milcherzeugung steigt seit 2009 stetig. Der Weltmilchmarkt ist nach wie vor ein wachsender Markt, sowohl angebots- als auch nachfrageseitig. Im Jahr 2020 wurden weltweit rund 724 Millionen Tonnen Kuhmilch produziert. Die weltweit erzeugte Kuhmilchmenge wird in erster Linie zur Versorgung der jeweiligen inländischen Märkte mit Milch und Milcherzeugnissen verwendet. Absolut betrachtet wird in Asien das deutlichste Wachstum gesehen, gefolgt von Europa sowie Nord- und Südamerika.
Rund die Hälfte der in den Molkereien in Deutschland verarbeiteten Milch geht in den Export, sodass die überwiegenden Ausfuhren in andere Mitgliedstaaten der EU, aber auch in Drittstaaten eine enorme Bedeutung für die gesamte Milchwirtschaft haben. Der Anteil von Milch- und Milcherzeugnissen an den deutschen Agrarausfuhren betrug 2020 14,1 Prozent, wertmäßig waren dies 9,9 Milliarden Euro. Der größte Exportüberschuss wird durch den Handel mit den USA erzielt. Deutschland führt Milcherzeugnisse insbesondere in kaufkräftige Drittländer mit wachsender Mittelschicht (z. B. China, Japan, Nordamerika, Schweiz, Algerien) aus.
Auch der Milchsektor bleibt von den Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht verschont. Um den negativen Auswirkungen bei zeitweilig notwendigen Produktionsanpassungen und erschwertem Exportgeschäft bei gleichzeitig hoher Milchanlieferung zu begegnen, hat die EU-Kommission befristete Marktmaßnahmen im Sommer 2020 erfolgreich durchgeführt (Beihilfe zur privaten Lagerhaltung von Magermilchpulver, Butter und Käse),
[1] Durchschnittlicher Erzeugerpreis für konventionelle Standardmilch mit 4 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß ab Hof.
Weiterführende Informationen
Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie unter anderem hier:
- BLE: Das Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL) veröffentlicht ausführliche Daten über die Milcherzeugung und -anlieferung (BZL-Datenzentrum) an milchwirtschaftliche Unternehmen sowie die Herstellung von Milcherzeugnissen und deren Verbrauch in Deutschland.
- EU-Kommission: Internetauftritt der EU-Kommission (Generaldirektion Landwirtschaft und ländliche Entwicklung) zum Marktsektor Milch und Milcherzeugnisse (Informationen zum Milchmarkt in der EU, europäischen Regularien, Politikinstrumenten und Programmen)
EU-Milchmarktobservatorium (Milk Market Observatory – MMO) (Markttransparenzinstrument der EU-Kommission für den europäischen Milchsektor, Marktdaten und Kurzzeitanalysen)
- Thünen Working Paper 118 "Stabile und hohe Milchpreise?! – Optionen für eine Beeinflussung der Milchpreise", 2019 (PDF, 2MB, Datei ist nicht barrierefrei)
- Thünen Working Paper 88 "Evaluierung über die in Deutschland erfolgte Umsetzung der Milchmengenverringerungsmaßnahme sowie der Milchsonderbeihilfe", 2018 (PDF, 9MB, Datei ist nicht barrierefrei)